Heiligenhaus. . Die Unesco Realschule setzt sich für ein friedliches Miteinander ein. Der Friedensgang führte zu Diskussionen über Probleme bei der Integration.
Wer etwas bewegen will, der muss sich auch bewegen: Bereits zum zweiten Friedensgang hatte die städtische Unesco Realschule im September eingeladen. Dass sie damit eine große Diskussion über Probleme bei der Integration anstoßen werden, hatten Schulleiterin Sonia Cohen und ihre Stellvertreterin Elisabeth Lux nicht in erster Linie beabsichtigt – doch ein bisschen gehofft. Denn auch sie sehen Probleme in diesem Bereich.
Diskussionen gab es nach dem Friedensgang zur Rede der evangelischen Pfarrerin Birgit Tepe. Auch Spielhaus-Leiter Christoph Meschede meldete sich zu Wort, warf den Organisatoren Naivität vor, mit der Ditib zusammenzuarbeiten. Cohen: „Der Friedensgang zum Engel der Kulturen war für mich weder blauäugig noch naiv. Durch den islamischen Religionsunterricht an unserer Schule leben wir täglich vor, dass friedliches Zusammenleben trotz unterschiedlichen Glaubens möglich ist.“
Ditib-Imam
Hier vor Ort würde sich die Ditib modern aufstellen; der Gemeinde stehe eine Frau vor, Imam Mustafa Dönmez stamme aus Antiochien – einer Region, in der Juden, Christen und Muslime friedlich zusammenlebten. Auch Cohen findet, dass die Ditib sich generell von der türkischen Regierung emanzipieren sollte, „aber um solche Themen anzusprechen, muss das Vertrauen zu dem neuen Imam doch erst aufgebaut werden“, gibt sie zu bedenken. Und das ginge schlecht über Abschottung, „sondern nur über den Dialog“, ergänzt Lux.
Stolz ist die Schulleitung darauf, dass an ihrer Schule alle Kinder in Frieden miteinander leben. Ihre Schule setze sich schon lange für ein gutes Miteinander ein, „und wir sind stolz auf unsere Erfolge, die wir täglich erzielen. Im Kleinen.“ Aber: „Die Schullandschaft ist nicht mehr vergleichbar zu früher“, sagt Rektorin Cohen. „Wir hätten uns vor zehn Jahren nicht vorstellen können, dass wir einmal ein so großes Problem mit Analphabeten oder Schulschwänzern haben – oder mit Kindern, die kein Schulmaterial dabei haben.“
Positive Beispiele bestärken in der Arbeit
Recht geben würden sie dem Spielhaus-Leiter Meschede, dass der Ton der Jugendlichen untereinander rauer geworden ist, „auch wir nehmen wahr, dass das Wort Jude als Schimpfwort benutzt wird.“ Das würde man aber sofort thematisieren, „die Kinder wissen oft nicht, was das bedeutet.“ Mit einer Klasse sei man zur Ausstellung in der Alten Kirche zur Reichspogromnacht gegangen, „viele hat erschüttert, dass auch hier in Heiligenhaus so viel Schlimmes passiert ist“, berichtet Lux.
Doch langsam komme man an die Grenzen der Leistbarkeit, vor allem, seitdem viele Zuwandererkinder an der Schule untergebracht wurden. „Wir sind vor neue Aufgaben gestellt worden, die wir gerne angenommen haben“, so Cohen. Bei vielen Kindern klappe die Integration „wunderbar, unser Jahrgangsbester zuletzt war Syrer.“ Ähnlich wie Meschede sieht die Schulleitung aber vor allem Probleme bei der Integration bulgarischer Familien. „Die Kultur unterscheidet sich schon sehr zu unserer.“
Viel mehr Ressourcen nötig
Für die Arbeit mit Zuwandererklassen brauche es aber viel Zeit und Geduld. „Wir bräuchten dringend mehr Ressourcen, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Es ist ein Skandal, dass in einem reichen Land wie Deutschland nicht genügend Lehrer da sind.“ Auch benötige es an einer Schule in Zukunft auch die Unterstützung von Psychologen, Krankenpflegern und Handwerkern, um den Förderschülern „lebenspraktische Fähigkeiten und Teamarbeit“ näherzubringen.
Entmutigen lassen wolle man sich jedoch nicht. „Wir schaffen es, mit einer schwierigen Klientel gute Arbeit zu leisten“, so Cohen. Aber um das weiter zu garantieren, erhoffen sie sich nun Hilfe von der Politik. „Vielleicht würde ein Integrationsgipfel helfen, sich stärker miteinander zu vernetzen und zielgerichteter zu arbeiten.“
Dass es Probleme bei der Integration gibt, bestreitet auch Schuldezernent Björn Kerkmann nicht: „Wir müssen hier kurz- und auch mittelfristig nachbessern, da sind wir auch im regen Austausch mit den Schulen.“ Mit der Politik müsse man nach Lösungen suchen.
>>> REALSCHULE WÜNSCHT SICH MEHRZWECKRAUM
- Räumlich gelangt die Realschule mittlerweile auch an ihre Grenzen. „Wir würden uns wünschen, wenn unser nicht genutzter Speicherraum zu einem Mehrzweckraum umgestaltet werden würde“, so Sonia Cohen.
- Nutzen könnte man diesen dann zum Beispiel für die Übermittagsbetreuung. „Die muss derzeit in den Klassenräumen stattfinden, was natürlich alles andere als optimal ist“, berichtet die Realschulleiterin weiter.