Heiligenhaus. . Ulrich Heis leitet seit 2008 die Heiligenhauser Feuerwehr. Seitdem ist viel passiert, und einiges wird sich auch noch tun, bevor er 2020 aufhört.

Wenn Ulrich Heis als Sechsjähriger die Sirene im elterlichen Haus betätigen durfte, da war er ganz aufgeregt. Wenn der 64-jährige Feuerwehrchef heute zum Einsatz fährt, dann ist er nur eins: höchst konzentriert. „Man erwartet von uns professionelle Hilfe, da hilft es keinem, vor Ort den Kopf zu verlieren.“

Dass Heis einmal zur Feuerwehr gehen wird, das war ihm quasi schon in die Wiege gelegt worden. Sein Vater war Feuerwehrmann, sein Großvater, „und wer weiß, vielleicht auch schon die Generation davor“, blickt Heis zurück. In der Linderfeldstraße hat er gewohnt mit seinen Eltern, hier, hinter dem Rathaus, war damals die alte Wache. „Wir hatten die Anschlusseinrichtungen für Sirenen und Feldtelefon bei uns. Und wenn ich brav war, dann durfte ich den Sirenenknopf auch mal drücken.“

Jugendfeuerwehr ist Heis sehr wichtig

Feuerwehrchef Ulrich Heis führt die Wehr bereits seit 10 Jahren. Das Einsatzleitauto ist sein Fahrzeug.
Feuerwehrchef Ulrich Heis führt die Wehr bereits seit 10 Jahren. Das Einsatzleitauto ist sein Fahrzeug. © Carsten Klein

Bis er selber einmal ausrücken sollte, sollten aber noch einige Jahre vergehen. 1972, mit 17, ist er damals in die Einsatzabteilung übergetreten, „ohne Ritual, das gab es damals nicht, früher war einfach einer mehr.“ Heute legt er da als Feuerwehrchef Wert darauf, neue Gesichter allen bekannt zu machen, ob am schwarzen Brett oder wenn dem Neuling beim ersten Übungsdienst vor allen Anwesenden die Ausrüstung verliehen wird. Eine Jugendfeuerwehr gab es damals jedenfalls noch nicht, „sonst wäre ich dabei gewesen, aber die kam kurz danach“, erinnert sich Heis, der die hiesige Jugendfeuerwehr sehr wichtig findet. „Das ist unser eigener Nachwuchs, und unsere Ausbildung hier scheint nicht allzu schlecht zu sein“, freut er sich über Feedback anderer Wehren, über einige, die es in Berufsfeuerwehren anderer Städte geschafft haben oder die beruflich einen anderen, aber dennoch sehr erfolgreichen Werdegang hingelegt haben. „Wir vermitteln hier natürlich auch Werte, die auch im normalen Leben eine wichtige Rolle spielen“, so Heis. Werte wie Verantwortung übernehmen, Verlässlichkeit, Zielstrebigkeit, ergänzt er.

Wirklich nachhaltig habe sich in seinen 46 Dienstjahren kein Einsatz auf ihn ausgewirkt. „Na klar gibt es welche, die man nicht vergessen kann und die man mit nach Hause nimmt, meistens sind das die, wo es Brandtote gegeben hat“, erinnert er sich unter anderem an eine mumifizierte Leiche bei einem Wohnungsbrand am Werkerhofplatz. „Aber ich lasse das nicht an mich rankommen.“ Ein ganz wichtiger Teil sei mittlerweile jedoch auch die Nachbesprechung geworden. „Man muss traumatische Ereignisse miteinander bereden. Der eine hört lieber zu, der andere möchte reden, jeder geht anders damit um – wichtig ist, dass nicht geschwiegen wird, sondern jeder die Möglichkeit der Verarbeitung erhält.“ Manche würden dies auch im Privaten tun.

