Heiligenhaus. Warum glauben Menschen an Verschwörungstheorien? Weil sie es nicht anders verstehen, sagt der Heiligenhauser Wissenschaftsjournalist Jean Pütz.

Jean Pütz ist ein bekannter deutsch-luxemburgischer Wissenschaftsjournalist und Fernsehmoderator. Seine WDR-Show „Hobbythek“, der über 30 Jahre lang moderierte, hat verschiedenste Alltags- und Wissenschaftsthemen behandelt und praktikable Tipps für Jedermann präsentiert. In den letzten Monaten stemmt sich Pütz auf Facebook sowie seiner eigenen Homepage lautstark und vehement gegen Verschwörungstheorien aller Art, benennt Probleme und räumt mit Mythen oder Fehleinschätzungen rund um die Corona-Pandemie auf. Wir haben ihn zu Hause in Tüschen getroffen und zu Verschwörungstheorien, der deutschen Gesellschaft sowie seiner eigenen Lebensweise befragt.

Herr Pütz, fühlen Sie sich in Heiligenhaus wohl?

Jean Pütz auf seinem Grundstück in Tüschen.
Jean Pütz auf seinem Grundstück in Tüschen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Jean Pütz:

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Ja, absolut. Die Stadt entwickelt sich toll, auch in den Themen, die ich in meinen Beiträgen behandle. Dafür hat meiner Meinung nach Dr. Jan Heinisch die Weichen gestellt, die Früchte seiner Arbeit können nun geerntet werden. Apropos Früchte: Ich bezeichne Heiligenhaus gerne als grüne Oase. Die Felder, Berge, der Stauteich: All das erkunde ich gerne mit dem Fahrrad.

Sie positionieren sich klar gegen Verschwörungstheorien. Woher stammen Ihrer Meinung nach solche Theorien?

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Verschwörungstheorien sind ein Anzeichen für mangelndes Verständnis für den Großteil der Vorgänge in einer komplexen und komplizierten Welt. Die Wissenschaft und die Technik hat uns komplett im Griff, wir lassen uns auf augenscheinliche Gegebenheiten ein, ohne zu hinterfragen. Das liegt daran, dass höchstens fünf Prozent der Deutschen die naturwissenschaftliche Basis versteht, auf der die ganze Wissenschaft basiert. Und wenn der Mensch etwas nicht versteht, entwickelt er Theorien, die die Vorgänge auf teils abstruse Weisen erklären sollen.

Sie beschreiben die Idee der Grünen, den Verbrennungsmotor als Hauptverursachers des Klimawandels anzusehen, als fahrlässig und gefährlich für Deutschlands Status als Industrienation. Können Sie diese These bitte kurz erläutern?

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Selbstverständlich. Es ist ein Riesenfehler, den Verbrennungsmotor zu verbannen. Der private Automobilsektor trägt nur mit circa acht Prozent zum jährlichen CO2-Ausstoß in Deutschland bei. Das wirkliche Problem ist unser unheimlich energie-verschwenderisches Bauen. Die Hälfte des CO2-Aufkommens resultiert aus Häusern, Fabriken, Bürogebäuden. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe die Grünen seit ihrer Gründung viel unterstützt und bereue nichts davon, denn unsere Umwelt würde ohne diese Partei auseinanderfallen. Aber die Verbrennungsmotor-Industrie ist einfach der falsche Ansatz in Sachen Klimawandel.

Kommen wir noch einmal auf Deutschlands Stellung als Industrienation zurück. Werden wir diese aus Ihrer Sicht tatsächlich aufgeben müssen?

