Heiligenhaus. In dritter Generation führt Klaus Wohlgefahrt das vor 62 Jahren von Willi Theres gegründete Taxiunternehmen in Heiligenhaus. Wie es weitergeht.

Was waren das noch für Zeiten, als die alte Mercedes E-Klasse noch 1,4 Millionen Kilometer auf dem Buckel hatte, 95 PS-starker Dieselmotor. Tag und Nacht ging es quer durch Heiligenhaus oder von Heljens in die Nachbarstädte – nun ist Schluss für das Traditions-Taxiunternehmen Taxi 6666 (vormals Theres). Am 31. März werden Silke und Klaus Wohlgefahrt die Konzessionen an den Kreis zurückgeben und den Betrieb für immer einstellen.

Der Chef weiß natürlich, wie es geht: Von der Pike auf hat Klaus Wohlgefahrt das Taxifahren gelernt. Dabei sei es nicht nur wichtig, zu wissen, wie man ans Ziel kommt, sondern auch, wie man Rollatoren und Rollstuhle transportiert. Hier ein Bild aus 2019.
Der Chef weiß natürlich, wie es geht: Von der Pike auf hat Klaus Wohlgefahrt das Taxifahren gelernt. Dabei sei es nicht nur wichtig, zu wissen, wie man ans Ziel kommt, sondern auch, wie man Rollatoren und Rollstuhle transportiert. Hier ein Bild aus 2019. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Taxifahren ist keine billige Angelegenheit – aber nicht nur für den Kunden, sondern auch für den Unternehmer. Um die Anschaffungs- und laufenden Kosten zu decken, dazu noch den Mindestlohn für die Fahrer, die gestiegenen Diesel-, Energie- und Versicherungskosten und dann im besten Falle noch einen Gewinn zu erzielen, müssen zahlende Gäste vorhanden sein. Viele, wenn man wie Klaus Wohlgefahrt nicht Alleinunternehmer ist oder eine kleine Flotte hat. „Alle haben immer gesagt, ist doch toll, du hast eine große Flotte und ein Monopol, aber so toll ist das nicht“, berichtet der Unternehmer. Zumindest sei es nicht mehr so, „die Verkehrsnutzung hat sich komplett gewandelt“, weiß auch Silke Wohlgefahrt.

Heiligenhauser Unternehmer bedauert den Schritt

18 Jahre lang führten die Wohlgefahrts das Unternehmen, damals noch Taxi Theres in Anlehnung an den ersten Unternehmer, Willi Theres, „ich habe es von Heinz Wasser übernommen“, erinnert sich Klaus Wohlgefahrt zurück und zeigt auf ein altes Firmenbild, auf dem noch ein alter VW Bus zu sehen ist. Und auch er hatte vor, das Unternehmen nun weiterzuverkaufen, „aber ich habe einfach keinen Käufer gefunden. Entweder waren die nötigen Kenntnisse nicht vorhanden oder das Unternehmen ist einfach viel zu groß“, bedauert der 51-jährige Heiligenhauser. „Mir tun meine Mitarbeiter, aber auch Fahrgäste vor allem sehr leid, da ich ihnen nicht sagen kann, wie es nach unserem Ende weitergehen wird.“

Vor allem von älteren Gästen werden Taxis in Heiligenhaus (hier ein Bild aus dem Jahr 2017) genutzt.
Vor allem von älteren Gästen werden Taxis in Heiligenhaus (hier ein Bild aus dem Jahr 2017) genutzt. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Die Wohlgefahrts haben sich die Entscheidung, das Unternehmen zu schließen, alles andere als leicht gemacht, „da gibt es kein lachendes Auge, da weinen beide Augen“, sagt Silke Wohlgefahrt. Viel Liebe haben sie in ihre Arbeit gesteckt, „wir waren immer modern und innovativ, wir führen das Unternehmen anders, noch mit langjährigen Vollzeitkräften, Teilzeitkräften und Aushilfen, es gibt 26 Mitarbeitende, da hat man große Verantwortung.“ Alle seien von ganzem Herzen Dienstleister, „es war kein einfacher Schritt.“

