Heiligenhaus. Die Diskussion um Deutschlandtickets für Heiligenhauser Schüler ging auf der Ratssitzung teilweise unter die Gürtellinie. Was nun kommt.
Das Deutschlandticket sorgt für Wirbel – und so auch auf der letzten Sitzung des Rats vor der Sommerpause am Mittwochabend. Zum ersten Mal seit der Coronapandemie fand diese wieder im ehrwürdigen Ratssaal im Rathaus statt – und so heiß es in der Innenstadt am Spätnachmittag war, so überraschend hitzig wurde es auch bei der Sitzung. Grund: Der Eilantrag der Grünen, Heiligenhauser Schülerinnen und Schülern künftig statt des Schoko- das Deutschlandticket zu ermöglichen. Doch das wollten die anderen Ratsfraktionen nicht.
Emotional war es für einige, wieder auf den alten, braunen Stühlen im Ratssaal Platz zu nehmen – war man doch zu Beginn der Pandemie für Sitzungen nur noch in der städtischen Aula zusammengekommen. Doch herzlichen Applaus erhielt Bürgermeister Michael Beck – wie auch einen großen Blumenstrauß der SPD übergeben vom stellvertretenden Bürgermeister Edmund Mathey. „Wir freuen uns, Sie wieder hier begrüßen zu dürfen“, so Mathey zu Beck, der aufgrund einer schweren Krankheit einige Monate ausgefallen war.
Heiligenhauser Politiker diskutieren über das Deutschlandticket
Was sich zunächst nach einer mittlerweile normalen Ratssitzung anfühlte – große Diskussionen wie im Haupt- und Finanzausschuss oder den vorangegangenen Ausschusssitzungen dürfe man nicht mehr erwarten, ließen da schon Ratsmitglieder zu Beginn durchblicken – und das Gros der Tagesordnungspunkte „nach Vorlage“ fast durchgehend einstimmig beschlossen wurde (siehe Infobox), ging es bei der Debatte des Grünen-Antrags dann auch schon mal unter die Gürtellinie.
Um was geht es den Grünen mit ihrem Antrag? Für Schülerinnen und Schüler gibt es das sogenannte Schokoticket. Antragsberechtigt dafür sind in Heiligenhaus gut 750 Kinder und Jugendliche. Übernommen werden die Kosten von der Stadt als Schulträger, das Ticket gilt im gesamten VRR-Bereich. Doch nicht alle Schüler sind antragsberechtigt zur vollständigen Kostenübernahme: Der Schulweg darf nicht kürzer als 3,5 Kilometer sein, bei Grundschülern sind dies nur zwei Kilometer, in der Sekundarstufe zwei sind es fünf. Somit gibt es bislang kein Ticket für Kinder, deren Schulweg unter diese Grenze fällt.
Mehrkosten bei Wechsel vom Schokoticket
Die Idee der Grünen: Das Schokoticket sollte zum Schuljahresbeginn 2023/2024 wegfallen und durch das Deutschlandticket ergänzt werden. Möglich mache dies ein Erlass des NRW-Heimatministeriums: Damit Schülerinnen und Schüler das Deutschlandticket über den Schulträger erhalten können, sei jedoch ein Beschluss bis zum 20. Juni nötig, klärt Grünen-Ratsfrau Kathrin Schuster mit: „Der Vorteil: Auch Kinder und Jugendliche, die das Schokoticket für 39,40 Euro bislang nicht erstattet bekommen, können dann für 29 Euro ein Deutschlandticket erwerben“, warb sie für Zustimmung zum Grünen-Antrag.
70.000 Euro würde das die städtische Haushaltskasse jährlich mehrbelasten, „da der Schulträger damit an diesem Modell teilnimmt und die Differenz zum regulären Deutschlandticket von 49 Euro pro Monat zahlen muss. Bisher zahlt die Stadt bereits 41,42 Euro“, heißt es im Antrag der Grünen. Grünen-Fraktionsvorsitzende Vanessa Henkels betont: „Schon wenn man nach Köln fährt, ist man aus dem VRR-Gebiet raus und muss zehn Euro zahlen.“
Inhaltliche Diskussion geht leider kurz unter die Gürtellinie
Den Argumenten nicht viel abgewinnen kann jedoch CDU-Fraktionschef Ralf Herre: Die Gesetzesvorgaben seien zu kompliziert, er verstehe nicht, wo der Gewinn liege, wenn die Stadt nun mehr als weniger zahlen müsse: „Die Tickets für unsere Auszubildenden, da spreche ich nun als Geschäftsmann, haben uns bislang 61 Euro gekostet, da sind die 49 Euro natürlich günstiger. Es kann aber doch nicht sein, dass wir jetzt draufzahlen sollen, da sollte man nochmal mit dem Ministerium sprechen.“ Für das gleiche Geld, so Herre, solle es das Deutschlandticket geben. Dem stimmt auch WAHL-Fraktionsvorsitzender Stefan Okon zu, die finanzielle Erhöhung mache für ihn keinen Sinn – und auch SKB/Die Linke-Vorsitzender Dominik Döbbeler betont, dass „Kinder eine Mobilitätsgarantie erhalten sollen, aber welches Kind reist denn deutschlandweit? Bei der Haushaltslage sind 70.000 Euro einfach zu viel Geld.“
Auch wenn Henkels erneut betonte, sich jetzt „nicht im klein klein zu verirren, sondern den Mobilitätssprung zu wagen“, lehnten alle Fraktionen ab – ob das auch mit dem vorherigen Wortbeitrag Pischkes zu tun hatte, der den ablehnenden Haltungen von CDU, UHB und SKB/Die Linke nicht viel abgewinnen konnte und dies auch wortgewaltig äußerte, sei dahin gestellt – einige zunächst zustimmende Stimmen aus Reihen der CDU wurden vor der Abstimmung zumindest dann doch wieder von Grün auf Rot gestellt. Rot sehen dann auch im nächsten Schuljahr leider auch die Schülerinnen und Schüler in Heiligenhaus: „Durch die Ablehnung unseres Antrages werden ab dem kommenden Schuljahr keine der rund 3000 Heiligenhauser Schüler*innen an Heiligenhauser Schulen ein 29 Euro-Ticket erwerben können“, so die Grünen.
>>> Die Ratsbeschlüsse in der Übersicht
- Mit dem Isek Oberilp/Nonnenbruch werden erste Weichen auch zum Thema Heljensbad-Neubau gestellt: 32 Millionen Euro netto werden als maximal mögliche Fördersumme benannt und demnach beantragt. Nicht mit einkalkuliert sind da die Sauna und eine neue Rutsche (Infos folgen).
- Beschlossene Sache ist nun der Wegfall der Stadtbücherei-Gebühren, der Tierfriedhof sowie einige personelle Entscheidungen.