Heiligenhaus. Ende März ist für immer Schluss mit einem Vollsortimenter an der Velberter Straße in Heiligenhaus. Ein persönlicher Abschied.
Es ist Samstagmittag. Der Parkplatz vor Mein Real ist überschaubar gefüllt, ein Parkplatz in den ersten beiden Reihen mühelos zu bekommen. Die vielen Einkaufswagen scheinen nur darauf zu warten, endlich benutzt zu werden: Wer derzeit zum ersten Mal an der Velberter Straße im Vollsortimenter einkaufen geht, der kann sich auch nicht nur annähernd vorstellen, was hier früher für ein Betrieb herrschte. In einem Monat gehen an der Velberter Straße die Lichter für immer aus. Was der Markt für viele Heiligenhauser bedeutet – ein ganz persönlicher Abschied.
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Einkaufen mit Mama und Papa beim großen Wocheneinkauf, das war immer spannend. Da ging es donnerstags oder samstags zu dem aus Kindersicht riesigen Laden, der damals noch den Namen Divi trug. Es sind die späten 80er und die frühen 90er Jahre: Der Parkplatz immer rappelvoll, es wird gehupt, es kommt zu Auseinandersetzungen, wer den einzigen Parkplatz, der gerade frei wird, als Erstes entdeckt hat. So voll ist es hier, seit Divi Mitte der 1970er Jahre eröffnet hat.
Im Heiligenhauser Markt gab es nichts, was es nicht gab
Wer erfolgreich einen Parkplatz und einen Einkaufswagen ergattern kann, der macht sich auf zum Eingang. Der war noch ganz anders gestaltet: Rechts gings rein, links hinaus, wie durch eine Schleuse hindurch in den Laden hinein, der wiederum nur durch ein Drehkreuz zugänglich war.
Ob Unterhose, Socken, die neueste Levis-Jeans oder auch ein Blaumann, im Kleidungsbereich direkt am Anfang gab es wohl nichts, was es nicht gab. Und nicht nur Kleidung: Auch ein eigener Schmuckstand mit Gold und Silber lud dazu ein, neben dem Wocheneinkauf noch in Edelmetall zu investieren. Wer fürs Wochenende noch Unterhaltung benötigte, wurde in der großen Bücher-, Zeitschriften-, Musik- und Videoabteilung fündig.
Kuschelweich-Teddy prägt nachhaltig
Einkaufen war zu der Zeit noch ein Erlebnis und das nutzten auch einige Firmen, die an ihren Infoständen begehrte Proben reichten. Das waren Neuheiten oder ganz beliebte Dinge, und ein Kuschelweich-Teddy ist noch immer in meiner Stofftiersammlung von einer Tombola, bei der ich spontan Lose ziehen durfte. „Hat sie nicht auch einen verdient?“, erinnere ich mich noch, wie die Dame die umstehenden Menschen gefragt hat, bevor so ein süßer Teddy, den man aus der Fernsehwerbung kannte, in meinem Arm lag – bevor ich die eigene Losnummer zog. Aber einen zweiten Teddy durfte ich nicht mitnehmen, da war ich traurig. Dennoch benutze ich bis heute dieses Waschmittel; wenn das keine nachhaltige Werbeaktion war.
Fährräder, Bälle, Spielzeug, Haushaltszubehör, man fand alles, was man sich vorstellen kann, ob Fußmatten, Felgen, Putzzeug oder Aufkleber, und auch die Auswahl an Elektrogeräten war groß. Bis man überhaupt im Bereich der Lebensmittel angekommen war, ging es quasi durch eine Shoppingmall. Nicht zu vergessen auch die Halle, die auf dem Parkplatz zusätzlich aufgebaut war. Lange Tiefkühltheken reihten sich vor den Wurst- und Käsetheken aneinander, „darf‘s eine Scheibe Mortadella fürs Kind sein?“ Etwas seltsam fand ich immer den Extra-Kühlraum, in dem es Käse- und sonstige Molkereiprodukte gab; als ob man diesen Bereich im Notfall vom gesamten Restbereich abkoppeln konnte. Mein Highlight aber: Das Mahlen des Bohnenkaffees. Der Geruch elektrisiert mich noch heute.
Viele kleine Erlebnisse rund um den großen Einkauf
Einmal hin, alles drin versprach dann ab der 90er Jahre und mit dem Ende von Divi der neue Betreiber Real und führte nicht nur die Payback-Karte ein, sondern veränderte auch das Aussehen des Ladens. Plötzlich wurde es heller, geräumiger, nicht nur im Eingangsbereich, der deutlich imposanter mit der Glasfassade wirkte. Die Schlangen an den oft zwölf offenen Kassen ließen nicht nach.
Es sind viele kleine Erlebnisse, die sicher jeder Heiligenhauser mit sich mitträgt. Einmal habe ich erlebt, wie fast ein Mann gestorben ist; noch heute höre ich die Tochter laut „PAPA; HILFE!“ schreien, bevor ihn tatsächlich ein zufällig anwesender Arzt retten konnte. Ich werde nie vergessen, wie spannend die Fahrten als Kind mit meinen Eltern durch die Autowaschstraße im hinteren Bereich waren, wie ich hier zum ersten Mal alleine an der SB-Tankstelle getankt habe, wie man sich auf dem Parkplatz traf, um noch etwas zu kaufen, bevor man feiern ging oder etwas besorgte, was man vergessen hatte, zum Beispiel für einen Geburtstag. Okay, wie viel Geld wir alle hier gelassen haben, diese Summe wollen wir alle lieber nicht sehen, oder?
Wenn zum 31. März Mein Real zum letzten Mal öffnet, werden an dem Tag sicher viele Menschen zurückdenken an das, was sie hier einmal erlebt haben; ob als Kunde oder als Mitarbeiter. Mach’s gut, Real!