Heiligenhaus. Die Stadt Heiligenhaus will schnellstmöglich ein neues Wohnquartier in der Oberstadt ermöglichen. Das umstrittene Projekt birgt aber Risiken.

Die Stadt Heiligenhaus will mit dem Stadtentwicklungsprojekt „Gießerei Batz“ in der Oberstadt neuen Wohnraum schaffen. Dafür hat sie vor vier Jahren den staatlichen Flächenpool NRW als Partner gewonnen. Er hilft, schwierige Standorte neu zu entwickeln – und konnte nun einen Teilerfolg erzielen. Wie das Projekt fortgeführt wird, darüber muss die Politik entscheiden. Zuletzt war sie sich uneins, denn der von der Verwaltung vorgeschlagene Weg birgt einige Risiken.

Viele Grundstücke, viele Eigentümer: Die Ausgangslage auf dem Gebiet des Stadtentwicklungsprojekts „Gießerei Batz“ ist schwierig.
Viele Grundstücke, viele Eigentümer: Die Ausgangslage auf dem Gebiet des Stadtentwicklungsprojekts „Gießerei Batz“ ist schwierig. © funkegrafik nrw

Bereits die Ausgangslage ist schwierig auf dem fast 18.000 Quadratmeter großem Gelände zwischen Hauptstraße, Südring, Frankenstraße und Bayernstraße. Dort gibt es Firmen und Wohnungen, insgesamt 13 Grundstücke mit unterschiedlichen Eigentümern. „Mit sieben Eigentümern haben wir bereits eine Kooperationsvereinbarung getroffen“, sagt Ulrike Holtel, Projektleiterin beim Flächenpool und sieht sie „eine große Chance, das Gebiet städtebaulich aufzuwerten“.

Investor und Architekt stehen in den Startlöchern

Denn Kooperationsverträge ermöglichen, ein Bauprojekt über Grundstücksgrenzen hinweg anzugehen. Ein Hindernis sieht Holtel jedoch darin, dass die Besitzer sehr unterschiedliche Vorstellungen haben, wann auf ihren Flächen neue Wohnungen entstehen sollen. „Eine Gesamtentwicklung ist vor diesem Hintergrund nicht machbar“, bilanziert sie. Dennoch ist das Projekt nicht begraben. Denn im Osten des Gebiets gebe es zwei Eigentümer, die bereits „einen Architekten und einen Investoren an der Hand haben und in den Startlöchern stehen.“

„Der Nutzen überwiegt die Gefahr, dass sich dort wieder Gewerbe ansiedelt“, sagt Stadtplanerin Nina Bettzieche und wirbt dafür, den Bebauungsplan 28 aufzuheben.
„Der Nutzen überwiegt die Gefahr, dass sich dort wieder Gewerbe ansiedelt“, sagt Stadtplanerin Nina Bettzieche und wirbt dafür, den Bebauungsplan 28 aufzuheben. © Victor Gurov

Stadtplanerin Nina Bettzieche verspricht sich durch den Investor ebenfalls eine Initialzündung für das ganze Gelände: „Wir wollen dem gesamten Quartier einen Stoß in die positive Richtung ermöglichen.“ Dafür müsse die Politik zunächst die Voraussetzung schaffen. Denn weder der geltende Bebauungsplan 28 noch der übergeordnete Regionalplan erlauben dort ein reines Wohnbauprojekt. Die Bezirksregierung in Düsseldorf wolle dies zwar künftig ändern, so Bettzieche, doch bis ein neuer Regionalplan in Kraft sei, der erst dann einen entsprechenden Bebauungsplan erlaube, würden wohl noch viele Monate vergehen.

Letztlich entscheidet der Stadtrat

Ohne Bebauungsplan hat die Politik keine Möglichkeit, zu steuern, welche Bauvorhaben auf der fraglichen Fläche genehmigt werden. Darüber entscheidet dann die Verwaltung anhand von §34 des Baugesetzbuches.

Ob der Bebauungsplan 28 aufgehoben wird, steht aber noch nicht fest. Das hängt auch von den Stellungnahmen auf die bald ausgelegten Pläne ab. „Das ist ergebnisoffen“, betont Stadtplanerin Nina Bettzieche.

Letztlich entscheidet der Stadtrat darüber. Demnach könnten frühestens nächstes Jahr die ersten Bagger rollen – wenn überhaupt.

Nach WAZ-Informationen sind derzeit auch Firmen am Südring an einzelnen Grundstücken in dem Gebiet interessiert, um einen Zugang zur Hauptstraße zu bekommen. Dort würden dann keine neuen Wohnungen entstehen.

Solange will Bettzieche den Investor aber nicht warten lassen. Daher schlägt sie der Politik vor, den Bebauungsplan aufzuheben. Dadurch würde Paragraf 34 des Baugesetzbuches greifen und neue Wohnungen im Ostgebiet ermöglichen, da sich Bauvorhaben „in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt“.

Verwaltungsvorschlag ist umstritten

Dieses Vorgehen ist umstritten. So lehnt Peter Kramer (SPD) ab, den Bebauungsplan aufzuheben. Einen neuen aufzustellen, könne gut zwei Jahre dauern. „In der Zeit werden dort dann Pflöcke eingeschlagen, die gar nicht zu dem Gesamtkonzept passen, das wir haben wollen.“ Denn der Paragraf 34 ermöglicht ebenso, dass sich dort Gewerbe erweitert oder neu angesiedelt werden kann.

Die WAHL bemängelt zudem, dass zu viele Gewerbeflächen in Wohnraum umgewandelt werden, ohne dass Ersatzflächen für Firmen bestehen. Daher ist sie gegen Vorschlag von Stadtplanerin Bettzieche. Zudem befürchten die Grünen einen „Flickenteppich“, sofern Bauvorhaben nur nach dem Baugesetzbuch genehmigt werden. Lieber wollen sie den Bebauungsplan zunächst behalten und ihn durch einen neuen ersetzen.

Pläne werden bald öffentlich ausgelegt

Dagegen möchten die Christdemokraten dem Investor sofort ein Zeichen senden. „Wer dort etwas entwickeln möchte, soll das auch tun können“, sagt Ralf Herre (CDU) und plädiert dafür, den Bebauungsplan „dringend aufzuheben“. Dabei unterstützt ihn Hans Lotz (FDP): „Wir müssen Bewegung in das Projekt bekommen.“

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Der Stadtentwicklungsausschuss hat schließlich mit schwarz-gelber Mehrheit beauftragt, Vorbereitungen zu treffen, den Bebauungsplan 28 aufzuheben. „Der Nutzen überwiegt die Gefahr, dass sich dort wieder Gewerbe ansiedelt“, findet Stadtplanerin Nina Bettzieche. Jetzt, nach der Sommerpause – spätestens im September – wird das Vorhaben öffentlich ausgelegt, um Stellungnahmen einzuholen.