Heiligenhaus. Kein Präsenzunterricht bis Ende Januar, aber an den weiterführenden Schulen wird die Notbetreuung kaum in Anspruch genommen.
Das Wohnzimmer wird wieder zum Klassenzimmer: In NRW wird es bis Ende Januar keinen Präsenzunterricht geben - und somit blieb es am ersten Schultag nach den Ferien sehr still. Denn an den weiterführenden Schulen ist die Nachfrage nach Notbetreuung kaum vorhanden.
Zuhause bleiben heißt es wieder für die meisten Schüler in den nächsten Wochen - eine Herausforderung für Eltern, Kinder und natürlich auch die Lehrer. "Vor dem Hintergrund der aktuellen Infektionszahlen" könnte Schuldezernent Björn Kerkmann schon die Anordnung der NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) nachvollziehen, "aber dann sollte es wieder in den Präsenzunterricht gehen, denn dann sind die Grenzen der Zumutung für alle Beteiligten meines Erachtens nach auch erreicht." Die Stadt, sie könne nicht viel machen außer für bestmögliche Rahmenbedingungen eines guten Distanzunterrichts zu sorgen. "Wir sind da schnell tätig geworden und haben mobile Endgeräte bestellt. Doch wir warten leider immer noch auf einen Großteil", so Kerkmann.
Verständnis bei den Schulleitern
Nachvollziehbar halten die Entscheidung auch Gesamtschulleiterin Carmen Tiemann, der stellvertretende IKG-Rektor Dirk Wirtz sowie Realschulleiterin Sonia Cohen - zumindest bis Ende Januar. "Wir haben an der Realschule ein fertiges Konzept für Blended Learning, so nennen die Fachleute den flexiblen Wechsel zwischen Präsenz- und Digitalunterricht, entwickelt. Dank der Bemühungen der Stadt Heiligenhaus sind wir digital sehr gut aufgestellt", so Cohen. Auch das Gymnasium fühlt sich optimal vorbereitet. "Wir sind gut eingespielt, das haben wir schon beim Probetag im November festgestellt, alles läuft sehr stabil", so Wirtz. Der Unterricht laufe nach einem festen Zeitplan ab, "das ist schon wichtig für alle Beteiligten."
Schon mehr Geräte ausgeliefert an Lehrer und Schüler hätte gerne die Gesamtschule, doch Tiemann sieht für die nächsten Wochen keine großen Probleme: "Anders sieht das beim Thema Zentralabi aus. Da finde ich, sollte man drüber nachdenken, ob es in diesem Jahr nicht sinnvoller wäre, wenn jede Schule wieder die Hoheit über die Auswahl hätte." Vorbereitet waren an der Gesamtschule schon die Schulsozialarbeiter auf viele Kinder in der Notbetreuung, doch nur vier bis sieben Kinder werden hier betreut. An der Realschule sind es zwei, am IKG keins.
Sozial schwache Schüler werden benachteiligt
Doch Cohen macht auf ein weiteres Thema aufmerksam: "Leider sind die Verlierer der aktuellen Situation wieder die sozial schwachen Familien. In vielen Familien gibt es nur einen Laptop für alle oder ein begrenztes Kontingent an Internetzeit ohne W-Lan." Mindestens die Hälfte der Schüler könnten nur über ein Smartphone arbeiten. "Wir haben im vergangenen Jahr erlebt, dass es einen Anteil von bis zu 30 Prozent abgehängten Schülerinnen und Schülern gibt, die während des Lockdowns überhaupt nicht am digitalen Unterricht teilnehmen. Wenn man dann die Eltern kontaktiert und Einblick in die Familienstrukturen bekommt, tun sich manchmal Abgründe auf."
Da sei keiner in der Familie, der das Kind „führe", für regelmäßige Abläufe sorge oder Mahlzeiten bereit stelle. "Ich befürchte wirklich, dass einige Kinder und Jugendliche im Moment durch den verminderten Druck durch die Schule massive Defizite entwickeln, die ihre Fähigkeit, im Arbeitsleben zu bestehen, massiv einschränken werden. Das ist ein großes Drama", so Cohen.