Hattingen/Witten. Das Steinenhaus, ein Swingerclub an der Grenze von Hattingen und Witten, soll Flüchtlingsunterkunft werden. Hunderte Swinger kämpfen dagegen an.

Rettet den Swingerclub: Hunderte Swinger gehen auf die Barrikaden. Sie kämpfen für ihr Steinenhaus. 700 Unterschriften für den Erhalt des Erlebnisclubs gibt es bereits. Unterdessen verhandelt die Stadt Hattingen mit den Eigentümern über einen Ankauf der Immobilie. Der würde das vorläufige Ende des Clubs besiegeln. Doch noch ist nichts klar.

Bis auf eines: Die Stadt Hattingen braucht Platz für die Unterbringung von Geflüchteten. Um den zu schaffen, ist auch das Steinenhaus im Hammertal an der Grenze zu Witten in den Fokus gerückt. Per Ratsbeschluss wurde der Verwaltung politisch der Auftrag erteilt, den Ankauf des Hauses zu diesem Zweck vorzubereiten.

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„Es ist mehr als nur ein Club, es ist ein Ort der Gemeinschaft und Freiheit“, schreibt User Arne Mann_aus_MSLand, der eine Online-Petition für den Erhalt des Erlebnisclubs gestartet hat. Das bestätigen auch andere Swinger. Unter den Namen Bio84 und TausendMalDu sind zwei Frauen in der Swingerszene unterwegs, die eine Lanze für das Steinenhaus brechen wollen, ihre echten Namen aber lieber nicht öffentlich sehen. „Wir wollen es aus dem Schmuddel-Rotlicht-Image rausholen“, erklären die 39- und 53-Jährige. Denn der Swingerclub sei so viel mehr.

Außenaufnahme des Steinenhaus in Hattingen, in dem ein Swingerclub entstehen soll. In den Fenstern kleben Folien mit Grafiken: sich küssende Liebespaare. Foto am Mittwoch, 13.04.2011  in Hattingen.Foto: Svenja Hanusch / WAZ FotoPool
Außenaufnahme des Steinenhaus in Hattingen, in dem ein Swingerclub entstehen soll. In den Fenstern kleben Folien mit Grafiken: sich küssende Liebespaare. Foto am Mittwoch, 13.04.2011 in Hattingen.Foto: Svenja Hanusch / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool | Svenja Hanusch

„Es steht dabei gar nicht immer Sex im Vordergrund“, betont die überzeugte Swingerin TausendMalDu. Gesellschaftlich werde groß und breit diskutiert, dass Mobbing und Ausgrenzung kein Thema sein dürften. „Im Mikrokosmos Swingerclub gibt es so etwas gar nicht. Hier gibt es niemanden, der sagt: ‚Das ist nicht richtig, was du tust‘“, unterstreicht die 53-Jährige.

Es geht nicht darum, hier nur seine Triebe abzuarbeiten. Es ist Familie.“
TausendMalDu (53) - Swingerin

Deshalb ist das Steinenhaus für sie und viele andere, die aus dem gesamten Ruhrgebiet und Deutschland anreisen, mehr als ein Ort für Sex. „Es geht nicht darum, hier nur seine Triebe abzuarbeiten. Es ist Familie. Man kennt sich, tauscht sich privat aus, auch seine Sorgen.“

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Das zeigt auch die Petition, die derzeit für den Erhalt des Erlebnisclubs, wie das Steinenhaus sich selbst nennt, läuft. 700 Unterschriften konnte der Initiator innerhalb weniger Wochen sammeln. „Der Club hat viele Menschen zusammengebracht und bietet einen sicheren Raum für Ausdruck und Entdeckung. Es wäre ein großer Verlust für unsere Gemeinschaft, wenn er verschwindet“, betont der Initiator.

Die derzeitigen Eigentümer werden den Club aus Alters- und Gesundheitsgründen aufgeben. Ein Datum steht noch nicht fest. Ihre Gäste wünschen sich eine Nachfolge statt der Schließung, fürchten aber, bei der Erteilung der nötigen Konzessionen könnten möglichen künftigen Betreibern Steine in den Weg gelegt werden, weil die Stadt Interesse an dem Haus hat.

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Deshalb wird die Stadt Hattingen in der Petition aufgefordert, „alternative Lösungen zu suchen und unseren geliebten Club zu erhalten“.

Keine kurzfristige Lösung für Hattingen

Dass ein Kauf des Steinenhauses keine kurzfristige Lösung in der Frage der Unterbringung von Geflüchteten wäre, ist bereits klar. Die Hattinger Verwaltung hat das Gebäude bereits besichtigt - mit nicht sehr konkreten Ergebnissen: „Bei der Begehung konnte die Gebäudestruktur, bzw. der Zustand aufgrund der zahlreichen Einbauten und Verkleidungen lediglich oberflächlich in Augenschein genommen werden. Die Begehung fand vorwiegend bei (nicht ausreichender) künstlicher Beleuchtung statt, was eine Bewertung zusätzlich erschwert“, heißt es in der Vorlage der Stadt.

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Klar ist: Für eine langfristige Unterbringung seien erhebliche Umbaumaßnahmen nötig. Dennoch behält man das Steinenhaus im Blick. 60 Plätze könnten dort mittelfristig geschaffen werden. Die Zeiten für die Realisierung einer Unterkunft bewertet die Stadt noch als positiv und: „Hierdurch soll nach Möglichkeit die Schaffung weiterer kostenintensiver, temporärer Standorte vermieden werden.“

In der Ratssitzung betonte Bürgermeister Dirk Glaser jedoch: „Eine Entscheidung dazu ist noch nicht gefallen. Es geht nur darum, dass wir uns kümmern“. Unterdessen gibt es Kaufverhandlungen. Abgeschlossen sind die aber noch nicht. Entscheiden muss der Rat. Die nächste Sitzung wäre am 4. Juli.