Heiligenhaus. Neue Tafelkunden können einmal die Woche eine Tüte erhalten: Der Tafel Niederberg bleibt in der Krise keine andere Wahl. Kein Aufnahmestopp.
Bis zu 750 Tafeltüten werden pro Woche von der Tafel Niederberg an Alleinstehende und Familien in Heiligenhaus, Velbert und Wülfrath ausgegeben, insgesamt werden so rund 1440 Menschen mit frischen Lebensmitteln versorgt. Die Nachfrage nach dieser Unterstützung steigt, gleichzeitig werden die gespendeten Waren weniger. Um einem Aufnahmestopp vorzubeugen, haben sich die Verantwortlichen etwas ausgedacht.
Um sich mit der ukrainischen Familie in ihrem Büro zu verständigen, braucht Tafel-Koordinatorin Tanja Högström ihr Mobiltelefon. Dort gibt sie die Frage nach dem Wohnort auf Deutsch ein und lässt dann das Übersetzungsprogramm seine Arbeit tun. Der Familienvater sucht die entsprechenden Unterlagen heraus und schließlich hilft auch noch eine russischsprachige Helferin mit. Die gute Zusammenarbeit trägt Früchte, schon nach kurzer Zeit kann die dreiköpfige Familie die nagelneue Tafelkarte in Empfang nehmen. „Die gilt dann für einen gewählten Ausgabeort und nur einmal pro Woche“ erklärt Högström, was derzeit und temporär für Neukunden gilt.
Tafel Niederberg erwartet durch die Energiekrise mehr Kunden auch in Heiligenhaus
Die Alternative wäre ein Aufnahmestopp, denn auch wenn der Strom der Flüchtenden aus der Ukraine etwas abgeebbt ist, gibt es schon wieder neue Herausforderungen zu bewältigen. „Sorge macht uns jetzt die Ware, denn davon bekommen wir weniger als bisher. Bei mehreren Discountern gibt es Retter-Tüten, in denen sie selbst Obst und Gemüse günstiger abgeben, das fehlt der Tafel natürlich.“
Dazu kommt, dass ein Blick in den Herbst ahnen lasse, dass noch mehr Gäste das Angebot der Tafel nutzen werden: „Wir bekommen schon Anrufe, ob Menschen kommen dürfen, wenn sie demnächst mit ihrem Verdienst nicht mehr klarkommen. Die Preise für Strom und Gas steigen enorm.“ Der Aufnahmestopp soll deswegen umgangen werden, „denn wir haben einen sozialen Auftrag und den wollen wir so gut wie möglich erfüllen“, betont Tanja Högström.
Ohne Ehrenamtler wäre die Tafel nicht zu stemmen
Möglich ist das auch durch den „wahnsinnigen Einsatz der Ehrenamtlichen“: 17 arbeiten in Heiligenhaus mit, 16 am Standort Mettmanner Straße in Velbert und 14 in der dortigen Apostelkirche. „Die geben seit Monaten Vollgas, haben keine Zeit zum Durchatmen, weil immer neue Aufgaben warten.“ Neben den Ehrenamtlern vor Ort sind auch die Fahrerteams ständig unterwegs.
Unterstützung aus der Bevölkerung sei auf vielfältige Weise möglich: „Wer viel Obst im Garten hat und davon etwas abgeben möchte, kann das gerne tun. Wir haben schon Mangold, Äpfel und Pflaumen bekommen, ein Herr bringt jede Woche eine riesige Zucchini – das freut uns sehr.“ Genauso ist es möglich, selber Lebensmittel einzukaufen und zu spenden, manchmal werden noch haltbare Konserven abgegeben, wenn eine Wohnung aufgelöst wird, über Geldspenden freut sich die Tafel natürlich sowieso. „Wer eine Dauerspende einrichten kann, auch wenn es nur ein kleiner Betrag ist, gibt Halt und Sicherheit.“
Spenden sind zur Sicherung willkommen
Und da die gestiegenen Energie- und Benzinpreise natürlich auch für die Kühlung und die Fahrzeuge der Tafel gelten, seien Benzingutscheine ebenfalls willkommen. „Wir hoffen, dass es demnächst auch wieder mal ruhigere Zeiten gibt“, so Högström. „Wenn sich die Lage entspannt, können dann auch diejenigen, deren Karten jetzt nur einmal pro Woche gelten, zweimal kommen.“ Beschwert hat sich über die neue Regelung übrigens niemand: „Die Leute sind eher froh, dass es bei uns im Gegensatz zu anderen Städten eben keinen Aufnahmestopp gibt.
>>> Infos zur Tafel
- Mehr Infos zur Tafel und den unterschiedlichen Spendenmöglichkeiten gibt es auf bergische-diakonie.de/tafel.
- Die Ausgabe in Heiligenhaus erfolgt immer dienstags, je nach Anfangsbuchstaben des Nachnamens variieren und rotieren die Ausgabezeiten