Heiligenhaus. Auch das Bundeskanzleramt wird vom THW-Logistikzentrum in Heiligenhaus aus mit Schutzausrüstung versorgt. In den Hallen herrscht Hochbetrieb.
„Ein tolle Technik! Per Hand hätten wir das nicht so schnell und nicht so schön stramm hinbekommen“, ist sich Steffi Bothe sicher. Die ehrenamtliche THW-Helferin bewundert den Wickelroboter, der in den riesigen Materialhallen eine Transportpalette umkreist und dabei Kanister und Kartons mehrlagig mit schwarzer, blickdichter Folie umhüllt.
Normalerweise arbeitet die junge Frau mit dem frechen roten Kurzhaarschnitt in der Metallverarbeitung, von ihrem Arbeitgeber wurde sie nun freigestellt, um im THW-Logistikzentrum an der Talburgstraße Waren zu kommissionieren. Auch Saskia Detka, im normalen Beruf Speditionskauffrau, hilft derzeit im THW-Logistikzentrum aus – mit den 25 festangestellten Kräften ist die Corona-Krise einfach nicht zu bewältigen.
Schwarze Folie macht Ware unkenntlich
Die beiden Aushilfen versehen die frisch eingewickelte Palette mit THW-Klebebändern, Lieferscheinen und Gefahrguthinweisen: Desinfektionsmittel sind hochentzündlich. Die Sendung ist für einen THW-Ortsverband am Niederrhein bestimmt, ansonsten versorgt das Logistikzentrum alle Bundesbehörden, vom Bundeskanzleramt über die Bundespolizei bis zum Zoll. „Es ist schon sinnvoll, dass wir schwarze Folie nehmen, so ist die Ware nicht für jedermann sichtbar“, erklärt THW-Pressesprecher Michael Kretz, „es hat schon mal jemand lange Finger gemacht.“
Millionenweise Schutzmasken und Handschuhe
In den großen Hallen lagert alles, was die Helfer vor Ort brauchen, von der Einsatzkleidung über Fahrzeugausrüstungen bis zu Zelten mit kompletter Einrichtung. Im Zuge der Corona-Pandemie bis zum 8. Mai sind alleine im THW-Logistikzentrum Heiligenhaus 11,2 Millionen OP-Masken, 13,3 Millionen Einmalhandschuhe und 120.000 Liter Desinfektionsmittel umgeschlagen worden. „Flächendesinfektion wird inzwischen nicht mehr so viel gebraucht“ hat Daniela Segatz festgestellt. Die Leiterin des THW-Logistikzentrums trat Ende März ihre Stelle an, als die Nachfrage nach Corona-Schutzausrüstungen ihrem Höhepunkt zustrebte. Die Diplom-Ökonomin wurde ins kalte Wasser geworfen. Das konnte die passionierte Rettungsschwimmerin aus dem Ruhrgebiet aber nicht schocken: Als aktives DLRG-Mitglied ist sie dem Katastrophenschutz sehr verbunden, das Logistikhandwerk hatte sie bei einem blau-gelben Möbelhaus erlernt und sogar das größte seiner Art in Südkorea mit aufgebaut.
Ware ohne Tüv-Siegel wird nicht verschickt
Trotz ihrer Erfahrung aus Asien waren die vergangenen Wochen eine Herausforderung für sie und das gesamte Team. „In den ersten Wochen wurde alles aufgekauft, da kamen Kartons mit chinesischen Aufdrucken an, da mussten wir nachschauen, was drin war. Da wurde geprüft, gewogen und festgehalten, wo wem was gekommen war. Ein paar Masken waren nicht so, wie sie sein sollten, die haben die TÜV-Prüfung nicht bestanden.“ Die Kisten stehen jetzt im Sperrlager, auffällig umwickelt mit rot-weißem Absperrband. Was damit geschehen soll, wird noch geklärt. Vorgestern wurde eine Lieferung sofort zurückgeschickt: „Statt Schutzausrüstung kamen Fieberthermometer“, wundert sich Daniela Segatz.
Umzug nach Hilden
Inzwischen hat sich Lage beruhigt: Es wird zwar immer noch in zwei Schichten die Ware versandfertig gemacht, aber am Wochenende ist nur noch eine Bereitschaft da. Der Umschlag ist beachtlich: Bis vor einer Woche wurde 532 Tonnen Corona-Schutzmaterial umgeschlagen. Dennoch sind Tage des Logistikzentrums auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände am Wassermangel gezählt: „Die Gebäude entsprechen nicht den Anforderungen moderner Logistik“, weiß die Fachfrau. Achim Baumann bereitet als Leiter der Projektgruppe „Umzug“ Ende Oktober/Anfang November die Verlagerung von 4500 Paletten nach Hilden vor. Dort auf dem Gelände eines ehemaligen Fleischzerlegungsbetriebs gibt es auf 10 000 Quadratmetern fast die doppelte Stellfläche für Paletten als jetzt in Heiligenhaus.