Heiligenhaus. Stolpersteine erinnern an die Schicksale von Adele, Helene und Gustav Jacobs sowie Meta Herz. Sie wurden in der NS-Diktatur verfolgt und getötet.
Adele Jacobs lag bisher alleine vor dem Rathaus-Center. Nun ist ihr Gedenkstein, der an die Judenverfolgung in Heiligenhaus erinnern soll, mit denen ihrer Geschwister Gustav, Meta und Helene vereint, deren Stolpersteine am Samstag in einem feierlichen und andächtigen Rahmen von Künstler Gunter Demnig selbst verlegt wurden.
Bürgermeister Michael Beck erläuterte in einer Ansprache, wieso die Stolpersteine so eine wichtige Erinnerung an schlimme, vergangene Zeiten sind: „Wir haben eine Erbverpflichtung. Auch nachfolgende Generationen sollen über dieses schreckliche Kapitel der Geschichte stolpern und dadurch dafür sensibilisiert werden, dass so etwas nie wieder passieren darf“, so Beck mit ernster, andächtiger Stimme.
Passanten sollen kurz innehalten und den Opfern gedenken
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Michael Beck bedankte sich bei Stadtarchivar Dr. Axel Bayer und dem Stadtmarketing, „dass immer wieder mit Aktionen auf dieses historische Kapitel aufmerksam gemacht wird“. Dann wendete er sich an die Bürger, die der Verlegung beiwohnen: „Es ist ein deutliches Zeichen für die Relevanz des Themas und das Bewusstsein der Heiligenhauser, dass heute so viele aus der Mitte unserer Gesellschaft erschienen sind. Es ist wichtig, dass Menschen auch in Zukunft kurz innehalten und der Familie Jacobs und den zahlreichen anderen Opfern der Nazi-Gräueltaten gedenken.“
Hetzjagd durch Europa endet für die Geschwister mit dem Tod
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Die vier Jacobs-Geschwister sind Kinder des in Heiligenhaus damals sehr bekannten und beliebten Salomon Jacobs. Dieser hatte beispielsweise bei der Gründung der Heiligenhauser Feuerwehr mitgewirkt. Gustav, Meta und Helene eint eines: Die schreckliche Verfolgung durch die Nationalsozialisten, eine Hetzjagd durch Europa – und ein Tod im Zuge des Holocausts. Gustav Jacobs ist 1943 im KZ Auschwitz, Meta Herz (geborene Jacobs) im Juli 1944 im Ghetto Riga-Kaiserwald und Helene Jacobs im November 1941 im Ghetto Minsk verstorben.
Ruth Ortlinghaus (Stadtmarketing-Arbeitskreis Kultur) berichtete, dass sie alles versucht habe, um Luise Jacobs bei der Verlegung der Stolpersteine vor Ort zu haben: „Die Frau ist über 90, auch wenn es sehr schön gewesen wäre, sie dabeizuhaben. Es war leider nicht möglich.“ Luise Jacobs, Tochter des ebenfalls im Zuge des Holocausts verstorbenen und in Heiligenhaus mit einem Stolperstein verewigten Artur Jacobs, hat sich zeit ihres Lebens intensiv mit der Geschichte ihrer Familie in der NS-Zeit beschäftigt und mehrere Bücher über die Thematik verfasst.
Enkel von Artur Jacobs möchte, dass die Geschichte nie vergessen wird
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Ein weiteres Zeichen, welche Tragweite diese Thematik hat, ist die Person Hank Idsinga. Der Kanadier ist der Enkel von Artur Jacobs, Neffe von Luise Jacobs und der Sohn von Helen Jacobs, die über die Zwischenstation Niederlande mit abenteuerlichen Wendungen in ihrer Lebensgeschichte nach Kanada ausgewandert ist. 2015 ist sie dort verstorben – ihr Sohn Hank Idsinga ist nicht erst seit ihrem Tod höchst interessiert an ihrer Geschichte, probiert, Zusammenhänge zu ergründen und sucht den Kontakt zu Experten aus Heiligenhaus und Umgebung – wie beispielsweise zu Rainer Köster.
Hank Idsinga lebt heute in Toronto und arbeitet bei der Polizei
„Es ist mir sehr wichtig, dass die Geschichte nicht vergessen wird. Ich veranstalte in Toronto Seminare, wo ich den Leuten die Geschichte näherbringe und natürlich auch von der schrecklichen Geschichte meiner Familie berichte“, so Idsinga. Es sei für die Sensibilisierung für das Thema sehr schwierig, dass es mittlerweile kaum noch Zeitzeugen gibt. „Trotzdem will ich alles dafür tun, die Geschichte meiner Familie zu ergründen und das Thema nicht im Sand verlaufen zu lassen“, so der ranghohe Kriminalpolizist aus Toronto.
>>> Stolpersteine in Heiligenhaus
Weitere Stolpersteine in Heiligenhaus gibt es unter anderem an der Hauptstraße 252 für Karl und Rosa Aron, die mit Draht aneinandergebunden und mit Jutesäcken über den Köpfen im November 1938 tot aus der Ruhr geborgen wurden.
Am Rathaus wird mit einem Stolperstein an Franz Frerich erinnert, der Kommunist war und wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tod verurteilt wurde. Er wurde im August 1944 hingerichtet.
Im Hefelmann-Park erinnern Stolpersteine an Siegmund, Hildegard und Günter Oss. Sie starben im April 1942 im Ghetto Izbica.