Heiligenhaus. Auch viele Heiligenhauser Betriebe haben unter der Corona-Krise zu leiden. Die WAZ hat mit der Vorsitzendes des Arbeitskreises Handwerk geredet..

Auch die Handwerksbranche in Heiligenhaus leidet nach wie vor unter der Corona-Krise, wenngleich sich die Situation derzeit ein wenig entspannt. WAZ-Redakteurin Danni Funke hat mit der Vorsitzenden des Stadtmarketing-Arbeitskreises Handwerk, Isabel Fechner-Müller, über die Situation vor Ort gesprochen.

Frau Fechner-Müller, Sie sind nicht nur Sprecherin des Arbeitskreises Handwerk in Heiligenhaus, sondern selbst auch Inhaberin eines familiengeführten Traditionsunternehmens im Bereich der Werbetechnik. Vor der Coronakrise konnten sich ja viele Betriebe vor Aufträgen kaum retten, Kunden mussten teilweise geduldig sein, vielleicht sogar monatelang warten. Wie hat sich das im Zuge der Coronakrise entwickelt?

Ganz unterschiedlich. Während Handwerksbetriebe wie zum Beispiel Elektriker, Maler- und Lackierer weiterhin Ihre Aufträge auf den Großbaustellen bedienen konnten, hagelte es bei Firmen, die viel für Privatkunden arbeiten, jede Menge Auftragsstornierungen oder Verschiebungen. Und das, obwohl die Auftragsbücher zuvor sehr gut gefüllt waren. Zu groß war die Sorge der Kunden, Handwerker trotz strenger Hygienemaßnahmen ins Haus zu lassen. Mittlerweile ist eine leichte Entspannung der Situation zu verzeichnen. Große Investitionen wurden aber erst einmal auf ungewisse Zeit nach hinten ins Jahr verschoben. Und das bedeutet, dass eine erhebliche Delle im Sommer droht, wenn wegen der Corona-Krise keine neuen Aufträge reinkommen.

Viele Aufträge konnten nicht ausgeführt werden – man könnte also meinen, jetzt nach dem Lockdown kann problemlos alles, was sich angestaut hat, einfach nachgearbeitet werden. Ist das so?

Mitarbeiter von Neon-Lichtwerbung Fechner-Müller (Schlosser Marvin Malaise und Elektriker Mark Müller, re.,) arbeiten an der Fertigung von Spuckschutzen.
Mitarbeiter von Neon-Lichtwerbung Fechner-Müller (Schlosser Marvin Malaise und Elektriker Mark Müller, re.,) arbeiten an der Fertigung von Spuckschutzen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Nein, leider nicht. Es bestehen teilweise erhebliche Lieferengpässe bei Materialien die dringend für die Abwicklung der Aufträge notwendig sind. So können manche Bäder vom Gas- und Wasserinstallateur nicht fertig renoviert werden, weil Marmor aus Italien oder dringende Fliesen fehlen. Auch bei uns ist ein Engpass an Acrylglas feststellbar – oder dem Elektriker fehlen Leuchtmittel, die teilweise in China gefertigt werden. So können Aufträge nicht abgearbeitet werden. Es sei denn, man versucht gemeinsam mit dem Kunden alternative Lösungen oder Kompromisse zu finden.

Wie hat sich die Krise auf die Personalstärke der Betriebe ausgewirkt, hat es viele Entlassungen gegeben, wie ist es mit Kurzarbeit?

Einige Betriebe mussten Kurzarbeit anmelden und auch Personal entlassen, obwohl die Auftragsbücher gut gefüllt waren. Das ist aber nicht bei allen Gewerken der Fall. Speziell die Bau- und Ausbaugewerke haben viel zu tun. Aber alle Betriebe berichten von starken Umsatzrückgängen.

Welche Branchen sind denn besonders betroffen von der Corona-Krise und deren Auswirkungen? Gab es Schließungen?

Ich kann nur für unseren Arbeitskreis und die darin vertretenen Gewerke sprechen. Hier gab es die Schließung von Verkaufsräumen für den Kundenverkehr, aber keine betrieblichen Schließungen. Es konnte und durfte immer bei allen weitergearbeitet werden. Das liegt aber daran, dass wir keine Gesundheitshandwerker oder persönlichen Dienstleister in unseren Reihen haben.

Wie sieht es im Ausbildungssegment aus? Wird in diesem Jahr ausgebildet, beziehungsweise starten Ausbildungen eventuell erst im Herbst/Winter, wenn wieder genügend Arbeit da ist?

Es gibt bei uns im Arbeitskreis genügend Unternehmen, die immer noch nach Auszubildenden für dieses Jahr suchen und auch weiterhin ausbilden möchten, zum Beispiel im Hochbau, im Bereich der Sanitär- und Klimatechnik und im Maler- und Lackiererhandwerk. Man sollte meinen, da dürften sich Interessenten finden lassen, leider werden die Betriebe hier nach wie vor enttäuscht. Das war schon vor der Krise so, die meisten Jugendlichen wanderten an die Hochschulen ab, um zu studieren. Dabei wollen fast 45 Prozent der Handwerksbetriebe in Deutschland genau so viele Auszubildende einstellen wie zuvor, sagt der Zentralverband des deutschen Handwerks. Ich finde, das ist eine sehr gute und positive Zahl, die verdeutlicht, wie stark das Handwerk für die Zukunft ist und auch weiterhin im Bereich der Ausbildung gestärkt werden sollte.

Was können die Heiligenhauser tun, um die örtlichen Betriebe nun besonders zu unterstützen?

Wir appellieren an Privatleute und die öffentliche Hand, Aufträge nicht zu stornieren und wenn möglich neue Aufträge zu vergeben. Jeder noch so kleine Auftrag sichert Existenzen und Arbeitsplätze und schafft neue Impulse. Auch Privatkunden brauchen keine Sorgen zu haben, den Handwerker bei sich ins Haus zu lassen. Jeder einzelne Mitarbeiter unserer Handwerksunternehmen ist mit den strengen Schutzmaßnahmen und den Hygienerichtlinien in der Corona-Krise vertraut.

Weitere Infos: www.stadtmarketing-heiligenhaus.de / Arbeitskreis Handwerk