Heiligenhaus. . 22 Jahre war Müller Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde. Nun zieht es ihn an die holländische Grenze. Was er in Heiligenhaus erlebt hat.
- Aus rein privaten Gründen wird Pfarrer Horst-Ulrich Müller die Heiligenhauser Gemeinde verlassen
- Übernehmen wird er die evangelische Gemeinde in Waldniel in Schwalmtal an der holländischen Grenze
- Gerne erinnert er sich an die Zeit in Heiligenhaus zurück, vor allem an die Zeit im Haus der Kirche
Zufrieden betrachtet Pfarrer Horst-Ulrich Müller die Miniatur der Alten Kirche. Diese steht in der Sakristei, hier, an dem Rückzugsort vor und nach jedem Gottesdienst, einer der Plätze, die für Müller in den vergangenen über 20 Jahren eine zweite Heimat geworden ist. Er wirkt glücklich, wenn er diese, seine Heimat in Miniformat betrachtet, doch seine Zeit in Heiligenhaus ist nun leider vorbei. Am 30. September wird Müller seinen Abschiedsgottesdienst halten und damit die hiesige Gemeinde verlassen.
Es sind rein private Gründe, die zu diesem Schritt führen, schildert Müller. Denn glücklich, dass sei er in Heiligenhaus wirklich immer gewesen, betont er: „Ich war sehr gerne Pfarrer dieser Gemeinde, es hat mir viel Spaß gemacht.
Horst-Ulrich Müller wird nach Waldniel ziehen
Nun wird er jedoch ab 1. Oktober die Gemeinde Waldniel, ein Ortsteil der Stadt Schwalmtal, führen. „Es ist eine kleine Kapelle, man kann es mit der ehemaligen Hetterscheidter vergleichen. Dort werde ich weiter die Ökumene ausbauen, die dort sagenhaft funktioniert“, berichtet Müller. Weiter ausbauen wolle er dort auch kulturelle Veranstaltungen.
1994 war er gemeinsam mit Frau Kirsten Müller nach Heiligenhaus gekommen. „Heiligenhaus war damals schrecklich“, erinnert er sich an seinen ersten Eindruck zurück. „Nicht die Gemeinde, sondern die Stadt selber. Die Hauptstraße war laut, dreckig, stark befahren. Das war nicht schön, hier in der Sakristei zu sitzen.“ Da habe sich doch seitdem Heiligenhaus zu einem wahren Schmuckstück gemausert – und auch die Verbindung zur Stadt selber habe sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt.
In der Jugendarbeit eine neue Aufgabe gefunden
Als Pfarrehepaar teilten er und Frau Kirsten sich die Stelle. „Es war für uns immer schon ein Traum, uns eine Pfarrstelle zu teilen und hier in der Gemeinde hat man uns herzlich aufgenommen“, erinnert sich Müller zurück. Mit den „erfahrenen alten Recken“ Wiefelspütz, Voss, Kirchner und Puls habe er da gearbeitet, „aber man hat uns junge Küken sehr freundschaftlich und fair aufgenommen und eingebunden, das war ganz toll.“
Als mit 32 Jahren junger Pfarrer war er dann auch gleich als Jugendpfarrer tätig, „da hatte ich bis dato noch keinerlei Erfahrungen mit. Hier lief mit Steffen Viehoff eine unglaubliche Jugendarbeit.“ Eine unvergessliche Zeit sei es gewesen, „es war eine tolle Gemeinschaft im Haus der Kirche, immer rappelvoll und wir haben viele, viele Fahrten unternommen.“ An das „riesige Haus der Kirche, dieses beeindruckende und eigentlich viel zu Große“, erinnert er sich heute noch gerne zurück. „Das war für viele ein Stück Heimat und viele waren sehr traurig, als es abgerissen wurde.“
Schwere finanzielle Zeiten der evangelischen Kirche
Denn nicht immer sei die Arbeit einfach nur schön und einfach gewesen, 2007 kam der finanzielle Tiefpunkt. „Wir waren pleite, aber wollten das nicht wahr haben. Wir konnten als Kirche nur überleben, in dem wir Kirchen verkaufen. Das war ein unglaublich schwerer Schritt für viele, der nicht einfach gefallen ist.“ Denn klar sei gewesen, dass Kirchen verkauft werden müssten – aber seine eigene, die wollte natürlich keiner schließen. Müller: „Unser Motto war letztendlich: Lasst uns in der Mitte sammeln.“Nachdem die ehemaligen Gemeindezentren in der Wassermangel und in Hetterscheidt verkauft wurden, wird man sich auch im nächsten Jahr vom Gemeindezentrum Oberilp verabschieden. Die Alte Kirche und die Dorfkirche in Isenbügel werden erhalten.
