Heiligenhaus. . Sparkasse, Polizei, Gastronomie, viele Branchen machen Vorschriften, wie man sich an heißen Tagen kleiden darf. Tattoos sind auch ein Problem.
- An heißen Tagen ist kurze Kleidung in einigen Branchen tabu. Zudem mögen nicht alle Arbeitgeber Tattoos
- Tätowierer Semphy weiß, dass die bunten Hautbilder längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind
- „Inzwischen kommen alle zu mir, von der Physiotherapeutin bis zum Jugendrichter“, sagt Semphy
Viele Heiligenhauser haben den Sommer noch nicht aufgegeben und hoffen auf heiße Tage. Dagegen finden Arbeitnehmer nicht gut, wenn sich das Büro in einen Glutofen verwandelt. Doch auf der Arbeit sind Grenzen gesetzt, wie sommerlich man sich anziehen darf. Einige Regeln verbieten etwa Männern, die Unterarme oder Waden zu entblößen, doch Chefs können auch Anstoß an Tätowierungen nehmen.
„Wer eine Tattoo hat, sollte es nicht zeigen“, sagt Sparkassensprecher Lutz Strenger. „Das passt nicht zu uns, und das weiß jeder, der sich für den Beruf entschieden hat.“ Zum Erscheinungsbild der Kreissparkasse Düsseldorf gehöre zudem, keine kurzen Hosen zu tragen. Bankkauffrauen hingegen dürfen kurze Röcke tragen. „Die Damen sind im Sommer in unserem Beruf bevorteilt, weil sie sich luftiger anziehen können.“ Strenger kennt keinen Fall, bei dem ein Kollege gegen diese Ungleichbehandlung protestiert hätte – schon gar nicht so wie der unlängst Brite, der im Rock zur Arbeit kam.
Polizisten dürfen sich stechen lassen – mit Einschränkung
Doch alles sei auch für die Damen nicht erlaubt. So sei kürzlich eine junge Kollegin nach Hause geschickt worden, weil ihr Rock zu kurz war. Drastischer war der Verstoß eines Bankkaufmanns: Er trug ein Netzhemd trug. „Das war aber in den Siebzigern.“
Auch die Polizei hat Regeln, die das Erscheinungsbild betreffen. Sie scheint aber kulanter zu sein, als die Bankbranche. So sei zwar ein einheitliches Erscheinungsbild wichtig, sagt eine Sprecherin des Innenministeriums, doch „eine kleine Tätowierung ist kein Einstellungshindernis“. Ob sie zu sehen sein darf, hänge davon ab, ob das Motiv das Vertrauen in die Polizei gefährde. Grundsätzlich gebe es für sichtbare Tätowierungen immer eine Einzelfallentscheidung.
Nicht mehr nur für die harten Jungs
Ähnlich handhabt es auch der Pflegedienst Kniebeler. „Wir haben tätowierte Mitarbeiter“, bestätigt Pflegedienstleiterin Désirée Ropertz. Diese würden darauf achten, sie zu bedecken, wenn Pflegebedürftige sich dadurch gestört fühlen. „Bei uns zählen Leistung und Persönlichkeit, Tätowierungen sind kein Kriterium.“
Ob im Gastgewerbe luftige Kleidung oder Tattoos erlaubt sind, lässt sich nicht pauschal sagen, weiß Thomas Kolaric, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Nordrhein. „Es gibt keinen Tarifvertrag, der Tätowierungen verbietet“, doch gebe es Hotels und Restaurants mit Dienstkleidung. Konservative Arbeitgeber könnten offen getragene Tätowierung rigoros untersagen. „Es gibt aber auch Läden, wo sie zum Konzept passen und geradezu verlangt werden.“
Längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen
In Heiligenhaus seien Tattoos längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, weiß der Tätowierer Semphy. „Früher waren Tattoos ausnahmslos für die harten Jungs. Das ist aber seit 30 Jahren anders. Inzwischen kommen alle zu mir, von der Physiotherapeutin bis zum Jugendrichter. Aber die härtesten sind oft Polizistinnen, die trauen sich viel.“ Wer sich Tinte unter die Haut stechen lasse, habe sich dies ohnehin sehr gut überlegt. „Und wenn mein Tattoo nicht zu meinem Job passt, dann passt der Job wohl nicht zu mir.“
Kundin Betty lässt sich gerade von Semphy einen Totenschädel auf dem Oberschenkel verewigen. Die 41-jährige Mutter und Hausfrau hat viele Tattoos, das erste bekam sie mit 21. Die türkischen Worte für Papa und Mama ließ sie sich erstauf die Handknöchel stechen, als sie nicht mehr Restaurantleiterin war. „Wenn man Kinder hat, ist das für viele Arbeitgeber abschreckender als eine Tätowierung“, sagt sie. Ihr Gesicht und der Hals bleiben für Semphy und seine Zunft aber tabu. Sie wisse aus Erfahrung, dass die bunten Hautbilder gerade Kinder eher faszinieren als abstoßen.
Tattoo symbolisiert Tierliebe
Dagegen erwartet André Plambeck (54) keine beruflichen Probleme mit seiner ersten Tätowierung. Er arbeitet im Büro einer Gießerei und bekommt ein Motiv gestochen, dass seine Tierliebe symbolisiert. Er gehört zum Tierschutzverein Protect Animals With Us (Pawu) und trage auch auf der Arbeit entsprechende T-Shirts. Sowohl Betty und André Plambeck sind davon überzeugt, dass sie in Heiligenhaus niemand anstarren wird, wenn sie an heißen Tagen kurze Kleidung tragen.
>>> Regeln dürfen keine einzelnen Personen betreffen
- „Ein Arbeitgeber hat ein Weisungsrecht“, sagt Arbeitsrechtsexperte Markus Nasch von der Düsseldorfer Industrie- und Handelskammer (IHK). Dazu zähle etwa, dass man auch im Sommer langärmlige Hemden vorschreibt oder keine Tattoos zu sehen sind.
- Nasch: „Er darf sich aber nicht einen einzelnen Arbeitnehmer herauspicken. So eine Regelung muss ohne Ansehen einzelner Personen getroffen werden.“