Heiligenhaus. . Im Sommer wird mit dem Abriss das letzte Kapitel in der Geschichte der Gießerei August Hitzbleck Söhne geschrieben. Zeit für einen Rückblick.
Zwei Männer in schwerer Arbeitskleidung tragen einen Bottich voll mit geschmolzenem Eisen durch die Fabrikhalle. Die leuchtend gelbe Flüssigkeit strahlt so viel Hitze ab, dass den Männern Schweißperlen von der Stirn rinnen – Ein Bild, wie es in der Eisen- und Tempergießerei August Hitzbleck Söhne GmbH jahrzehntelang zu sehen war. Auch die Arbeiter mit ihren schwarzen Gesichtern prägten in ihrer Mittagspause die Innenstadt.
Doch die Maschinen sind seit dem Firmen-Aus in der Finanzkrise im Jahr 2009 längst verstummt. In diesem Sommer wird das Firmengelände an der Westfalenstraße abgerissen und weicht dem Nahversorgungszentrum. Damit geht eine mehr als 100-jährige Heiligenhauser Erfolgsgeschichte zu Ende.
Heiligenhaus war stets bekannt für seine Industrie
Die Wurzeln der Familie Hitzbleck liegen im Bergischen Land. Sie kannten die Region und ihren stählernen Puls. Denn bereits lange bevor August Hitzbleck 1898 die Eisengießerei gründete, war das kleine Straßendorf Heiligenhaus bekannt für seine Industrie. Der Firmengründer trat also in die Fußstapfen einer langen Tradition – auch familiär gesehen.
Denn bereits August Hitzblecks Vater Heinrich betrieb eine Schlossschmiede. Dort, auf einem kleinen Kotten zwischen Heiligenhaus und Kettwig, erlernte auch August das Schlosserhandwerk. Der Bedarf nach Schloss- und Beschlägeteilen wuchs mit den Jahren immer schneller und so beschloss August Hitzbleck gemeinsam mit seinen drei ältesten Söhnen, eine eigene Firma zu gründen.
Den Grundstein dafür legten die vier Mitte der 1890er Jahre mit dem Kauf eines Grundstücks im Zentrum des Dorfes. Zu dieser Zeit war Heiligenhaus noch nicht selbstständig, sondern gehörte zu Velbert. Auch darf man sich das Straßenbild längst nicht so vorstellen, wie es heute ist. Zu dieser Zeit war das heutige Innenstadtgebiet von Grün durchzogen. Zwischen dem Rathaus und der Firma Hitzbleck ragte der Turm der alten Feuerwache in die Luft. Vom Rathauscenter, dem Basildonplatz oder der Westfalenstraße fehlte jede Spur.
Der Fortschritt hielt Einzug in den Fabrikhallen
Hinter den schweren Toren der Fabrikhallen hielt schnell der Fortschritt Einzug. 1910 nahm August Hitzbleck die erste Heiligenhauser Dampfmaschine in Betrieb. Nur 18 Jahre später ging es bereits mit Volldampf in die Zukunft. Die Gießerei wurde erweitert und ein zweiter Schmelzofen angefeuert.
Das schnelle Wachstum seiner Firma erlebte Gründer August Hitzbleck allerdings nicht mehr – er starb 1923. Mit dem Tod Hitzblecks ging das Unternehmen an seine Söhne. Zu diesem Zeitpunkt waren es jedoch nur noch zwei. Denn Albert starb noch vor seinem Vater im Zweiten Weltkrieg. Hermann Hitzbleck kümmerte sich um die kaufmännische Leitung und Ernst um die technischen Dinge.
Betrieb überstand den Zweiten Weltkrieg
Nach den Wirren des Ersten und mitten im Gefecht des Zweiten Weltkrieges wagten die beiden Brüder den nächsten Schritt und übernahmen die Heiligenhauser Eisengießerei Bärsch. In den Fabrikhallen hinter dem Rathaus wurde weiterhin der stark gefragte Temperguss hergestellt, während im neuerworbenen Werk Grauguss betrieben wurde.
Doch der Zweite Weltkrieg zog nicht einfach ohne Spuren über beide Betriebe hinweg. Starke Schäden zwangen die Brüder dazu alle Maschinen zu stoppen und die Produktion auf Eis zu legen, bis der Wiederaufbau nach Kriegsende abgeschlossen war. Einfach den Startknopf konnten sie aber auch dann nicht drücken. Ernst und Hermann brauchten zuerst die Produktionsfreigabe durch die britischen Besatzungsmächte.
Nachdem die Produktion wieder angelaufen war, legten die Brüder die Geschicke der Firma 1947 in andere Hände – wenn auch in familiäre. Dr. Erich und Fritz Hitzbleck übernahmen die technische Leitung, Hermann Schwenkel war ab sofort kaufmännischer Leiter. Letzterer gehörte als Schwiegersohn von Hermann Hitzbleck ebenfalls zur Familie.
2009 kam das überraschende Aus für die Firma
Nicht nur die Leitung der Firma ging in die nächste Generation über, auch die Technik. Der Form- und Gießereibetrieb wurde mechanisiert. Zu Spitzenzeiten bedienten mehr als 200 Mitarbeiter die Maschinen.
Allerdings breitete sich nicht nur die Schwerindustrie im Stadtkern weiter aus, auch die Stadt selbst wuchs. 1981 wurden Überlegungen, die Firma aus dem dicht besiedelten Gebiet zu verlegen, verworfen. Ein Standort für den Umzug fand sich nicht. Zu diesem Zeitpunkt wurden 4500 Tonnen Waren pro Jahr produziert. Hitzbleck stellte zu Beginn der 90er nicht mehr nur Schlösser und Beschläge her, sondern auch Produkte für Automobilindustrie und Werkzeugbau. Der Familienbetrieb konnte es sich 1990 leisten, das Betriebsgelände hinter dem Rathaus völlig neu zu gestalten. Mitte der 90er Jahre kam der blau-weiße Anbau hinzu.
Doch 19 Jahre später war die Firma in der Finanzkrise nicht mehr zu retten. 2014 erwarb die Stadtentwicklungs- Bodengesellschaft das Gelände. Bald rücken die Abrissbagger an und machen die Gebäude dem Erdboden gleich.
Haben Sie noch Erinnerungen an Hitzbleck? Melden Sie sich bei uns unter 02056/985312 oder redaktion.heiligenhaus@waz.de.