Vom Fahrzeug aus kann Ulrich Heis über das Tablet bereits sämtliche Informationen zum Einsatzort einsehen.
Vom Fahrzeug aus kann Ulrich Heis über das Tablet bereits sämtliche Informationen zum Einsatzort einsehen. © Carsten Klein

Privatleben muss mitspielen

Heis selber ist seit 39 Jahren verheiratet, zwei Töchter hat er und auch schon Enkel. „Wenn die das rote Einsatzleiterauto sehen und der Opa nicht drin sitzt, dann sind die richtig sauer, wer denn da mit Opas Auto rumfährt“, berichtet er lachend. Ein kleiner Hund gehört ebenfalls zur Familie – die ihn auch immer in seinem Job und seinen Bestrebungen unterstützt habe, einmal die Feuerwehr leiten zu wollen, „das geht auch nicht anders, sonst kann man das nicht machen.“ Schon der Standesbeamte habe seine Frau gefragt, ob sie wisse, auf was sie sich bei einem Feuerwehrmann einlasse.

Über die Vereinbarkeit von Privatleben und dem Dienst bei der Freiwilligen Feuerwehr redet Heis auch stets mit Anwärtern, denn wenn der Partner oder auch die Arbeit nicht mitspiele, sei es einfach nicht machbar. Drei bis vier Mal werden Interessierte zum Übungsdienst geladen, dann wird überlegt, ob es generell klappen könnte. Nicht nur für die Neuen, auch für die Kameraden, „denn das Team muss sich später blind aufeinander verlassen können, da muss die Chemie schon stimmen.“ Tut es das nicht, mache es keinen Sinn. „Feuerwehr, das ist Familie. Das Feuerwehrleben macht das Wir-Gefühl und der Zusammenhalt aus.“

Scheunenbrand war wohl der erste Einsatz

Auch beim Einsatz müsse man den kühlen Kopf bewahren, findet Ulrich Heis (links), hier beim Mosca-Großbrand vor zwei Jahren.
Auch beim Einsatz müsse man den kühlen Kopf bewahren, findet Ulrich Heis (links), hier beim Mosca-Großbrand vor zwei Jahren. © Ulrich Bangert

An seinen ersten Einsatz vor 46 Jahren kann er sich nicht wirklich zurückerinnern, „aber es war die Zeit der Scheunenbrände. Die nannte man auch Anwärterfeuer, denn die Scheune brannte voll und man konnte nichts anderes machen als einfach draufzuhalten, bis sie abgebrannt war.“ Aufgeregt sei er nie wirklich gewesen. Wer Heis am Einsatzort beobachtet, wird ihn nie hektisch erleben, „das bringt doch auch nichts. Die Leute erwarten Hilfe, die muss wirken und qualifiziert sein. In der Ruhe liegt die Kraft“, erklärt er seine besonnene, aber entschlossene Herangehensweise.

Das ist wohl seine Handschrift als Wehrleiter, aber wie kam er dazu? „Ich habe mich kontinuierlich hochgearbeitet“, so Heis. Gelernt hat er Maler und Lackierer, mit 45 Jahren hat er dann noch einmal die Verwaltungslaufbahn eingeschlagen. Tätig war er beim Heiligenhauser Ordnungsamt im Außendienst. Seine Feuerwehrlaufbahn begann 1982 mit dem ersten Führungslehrgang, 1994 wurde er stellvertretender Wehrleiter unter Günter Blum. Seit 2008 leitet er die Heiligenhauser Wache als Wahlbeamter. Sechs Jahre dauert die Amtszeit, einmal hat der Rat der Stadt diese bereits verlängert. Oft, da sei schon für Wehrleiter im Alter von 60 Jahren Schluss, „aber durch die neue Laufbahnverordnung ist es möglich, bis zum Eintritt in das gesetzliche Rentenalter zu arbeiten.“ Und das hat Heis auch vor.

