Heiligenhaus/Bochum. . Fachhochschulen haben kein Promotionsrecht, sie kooperieren aber jetzt mit dem Graduierteninstitut NRW, auch am Campus in Heiligenhaus.

Professor Dr. Marco Schmidt ist ein Pionier an der Hochschule Bochum. Am Heiligenhauser Campus lehrt er Informatik und Robotertechnik und betreut jetzt eine besondere Doktorarbeit. „Fachhochschulen haben kein Promotionsrecht, unsere Studenten konnten bisher nur an Universitäten eine Doktorarbeit schreiben. Doch das Ganze verändert sich.“ Zwar hat die Hochschule weiterhin kein Promotionsrecht, sie kooperiert nun aber mit dem Graduierteninstitut für angewandte Forschung der Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen (GI NRW). Daher ist Schmidt nun der Doktorvater seines Studenten Christof Kaufmann.

Hürden für die Mitgliedschaft im Graduierteninstitut sind sehr hoch

„Wir machen keine zweitklassige Promotion“: Professor Dr. Marco Schmidt ist von der Qualität der Doktorarbeiten überzeugt, die von Fachhochschulen betreut werden.
„Wir machen keine zweitklassige Promotion“: Professor Dr. Marco Schmidt ist von der Qualität der Doktorarbeiten überzeugt, die von Fachhochschulen betreut werden.

„Wir sind alle froh, dass wir jetzt durch das Graduierteninstitut Doktorarbeiten betreuen können.“ Fachhochschulen müssten dennoch gegen Vorurteile kämpfen. „Wir machen keine zweitklassige Promotion“, sagt Schmidt entschieden, „Fachhochschulen betreiben super Forschung und wenn man gut eine halbe Millionen Euro an Drittmittel einwirbt, ist das nicht schlecht.“ Ohnehin seien die Hürden für eine Mitgliedschaft im Graduierteninstitut sehr hoch, bei der Forschung und bei Drittmitteln. Die Mitgliedschaft ist Voraussetzung für die Betreuung von Doktorarbeiten. Zudem schaue die Wissenschaft derzeit besonders auf die Fachhochschul-Doktorarbeiten, weil diese neu seien.

Die Universitäten sind zudem nicht komplett außen vor, denn das Institut setzt auf kooperative Promotionen. So sind auch Uni-Professoren in Fachgruppen vertreten, wo konkrete Forschungsprojekte und Promotionsvorhaben ausgearbeitet werden. Universitäten sind auch durch Gutachter beteiligt, wenn eine Doktorarbeit bewertet wird.

Computeralgorithmus für Satellitenbilder

Der Informatiker Christof Kaufmann ist einer der ersten Studenten an der Hochschule Bochum, die diese kooperative Promotion über das Graduierteninstitut wagen, bei der Fachhochschulen und Universitäten zusammenarbeiten. Die hohen Qualitätsansprüche brauche er nicht fürchten, sagt sein Doktorvater: „Er ist sehr talentiert“, lobt Schmidt. Dagegen gibt sich der Doktorand, der in Heiligenhaus studiert, bescheiden: „Ich möchte sehen, was ich alles mit meiner Forschung erreichen kann.“

Für die nächsten drei bis fünf Jahre wird er an einem Algorithmus für Computer weiterarbeiten, den er im Studium entwickelt hat. Dieser erlaubt, Fernerkennung mit Satellitenbildern zu verbinden. „Die Ernte auf den Feldern ist der Hauptanwendungsbereich“, denn mithilfe dieser Software können Bauern Aussagen treffen, wie sich die Ernte entwickelt. Dazu macht der Algorithmus „einen großen Flickenteppich von ungenauen bis sehr scharfen Bildern“ interpretierbar und dies möglichst benutzerfreundlich und schnell.

„Mit meiner Software will ich die Welt verändern“

Dies sei gerade für Landwirte wichtig, erläutert Schmidt, die so riesige Felder haben, dass sie sie nicht regelmäßig selbst erkunden können, ob in Deutschland oder etwa in Nordamerika. Mittelbar helfe der Algorithmus auch der Gesellschaft, denn durch die Daten könnten Bauern ihre Ressourcen, zum Beispiel Dünger, viel effizienter einsetzen. International beachtet wurde diese Forschung bereits in Australien, wo der Professor sie kürzlich vorstellte. Dort glauben Fachleute, die Software auch bei Waldbränden einsetzen zu können.

Kaufmann möchte, dass möglichst viele Menschen Nutzen aus seinem Algorithmus ziehen können, daher soll er auch kostenlos verfügbar sein. „Ich bin schon sehr gespannt, was alles machbar ist“, sagt der 31-jährige Heiligenhauser, „aber es gibt noch viele offene Probleme, die ich lösen will.“ Dass er durch die Promotion nun weiterforschen kann, freut ihn daher sehr. Der Bund unterstützt Kaufmanns Projekt finanziell, zudem sind Experten für Fernerkennung der Universität Würzburg beteiligt. Christof Kaufmann will aber nicht nur Lösungen für komplexe Probleme der Informatik finden, es geht ihm um mehr: „Mit meiner Software will ich die Welt verändern.“

Forschungsstarke Professoren sollen Mitglied werden

An der Hochschule Bochum hat er durch seine kooperative Promotion bereits Geschichte geschrieben. Professor Dr. Marco Schmidt ist aber sicher, dass künftig in Heiligenhaus viele weitere solcher Doktorarbeiten folgen werden. Zudem empfiehlt er allen forschungsstarken Fachhochschul-Professoren, sich um eine Mitgliedschaft im Graduierteninstitut zu bewerben um die angewandte Forschung an Fachhochschulen durch Promotionen zu stärken.

>>>Geschäftsstelle sitzt an der Hochschule Bochum

  • 21 Hochschulen sind derzeit Mitglied im Graduierteninstitut für angewandte Forschung der Fachhochschulen NRW (GI NRW).
  • Die Geschäftsstelle des Graduierteninstituts hat ihren Sitz an der Hochschule Bochum.


  • Geschäftsführerin des GI NRW ist Dr. Carolin Schuchert.

  • Weitere Informationen gibt es auf www.gi-nrw.de.