Bochum/Herne. . Wollte der Angeklagte in Herne-Röhlinghausen einen Polizisten gezielt erschießen? Sein Anwalt äußerte im Prozess gegen den 47-Jährigen Zweifel.
Im Prozess um den mutmaßlich versuchten Polizistenmord von Röhlinghausen ist einer der Verteidiger am Montag in die Offensive gegangen. Anwalt Dieter Kaufmann säte vor dem Bochumer Schwurgericht „körperliche“ Zweifel an der Möglichkeit einer gezielten Schussabgabe.
Wie berichtet, hatte die Polizei das mutmaßliche Tatgeschehen vom 15. Juni 2014 später auf dem Präsidium nachgestellt. Der Beamte, der dabei in die Rolle des nach einer Fahrradflucht zu Boden gerungenen, bewaffneten Angeklagten geschlüpft war, hatte sich festgelegt: „Ich hätte in alle Richtungen schießen können. Das Handgelenk war frei.“
Diese in den Raum gestellte, uneingeschränkte Bewegungsfreiheit hält Verteidiger Dieter Kaufmann aber für undenkbar – und zwar allein aus medizinischen Gründen. Denn: Der Angeklagte habe zur fraglichen Zeit an einer schweren Schulterverletzung mit einem teilweisen Muskelabriss gelitten. Schon von daher sei die Beweglichkeit von Arm und Handgelenk extrem eingeschränkt gewesen. Das könne auch der behandelnde Orthopäde des 47-Jährigen bezeugen.
Russischer Jagd- und Angelschein
Darüber hinaus überreichte die Verteidigung dem Gericht einen russischen Jagd- und Angelschein aus dem Jahr 1991. Danach sei der Angeklagte, der vor Jahren aus Sibirien nach Deutschland gekommen war, „zumindest nach russischem Recht dazu berechtigt gewesen, grundsätzlich eine Waffe zu führen“.
Rückblick: Der Angeklagte war in der fraglichen Nacht von der Polizei verfolgt, zu Boden gebracht und auf dem Bauch fixiert worden. Dann war ein Schuss gefallen, das Projektil hatte das Bein eines Beamten durchschlagen. Der Prozess wird fortgesetzt.