Gestiegener Mindestlohn, teurer Sprit

Doch so habe es einfach nicht weitergehen können, „es läuft katastrophal. Das ganze Gewerbe ist im Eimer, der Gewinn deckt die Kosten einfach nicht.“ Man werde zwar von der Kundschaft gebraucht und wertgeschätzt, „wir haben über Soziale Netzwerke viele nette Worte gehört und auch Geschenke von Kunden bekommen“, zeigt Klaus Wohlgefahrt auf eine Pralinenschachtel – „Danke...“, hat hier eine Kundin vorne drauf geschrieben. Aber davon alleine kann man schlecht leben, „wir haben immer mehr Pflichten, aber bei uns gibt es keinen Rettungsschirm, keine Hilfen, nichts“, bedauert es Wohlgefahrt. „Wir haben wie die Löwen gekämpft, um durch Corona durchzukommen – aber jetzt geht es einfach nicht mehr.“

Das waren noch Zeiten: 2007 hatte Klaus Wohlgefahrt einen Hummer H2 als Taxi eingesetzt – jedoch nur zu Werbezwecken für ein paar Wochen.
Das waren noch Zeiten: 2007 hatte Klaus Wohlgefahrt einen Hummer H2 als Taxi eingesetzt – jedoch nur zu Werbezwecken für ein paar Wochen. © FFS | Franz Meinert

Der erneut gestiegene Mindestlohn und die gestiegenen Treibstoffkosten, beides Faktoren, die noch einmal richtig eingeschlagen hätten. Und die Flotte mal eben zu verkleinern, „das geht bei unserer Unternehmensstruktur einfach nicht, wir haben langjährige Mitarbeiter, die wir nicht kündigen können“, berichtet Silke Wohlgefahrt. Einige Konzessionen habe man bereits 2015 an den Kreis zurückgegeben, „es wird einfach immer weniger, und das vor allem nachts“, weiß Klaus Wohlgefahrt. Mehrfach habe man an die Stadt, den Kreis und auch die politischen Parteien signalisiert, dass es so nicht weitergehen könne, „gerade als es mit dem Bürgerbus losging. Es ist ja schön, wenn hier Ehrenamtler fahren – wir müssen unsere Fahrer bezahlen.“ So sei das Unternehmen nun gezwungen, zum 31. März aufzugeben. Wohlgefahrt wird sich dann auf sein weiteres Unternehmen, Fahrzeugeinrichtungen, konzentrieren.

Suche nach einem Nachfolger

Wie es mit der Taxi-Situation im April aussieht, ist derzeit nicht eindeutig.
Wie es mit der Taxi-Situation im April aussieht, ist derzeit nicht eindeutig. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Beim zuständigen Kreis und Straßenverkehrsamt, welches die Konzessionen ausstellt, wisse man bereits bescheid über die Situation, berichtet Stadtsprecher Peter Parnow; so sei man dort bereits in Gesprächen mit möglichen Nachfolgern. „Man konnte sich schon immer auf eine Liste setzen lassen, dass man Interesse an einer Konzession hat, nun wird geprüft, bei wem das immer noch der Fall ist“, erklärt Parnow. Beim Kreis sei man zuversichtlich, dass es nahtlos einen neuen Betreiber geben wird; in welcher Größenform bleibt abzuwarten. Als Alleinunternehmen ist bis dahin Taxi Biggi (Osmic) weiter in Heiligenhaus vertreten, zudem verfügt Taxi Platte nach eigenen Angaben über drei Konzessionen für Heiligenhaus.

Die Stadt Heiligenhaus bedauert das Unternehmens-Aus und hofft nun „auf gute Gespräche des Kreises mit möglichen Unternehmern. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn möglichst schnell ein Nachfolger gefunden werden kann. Gerade für Ältere ist die Nutzung von Taxis besonders wichtig“, betont der Erste Beigeordnete Björn Kerkmann auf WAZ-Nachfrage.