Heiligenhaus / Ratingen / Mülheim. Für den Wahlkreis Mettmann III/Mülheim II kandidiert der Ratinger Bernd Ulrich für die AfD – und wünscht sich eine offenere Diskussionskultur.

Dass er nicht mit großen Freudenausbrüchen rechnen kann, wenn er ein Podium betritt, das ist Bernd Ulrich mittlerweile gewohnt. Der 72-jährige Ratinger kandidiert bei der Landtagswahl am 15. Mai im Wahlkreis Mettmann III/Mülheim II für die AfD. Eine vernünftige Einwanderungspolitik und ein anderer Klimaschutz sind einige der Inhalte, mit denen er überzeugen will.

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Geschichte und gesellschaftliche Entwicklung hätten ihn schon immer interessiert, berichtet der Kandidat im WAZ-Gespräch. Der FDP habe er sich früher immer verbunden gefühlt, war Mitglied der Partei, damals in Münster, wo er Politiker wie Jürgen Möllemann kennenlernte. In seinem Ruhestand habe er sich weiter mit Gesellschaftsthemen beschäftigt; 2012 begann er, seine Meinungen und Ansichten in einem Blog zu veröffentlichen. „Die Altparteien boten mir keine wirkliche Alternative mehr“, die EU-Schuldenpolitik habe ihn letztlich dazu bewegt, der AfD beizutreten, wo er relativ schnell Stadtsprecher in Ratingen wurde. Hier sitzt er für die AfD auch im Stadtrat, weiß zu provozieren, werde jedoch auch provoziert. „Ich würde mir wünschen, dass man mir nicht von vorn herein einen Stempel aufdrückt, sondern die Diskussion sucht. Aber man wächst auch an Widerständen“, so Ulrich.

Vernünftiges Einwanderungsgesetz sei für Deutschland wichtig

Das konnte er im Bundestagswahlkampf erleben, als ihn 1000 Schüler bei einer Podiumsveranstaltung ausbuhten: „Da stand sofort der Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit im Raum. Das ist eine böse Unterstellung, ich bin ein Kosmopolit, bin in meinem Berufsleben international unterwegs gewesen. In der geistigen Gemeinschaft untereinander kommt es nicht auf die Nationalität an.“ Jeder Mensch, der willens und fähig sei, etwas zu leisten zum Wohl des Landes, sei willkommen. „Die Voraussetzung dafür ist aber ein vernünftiges Einwanderungsgesetz.“ Deutschland habe eine überalternde Gesellschaft und brauche Zuwanderung, „derzeit haben wir aber eine ungesteuerte Einwanderung“, so Ulrich. Die würde zu Parallelgesellschaften und Clanbildungen führen.

2017 kandidierte Bernd Ulrich für die Bundestagswahl, hier in seiner Heimatstadt Ratingen.
2017 kandidierte Bernd Ulrich für die Bundestagswahl, hier in seiner Heimatstadt Ratingen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Nicht nur das Thema Einwanderung beschäftigt Ulrich, sondern auch „die Instrumentalisierung des Klimawandels. Das ist hochspekulatives mathematisches Modell, das sehr riskant ist.“ Ob es wirklich zu einer Klimakatastrophe komme, wage er zu bezweifeln, „die Frage ist aber, wie gehen wir damit um? Tun wir das Richtige derzeit?“ Deutschland sei nur ein klitzekleiner Fleck auf der Erde; große Schadstoffverursacher seien Russland oder China. „Mit den Billionen, die wir in falsche Klimapolitik stecken, könnten wir den ganzen Regenwald in Brasilien wieder aufforsten.“ Seiner Meinung nach müsse generell mehr aufgeforstet werden. „Mein Hobby ist die Waldpflege in meinem eigenen Revier in Bayern“, berichtet er. „Wir brauchen mehr bewirtschafteten Wald.“

AfD-Kandidat fordert ein Ende der Spaltung der Gesellschaft

Was sind weitere Themen, denen er sich annehmen will, sollte er für die AfD in den Landtag einziehen? Ulrich möchte sich gegen die „Verschandelung der deutschen Sprache“ engagieren; „nicht über ein Gendersternchen erreichen wir mehr Gleichberechtigung.“ Zudem dürften Autofahrer nicht weiter schikaniert werden, „alle Verkehrsteilnehmer müssen berücksichtigt werden, einfach Parkplätze wegzunehmen für mehr Fahrradverkehr funktioniert nicht.“ Die Schuldenpolitik der EU halte er für höchst gefährlich, „Inflation ist wie Rauschgift, der Katzenjammer kommt später.“

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Über die fünf Prozent zu kommen sei das Ziel für die Landtagswahl, doch einsetzen will er sich in seinem Wahlkreis, der die Städte Heiligenhaus, Ratingen und Mülheim umfasst, auch gegen die Spaltung der Gesellschaft, „wie bei Geimpften und Ungeimpften oder Jung und Alt, da darf man nicht polarisieren.“ Ob da nicht auch die AfD dran beteiligt sei? Oftmals entstehe auch durch die Medien ein falscher Eindruck seiner Partei – aber schwarze Schafe, bestätigt Ulrich dann doch, gebe es natürlich schon. „Bei uns einzutreten, ist schon nicht einfach – aber jemanden wieder loszuwerden, wirklich schwer.“

>>> Zur Person Bernd Ulrich

  • Bernd Ulrich ist 72 Jahre, verheiratet, hat eine Tochter und ist Opa. Viele Jahre arbeitete der Diplom-Mathematiker bei SAP, war verantwortlich für die Personalentwicklung.
  • Über Umwege kam er zu diesem Job, studierte zunächst Mathe und Physik in Dortmund, machte die ersten Erfahrung im Bereich EDV-Programmierung und arbeitete in der Stahlindustrie in Düsseldorf.
  • Er begann mit einem BWL-Studium, ging dann jedoch als Analytiker zu einer Münchener Bank, bevor es in den 80er Jahren zurück ins Ruhrgebiet ging als Unternehmensberater und landete schließlich bei SAP.