Seiner Zeit gerne voraus: Jean Pütz, hier 2009 mit einem Elektrorad vor der Redaktion der WAZ in Langenberg.
Seiner Zeit gerne voraus: Jean Pütz, hier 2009 mit einem Elektrorad vor der Redaktion der WAZ in Langenberg. © WAZ | Redaktion Langenberg

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Stand jetzt muss ich das leider mit einem klaren ja beantworten. Wir haben unsere Stahlindustrie verloren, es gibt keine Kernkraftwerke mehr, jetzt soll auch noch die Automobilindustrie leiden? Das geht nicht. Deutschland ist das Maß aller Dinge, wenn es um Verbrennungsmotoren geht. Bei E-Autos ist das nicht unbedingt der Fall. In Deutschland herrscht der Glaube, dass wir unsere Energie rein regenerativ erzeugen können. Dies ist aber in Anbetracht des momentanen wissenschaftlichen Standes sowie der gewohnten Energieverschwendung ein Irrglaube. Mit Strom darf nicht geheizt werden, das ist Wahnsinn.

Bezogen auf das energiebewusste Bauen und Wohnen klingt das so, als wüssten Sie sehr genau, wovon Sie reden. Stimmt das?

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Tatsächlich wohne ich in einem energiepositiven Haus. Das bedeutet, dass ich weniger Energie verbrauche, als ich selbst durch Photovoltaik erzeuge. Heizen tue ich mit Pellets, meiner Meinung nach ist das der einzig logische Weg für die Zukunft. Ich habe mir viele Gedanken gemacht, mich mit Dämmmaterialien und Baustoffen auseinandergesetzt und bin stolz darauf, eine solche Energie-Oase geschaffen zu haben. Ich baue Kräuter, Früchte und Gemüse selbst im Garten an, habe einen großen Teich mit tollen Kois angelegt, es passt alles gut zusammen. Mein Lebensprinzip ist Nachhaltigkeit.

Warum sind Sie immer noch so aktiv in sozialen Medien und auf Ihrer Homepage? Man könnte ja meinen, dass Sie nach einem bewegten und erfolgreichen Leben Ihren Ruhestand ganz entspannt genießen wollen würden.

Schon mit Maske; Jean Pütz bei einem Termin mit Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und der Bundestagsabgeordneten Kerstin Griese (SPD).
Schon mit Maske; Jean Pütz bei einem Termin mit Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und der Bundestagsabgeordneten Kerstin Griese (SPD). © FUNKE Foto Services | Ulrich Bangert

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Ich kann gar nicht anders, als mich über das Vorgehen auf unserer Welt, in Deutschland und in Heiligenhaus fortlaufend zu informieren. Ich bin Wissenschaftler, Tüftler, es gibt immer etwas Neues zu entdecken oder entwickeln. Das hilft mir selbst dabei, geistig und körperlich fit zu bleiben, und bereitet mir großen Spaß. Darüber hinaus sehe ich auch heute noch eine Verpflichtung meinerseits, die Bevölkerung zu informieren, mit Ideen anzuregen und beispielsweise über hanebüchene Verschwörungstheorien aufzuklären.

Abschließend noch eine Frage zur allgegenwärtigen Corona-Pandemie. Denken Sie, dass ein baldiges Ende in Sicht ist?

Jean Pütz stellt Biografie vor.

Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück.
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück. © FUNKE Foto Services
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück.
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück. © FUNKE Foto Services
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück.
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück. © FUNKE Foto Services
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück.
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück. © FUNKE Foto Services
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück.
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück. © FUNKE Foto Services
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück.
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück. © FUNKE Foto Services
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück.
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück. © FUNKE Foto Services
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück.
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück. © FUNKE Foto Services
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück.
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück. © FUNKE Foto Services
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück.
Der Wissenschaftsjournalist Jean Pütz auf seinem Grundstück. © FUNKE Foto Services
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Ich packe diese Frage lieber von einem anderen Standpunkt an. Wir müssen den Virus als Bestandteil unseres Lebens akzeptieren, auch wenn viele das nicht hören wollen. Meiner Meinung nach ist keine schnelle Ausrottung in Sicht. Wir müssen überlegen, welche Maßnahmen zur ausreichenden Kontrolle nötig sind, während eine freie Lebensgestaltung nicht zu hart tangiert wird. Hier lesen Sie weitere Nachrichten aus Heiligenhaus.