Heiligenhaus. Annerose Niedworok ist neue Kantorin der Evangelischen Kirche. Sie geht mit Eifer an ihre Aufgaben. Einen Aderlass gab es aber beim Gospelchor.
Eine eher ungewöhnliche Vita: Die hat die neue Kirchenmusikerin der evangelischen Gemeinde vorzuweisen. Denn zumeist haben Menschen ab 50 schon jahrelang in ihrem Beruf gearbeitet. Nicht so Annerose Niedworok. Für die 53-Jährige ist die Stelle als Kantorin in Heiligenhaus der erste Job überhaupt in diesem Bereich. Und auch sonst ist einiges an ihr überraschend.
Manchmal sind die Wege des Herren ja unergründlich. Und so hätte sich die gebürtige Schwäbin und vierfache Mutter auch nicht unbedingt vorgestellt, nach der Kindererziehung plötzlich in Heiligenhaus zu landen. „Zunächst habe ich in Frankfurt und Stuttgart Orchestermusik studiert“, schildert Niedworok. Und dann kamen die Kinder, die nun alle bereits erwachsen sind. Auf die Frage „Was nun?“ hatte die neue Kantorin auch sogleich eine Antwort: „Ich habe dann von 2012 bis 2018 in Tübingen ein Studium der Kirchenmusik nachgelegt.“
Wahl fiel einstimmig auf Annerose Niedworok
Nach einem anschließenden Praktikum bewarb sie sich auf die ausgeschriebene Stelle als Nachfolgerin von Bernd Liffers, der als Kirchenmusiker von Heiligenhaus in seine Heimat Krefeld-Uerdingen zurückging. Und die Süddeutsche überzeugte alle auf Anhieb, wie der Präses des Presbyteriums der evangelischen Gemeinde, Peter Wahlsdorf, ausführt: „Wir hatten vier Kandidaten für die Stelle und haben je zwei von ihnen an zwei Abenden eingeladen.“ Dabei sollten die Bewerber ein Stück mit jedem Chor der Kirche einstudieren und das Erarbeitete dann dem Publikum zu Gehör bringen. „Die Wahl fiel dabei einstimmig auf Annerose Niedworok“, so der Vorsitzende des Presbyteriums.
In den folgenden Wochen nach ihrem Amtsantritt im April musste sich die Kantorin zunächst einmal in ihre neuen Aufgaben einfinden. Und das dauerte für die Neueinsteigerin seine Zeit – was in einem Punkt nicht ganz reibungslos vonstatten ging, wie Peter Wahlsdorf schildert: „Ein paar Mitgliedern unseres Gospelchores Singing People der evangelischen Gemeinde Heiligenhaus ging es nicht schnell genug. Deshalb heben Mitglieder unseren Chor verlassen.“
30 Sänger des Gospelchors wechselten zur Musikschule
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Nun seien rund 30 Sänger bei der Musikschule als Singing People Heiligenhaus organisiert und würden dort proben. Dennoch sei das Tischtuch beileibe nicht zerschnitten: „Das ist in Ordnung so, auch wenn ich die Trennung natürlich sehr bedauere. Doch die Sänger sind hier weiterhin immer willkommen und können auch in der Kirche bei uns auftreten“, so Wahlsdorf, der noch durchaus auf eine Einigung untereinander und auf eine mögliche Rückkehr des Einen oder der Anderen hofft. „Da müssen wir uns aber alle erstmal Zeit lassen.“
Verschiedene Chöre unter ihren Fittichen
Bei der Stelle als Kantorin handelt es sich um ein 100-prozentiges Beschäftigungsverhältnis. Das war für Annerose Niedworok auch wichtig, denn: „Ich hatte mir gesagt: Wenn ich eine Stelle außerhalb Baden-Württembergs antrete, dann wäre es schön, wenn es eine ganze Stelle wäre.“
In ihrem Job hat die Kirchenmusikerin auch alle Hände voll zu tun. Unter ihren Fittichen befinden sich der Kirchenchor und der verbliebene Teil des Gospelchors Singing People der evangelischen Kirchengemeinde Heiligenhaus. Zudem baut sie gerade einen Kinderchor auf. Der Posaunenchor steht unter der Leitung von Annette Bock, die Jugendband „meet me @ five“ wird von Fabian Heiss geleitet.
Ansonsten laufe alles gut in der Amtszeit der neuen Kirchenmusikerin gewesen. „Wir sind sehr froh, dass sie hier ist“, meint der Präses des Presbyteriums. Auch Annerose Niedworok zeigt sich voll und ganz zufrieden: „Ich fühle mich in Heiligenhaus sehr wohl. Was ich auch an meinem Beruf liebe, ist das breite Spektrum“, erklärt sie. Neben der Gestaltung der Gottesdienste bereite ihr auch die Arbeit mit den Chören (siehe Infokasten) der evangelischen Kirche viel Freude. Sie sieht es auch als ihre Aufgabe an, die Musiker zusammenzubringen: „Ich möchte die Chöre miteinander vernetzen. Einmal im Jahr soll es dann ein gemeinsames Konzert mit allen Gruppen geben.“ Zudem wolle sie die Konfirmanden in die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes einbinden.
„In Heiligenhaus wird das Volkstümliche sehr gepflegt“
In punkto Singen gibt es übrigens auch schon etwas, das Annerose Niedworok in Heiligenhaus begeistert: „Ich erlebe, dass hier das Volkstümliche sehr gepflegt wird und die Leute hier viel mitsingen. Ein solches Rudelsingen, wie ich es bezeichne, kenne ich da aus meiner Heimat in Baden-Württemberg gar nicht“, berichtet sie lachend und betont: „Ich denke auch, dass Musik den Glauben an den dreieinigen Gott fördert.“
Diese Aussage stößt da auch beim Präses auf Wohlwollen: „Frau Niedworok ist genau richtig in ihrem Beruf“, sagt Peter Wahlsdorf – und ist davon überzeugt, dass die neue Kantorin auch weiterhin in der Gemeinde den richtigen Ton treffen wird.