In der Ruhe liege die Kraft, so Ulrich Heis.
In der Ruhe liege die Kraft, so Ulrich Heis. © Ulrich Bangert

Neuorganisation der Feuerwehr war nötig

Doch nicht nur auf der Wache und am Einsatzort hat Ulrich Heis jede Menge zu tun, viel Arbeit wartet für ihn am Schreibtisch. Zwei hat er davon: Einen im Rathaus, einen auf der Wache. „Die Leitung der Feuerwehr ist ehrenamtlich nicht machbar“, erklärt er.

Schon immer habe man in Heiligenhaus „spitz auf knapp“ kalkuliert, 2009 wurde durch eine EU-Arbeitszeitverordnung die Organisation der Feuerwehr komplett auf den Kopf gestellt. „So, wie es war, hätte es nicht weitergehen können, das hätte finanziell und personell unseren Rahmen gesprengt.“ Nun musste dafür gesorgt werden, dass die Feuerwehr dennoch genauso handlungsfähig bleibt – und das nur mit Ehrenamtlern. „Es muss jedoch einige Posten geben, die Hauptamtler machen, wie ein Gerätewart.“ Mit anderen vergleichen könne man keine Wache, „das ist immer örtlichkeitsbezogen.“

Heis freut sich über Nils Vollmar als Nachfolger

Trotz der Ehrenamtler verschlinge der Brandschutz 2,6 Prozent des städtischen Haushalts, „wir haben einen tollen Fuhrpark. Und es kostet mich richtig Geld, jemanden mit voller Montur auszustatten. Aber ich will keinem zumuten, getragene Schuhe vom Vormann nehmen zu müssen.“ Die Ausrüstung sei auch eine Motivation, schließlich leisteten die Einsatzkräfte sonst alles ehrenamtlich.

Im Rahmen der Jahresabschlussbesprechung ernannte der stellvertretende Bürgermeister Heinz-Peter Schreven (von links) Nils Vollmar zum stellvertretenden Leiter der Feuerwehr, rechts Wehrleiter Ulrich Heis.
Im Rahmen der Jahresabschlussbesprechung ernannte der stellvertretende Bürgermeister Heinz-Peter Schreven (von links) Nils Vollmar zum stellvertretenden Leiter der Feuerwehr, rechts Wehrleiter Ulrich Heis. © Ulrich Bangert

Bis 2020, so Heis, werde er wohl noch die hiesige Wehr leiten, „Nils Vollmar soll mich einmal beerben, das ist ja ein offenes Geheimnis“, schmunzelt Heis. „Ich bin sehr froh, jemanden wie ihn gefunden zu haben. Man will ja, dass es passt und dass alles in gute Hände übergeht.“ Denn viel Arbeit, aber auch Liebe habe er in die Neuaufstellung der Wehr investiert, „und ich glaube, unsere kann sich durchaus sehen lassen.“

Ein Humor auf den zweiten Blick

Hat Uli Heis ein Motto? „Der beste Wehrführer kommt nicht weiter, wenn seine Mannschaft nicht mitspielt.“ Das tut sie, denn Heis kann zwar auch mal den härteren Umgangston einschlagen, wenn es nötig ist, bei den Kameraden ist er aber geschätzt für seinen väterlichen Rat und seinen Humor. Schlecht ist er wohl nicht, denn Heis hat eine Mannschaft, die voll hinter ihm steht – das ist nicht nur gut für die Kameradschaft, sondern das Beste für die Sicherheit in dieser Stadt.

>>> FEUERWEHR SUCHT WEITERE FREIWILLIGE

  • Interessierte sind jederzeit zum Übungsdienst an der Friedhofsallee 1 eingeladen. Statt findet dieser jeden zweiten Fre itag, nachzusehen sind die Termine auf fw-heiligenhaus.de. Nächster Termin ist wegen Ostern ausnahmsweise Donnerstag, 29. März, ab 19 Uhr.


  • Alle Folgen der Serie gibt es auf waz.de/feuerwehrleben