Hattingen. Das Verfahren wegen Veruntreuung gegen eine ehemalige Buchhalterin wurde gegen eine Geldauflage eingestellt. Die Gutachter attestierten der Kreishandwerkerschaft eine schlechte Geschäftsführung und mangelnde Aufsicht.
Eine ehemalige Buchhalterin der damaligen Kreishandwerkerschaft Ennepe-Ruhr hatte zwischen 2007 und 2010 rund 80 000 Euro veruntreut. Trotzdem stellte das Wittener Amtsgericht das Verfahren gegen die 30-Jährige unter Geldauflage ein – auch weil die Handwerker-Vertretung es ihr leicht gemacht hatte.
Als der Fehlbetrag von mehr als 78 000 Euro bei einer internen Überprüfung im Jahr 2010 auffiel, blickte die Handwerkskammer Dortmund in die Akten der Kreishandwerkerschaft. Dabei stellte sich heraus, dass Wirtschaftsberichte und Kassenbelege fehlten. Das Urteil der Ermittler: „Eine ordnungsgemäße Geschäftsführung kann nur eingeschränkt festgestellt werden.“
Große Versäumnisse bei der Kreishandwerkerschaft
Ein externer Gutachter stellte der Kreishandwerkerschaft ein ebenso vernichtendes Zeugnis aus: Es habe „keine ordnungsgemäße Überwachung“ der Kasse gegeben. Dies entspreche „in keiner Weise“ den notwendigen Anforderungen. Frank Flörecke, damals Kreishandwerksmeister für den EN-Kreis und heute stellvertretender Kreishandwerksmeister der zur Kreishandwerkerschaft Ruhr fusionierten Vereinigung, räumt die damaligen Versäumnisse indirekt ein. „Mittlerweile haben wir eine vernünftige Kassenführung eingeführt“, sagte er gegenüber unserer Zeitung.
Aufgrund der Fahrlässigkeit bestehe kein Anspruch, den vollen Fehlbetrag von der Ex-Kollegin zurückzuverlangen, stellte der Gutachter laut Gericht fest. Nach Ansicht von Experten wäre in diesem Fall die Hälfte realistisch. Dennoch machte die Kreishandwerkerschaft der Ex-Kollegin ein „unmoralisches“ Angebot.
Mittlerweile 40 000 Euro zurück erstattet
Es gebe keine Anzeige, wenn sie notariell erklären würde, die Gelder veruntreut zu haben und sie zurückzuzahlen – in vollem Umfang. Dem kam die Frau nach. „Wenn jemandem Geld entwendet wird, möchte er es zurückhaben. Das ist normal“, sagt Frank Flörecke. Inzwischen hat die Ex-Buchhalterin 40 000 Euro zurückerstattet.
Trotz des Deals kam es zu einer Anzeige. Nicht die Kreishandwerkerschaft, sondern die Kfz-Innung machte Ernst. Ein Großteil des veruntreuten Geldes stammt von ihr. Die Innung kauft etwa TÜV- oder Feinstaubplaketten von der Kreishandwerkerschaft und füllt so deren Kassen.
Auf der Anklagebank erklärte die 30-Jährige, dass sie nur einen Teil des Geldes für sich abgezweigt hätte. Das meiste sei für wütende Mieter der Kreishandwerkerschaft bestimmt gewesen. Sie besitzt u.a.Häuser in der Innenstadt. Die Mieter hätten über schlechte Zustände in den Wohnungen geklagt und Geld für Reparaturen gefordert. Aus Angst, ihren Arbeitsplatz wegen zu vieler unzufriedener Mieter zu verlieren, habe sie diese mit großzügigen Zahlungen „ruhig stellen“ wollen.