Doch nicht nur den Wandel der evangelischen Kirchengemeinde in Heiligenhaus konnte er begleiten, auch persönlich hat Pfarrer Müller in seiner Zeit hier seinen persönlichen Stil gefunden. Galt er anfangs noch als eher steif und stark theologisch in seinen Predigten, konnte er nun die Gemeinde durch seine humorvolle Art überzeugen. „Eine gute und richtige Theologie war mir immer wichtig. Manchmal war meine Predigt aber zu anspruchsvoll. Ich habe dann versucht, das Anspruchsvolle locker herüberzubringen.“
Frei predigen war für Müller der neue Stil
Nun würde er frei predigen, „dadurch hat man mehr Kontakt zur Gemeinde, anders als bei vorgefertigten Texten.“ Gelernt habe er dies auch durch die Arbeit mit den Konfirmanden. „Bei meinen Vorbereitungen muss ich wissen, was ich sagen will und das dann ganz klein und einfach rüberbringen. Das habe ich dann einfach kopiert und versucht, frei zu formulieren.“
Wichtig, so Müller, sei es ihm eins immer gewesen: „Ich wollte Leute ermutigen zu einem eigenen Glauben. Zu einem fröhlicheren, leichteren Leben. Der Humor hat dabei viel geholfen – das Schwere kann man so ein Stückchen leichter machen.“ Den Leuten habe er die Augen öffnen wollen, in dem eigenen Glauben mehr in die Weite zu sehen statt nur den kurzen Blick.
Kultur und Kirche miteinander verbinden
Noch etwas anderes hatte Müller entdeckt, und zwar seine Begeisterung für Kultur. Viele Veranstaltungen hat er initiiert, wie die Go-Samstage, die Literaturabende, die Musikabende, die Singing People mit gegründet. „So ist es uns auch gelungen, bürgerliche Kulturinteressierte in die Kirche zu locken, die zum normalen Gottesdienst nicht kommen würden“, berichtet er. Dadurch sei der ein oder andere dann vielleicht auch mal in den normalen Gottesdienst gekommen, aber wichtiger, so Müller: „Ich selber hatte das gefunden, was mein Eigenes ist, und andere haben sich mit begeistern lassen.“
Hier fällt es Müller jedoch auch sichtlich schwer, Abschied zu nehmen. „Ich hatte ein sagenhaft tolles Team, gerade auch bei den Kulturabenden mit Bernd Liffers, das war eingespielt, das war einfach super.“ Gerne erinnert er sich an die musikalischen Vortragungen der Arche-Noah-Geschichte im Familiengottesdienst, wenn Müller und Liffers sich an Tierstimmennachahmungen versuchten.
Das Dienstfahrzeug ist in der neuen Heimat das Rad
Nach Heiligenhaus zurückkehren wird Müller rein privat sicherlich immer mal wieder, doch nun will er sich erstmal voll und ganz auf die neue Wirkstätte an der holländischen Grenze einlassen. „Hier fahren alle Pfarrer Fahrrad“, berichtet er lachend. Der Hobby-Radler freut sich darauf, sogar eine Spritztour nach Roermond sei problemlos möglich.
Die Gemeinde hier verlässt er mit einem guten Gefühl. „Heiligenhaus wird drei tolle Pfarrerinnen behalten. Jede ist anders und spricht ein anderes Klientel an.“ Das Presbyterium habe eine sehr weise Entscheidung getroffen. Die Gemeinde sei bestens aufgestellt, „sowohl von den Menschen als auch von den Gebäuden. Ich freue mich natürlich auch besonders, dass das neue Haus der Kirche wieder ein Mittelpunkt geworden ist.“
>>> ABSCHIEDSGOTTESDIENST
- Am Samstag, 30. September, findet der Abschiedsgottesdienst von Pfarrer Horst-Ulrich Müller statt. Los geht der Go-Samstag-Gottesdienst um 18 Uhr in der Alten Kirche.
- Nach dem Gottesdienst wird es noch ein wenig gesellig bei einem kleinen Abschieds-Umtrunk für die Gemeindemitglieder, bei dem man sich persönlich von Horst-Ulrich Müller verabschieden kann.