Heiligenhaus. . Als Notfallseelsorger hat der Heiligenhauser Pfarrer Horst-Ulrich Müller vielen Menschen in schwerer Stunde geholfen. Manche Situation ist auch für ihn bedrückend.
Zwei Todesopfer forderte kürzlich ein Unfall auf der Abtskücher Straße. Ein Autofahrer übersah zwei Senioren, als sie die Straße überqueren wollten und erfasste die Fußgänger. Sie starben noch an der Unfallstelle. Der Autofahrer erlitt einen Schock, ein Notfallseelsorger betreute ihn.
Notfallseelsorge – wie funktioniert das? Die WAZ sprach mit Pfarrer Horst-Ulrich Müller, der zwar nicht im jüngsten Fall gerufen wurde, jedoch aus seinem Dienst viele ähnlich tragische und berührende Situationen kennt. „Wir sind quasi eine erste Hilfe für eine Übergangszeit, bis jemand Vertrautes sich kümmern kann“, beschreibt er den Kontakt zu demjenigen Menschen, „der in dieser Situation erst einmal verzweifelt ist, völlig konfus und oft eben auch allein“.
Die Entscheidung, ob eine Begleitung notwendig ist, trifft der Notarzt. Benachrichtigt wird der diensthabende Pfarrer oder die Pfarrerin dann durch die Polizei beziehungsweise die Feuerwehr. Alle evangelischen Pfarrer des Kirchenkreises Niederberg sind in den Dienstplan eingebunden, ebenso Pfarrer Alfons Demand von der katholischen Pfarrgemeinde.
Zweimal im Jahr hat Horst-Ulrich Müller Dienst, für eine Woche – Tag und Nacht. Eine anstrengende Zeit. „Wenn nachts das Handy klingelt um zwei, drei Uhr, dann muss man erst mal selbst zu sich kommen und sich stärken“, berichtet Müller. Denn der Einsatz kann zwei bis drei Stunden in Anspruch nehmen, „oft kommt wenig später schon der nächste Anruf“. Manchmal passiere tagelang nichts, „aber da man immer in Bereitschaft ist, sucht man sich Aufgaben, die Unterbrechungen erlauben.“
Ohne Ansehen der Person und des Religionsstatus’ kümmert sich der Notfallseelsorger. Tröstende Worte beispielsweise für eine Frau, deren Mann verstorben ist. „Wir wissen, was zu tun ist, wie etwa den Bestatter zu informieren und ähnliches. Wir hören zu, ordnen seelisch die Situation.“ Das Abschiednehmen wird mit einem Gebet und dem Entzünden einer Kerze begleitet. „Der Verstorbene wird im Bett aufgebahrt, bevor der Bestatter seine Arbeit tut.“ Wenn Verwandte oder nahe stehende Personen eintreffen, darf der Seelsorger gehen.
Bedrückende Situationen, die ihm nahe gehen, bleiben auch für den Pfarrer nicht aus. Der Besuch in einem Zimmer, in dem sich ein Mann erhängt hat. Oder die Betreuung der Angehörigen der Loveparade-Opfer. „Das Unglück war passiert, alles beseitigt. Und doch bleibt die Beklemmung, wenn man den Ort wieder aufsucht. Auch den Polizisten ist das nahe gegangen, sie brauchten ebenfalls Beistand.“
Jeder Notfallseelsorger hat eine Fortbildung gemacht, um mit Notfallsituationen umgehen zu können. Eine Seelsorge für den Seelsorger, die Supervision, gebe es allerdings nicht. Das müsse man dann im Kollegenkreis aufarbeiten.
Oft genug habe er aber auch das positive Gefühl, so Müller, den Betroffenen geholfen zu haben. „Schüler, die einen Mann beim Fall von der Brücke Abtskücher Straße mitbekamen, haben das nach einem Gespräch ganz gut verpackt. Dafür sind wir da.“