Heiligenhaus. Vor 500 Jahren verfasste Martin Luther seine 95 Thesen. Schon 1560 wurde Heljens dann evangelisch. Doch zunächst lief es nicht rund.

  • In diesem Jahr gibt es im Luther-Jahr ein besonderes Jubiläum für die evangelische Kirche
  • Vor 500 Jahren schlug Martin Luther 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg
  • Pfarrer Horst-Ulrich Müller berichtet, wie die Reformation nach Heiligenhaus gekommen ist

Als Martin Luther vor 500 Jahren laut Überlieferung seine 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg anschlug, da konnte er nicht erahnen, dass er damit gleich die Reformation auslöste. Auch in Heiligenhaus traten die neuen Konfessionen rasch ihren Siegeszug an: 1560 ging die Kapelle in der Stadt in den Besitz der Protestanten über, Heiligenhaus wurde evangelisch. Doch schnell kam es zu Streitigkeiten, wie Pfarrer Horst-Ulrich Müller erläutert.

Oblaten satt Brot zum Abendmahl

Dass sich überhaupt Protestanten in Heiligenhaus bekennen durften, lag zunächst aber an Wilhelm V., einem ausgesprochen liberalen Herzog vom Berg. Dieser war zwar katholisch und hätte gemäß den Vereinbarungen des Reichstages im Jahr 1555 (Augsburger Religionsfrieden) nach dem Grundprinzip verfahren können: „Wem die Region gehört, der bestimmt die Religion“, wie Pfarrer Müller erläutert.

Das habe der Herzog, der in seiner Jugend den humanistischen Lehrer Konrad Heresbach gehabt habe, aber nicht so gehandhabt. Müller: „Er setzte auf religiöse Toleranz. Die Menschen in Heiligenhaus wurden Protestanten, weil sie es durften – und nicht mussten.“ Schon bald habe es so gut wie keine Katholiken mehr hier gegeben.

Die Kapelle stand einst auf dem Kirchplatz

Am Kirchplatz stand einst die evangelische Kapelle.
Am Kirchplatz stand einst die evangelische Kapelle. © Heinz-Werner Rieck

Die neue evangelische Gemeinde bestand sowohl aus reformierten Protestanten als auch aus Lutheranern. „Bis 1600 ging es auch ganz gut, alle lebten verträglich miteinander“, schildert Müller. Die Protestanten teilten sich auch schiedlich-friedlich die im 15. Jahrhundert erbaute Kapelle, die am heutigen Kirchplatz stand. An das alte Gotteshaus erinnert dort noch ein Gedenksiegel.

Doch ab 1600 ging der Bruderzoff los, als der erste lutherische Pfarrer kam. Und der führte Revolutionäres ein, wie Müller erläutert: „Er nahm für das Abendmahl Oblaten statt Brot und wollte wieder ein Kruzifix in der Kapelle aufhängen. Das ging natürlich gar nicht.“

Jesuiten zogen durchs Land

Mitten in die daraus resultierenden Konflikte, wer denn nun in Heiligenhaus predigen durfte, platzte aber der Dreißigjährige Krieg. „Die Katholiken gründeten eine anti-reformatorische Truppe, die Jesuiten, die auch mit Gewalt versuchte, die Obrigkeit zum Übertritt zum Katholizismus zu bewegen.“ Diese „spanische Truppe“, wie sie genannt wurde, zog auch plündernd durchs Land – Heiligenhaus wurde allerdings von den Soldaten verschont.

Jedoch wurde das Gerücht verbreitet, die Kapelle in der Stadt sei zum Viehstall umfunktioniert worden – was die Obrigkeit wiederum auf den Plan rief: „Sie verbot alle evangelischen Gottesdienste in Heiligenhaus“, führt Müller aus.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg kam allerdings wieder Bewegung in das evangelische Leben in der Stadt. „Zunächst gab es aber nur fünfmal im Jahr einen Gottesdienst“, berichtet Pfarrer Müller. Zudem brach der Zwist zwischen Reformierten und Lutheranern erneut aus. Bis man 1681 einen Kompromiss fand: „Dann wurden die Gottesdienste im Wechsel alle 14 Tage abgehalten und die Kosten wurden geteilt.“

Union der Protestanten kam dann 1920

Irgendwann reichte es den reformierten Protestanten nicht, nur alle 14 Tage einen Gottesdienst abzuhalten: Sie bauten nach Aussagen von Pfarrer Horst-Ulrich Müller um 1700 herum ein Predigthaus für regelmäßigere Gottesdienste. Zudem errichteten sie eine Schule und einen evangelischen Friedhof. Auch wurden Gemeindegrenzen gezogen. Doch keine 100 Jahre später waren Predigt- und Schulhaus marode. 1782 wurde die Alte Kirche an der Hauptstraße gebaut.

Da wollten die Lutheraner nicht nachstehen und errichteten daraufhin eine eigene Kirche, die sich am Alten Pastorat befand. Die nicht mehr benötigte Alte Kapelle wurde 1822 verkauft und abgerissen. 1918 fiel die Kirche der Lutheraner ein, „Zwei Jahre später kam es zur Union der Reformierten und Lutheraner, der Bruderstreit hörte auf“, so Müller. Rund 8500 Protestanten leben heute in der Stadt, sagt der Pfarrer – das seien in etwa so viele wie Katholiken, die vor allem im Zuge der Industrialisierung nach Heiligenhaus zogen.