Hattingen. Sie kommen zusammen, sprechen über ihre Schicksale – dieser Treff und Austausch in Hattingen ist ein besonderer: Essen gegen die Einsamkeit.
Es ist ein ganz besonderer Treff in Hattingen: Einmal im Monat gibt es ein Essen gegen die Einsamkeit – mit vielen Gesprächen über die persönlichen Schicksale.
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Der Flur im Gemeindehaus von St. Peter und Paul ist durchzogen vom Duft heißer Suppe. Während die einen noch nach der Sonntagsmesse an der Bahnhofstraße draußen plaudern, füllt sich hier der Saal langsam.
Das Werk vieler Ehrenamtlicher
Marlies Meier, Mitglied des Gemeinderates, organisiert diese beliebte Veranstaltung, zu der jedes Mal etwa 50 Mittagsgäste kommen, gemeinsam mit einem engagierten Team von Ehrenamtlichen. „Ohne die viele Helferinnen und Helfer wäre so ein Projekt gar nicht möglich“, sagt sie stolz. Viele Teammitglieder kommen nicht nur, um die Gäste zu versorgen, Tische zu decken und wieder abzuräumen: Sie stellen vor ihrem Einsatz auch noch selbst gemachte Kuchen und Torten bereit.
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So entsteht nach und nach ein reichhaltiges Büfett mit süßen Sachen, die es zum Nachtisch gibt. Dazu gibt es eine Tasse Kaffee oder Tee.
Seit einem Jahr findet dieses Angebot bereits statt, und Marlies Meier ist glücklich darüber, dass das Angebot so gut angenommen wird: „Es ist unserer Idee nach nicht befristet, sondern soll fortlaufen. Anders als bei anderen Modellen haben wir hier eine bunte gesellschaftliche Mischung“, erläutert sie, denn das Angebot richtet sich nur an bedürftige Menschen, sondern an alle, die gerne einmal im Monat in netter Gesellschaft ein Mittagessen einnehmen möchten. „Das ist unsere Art von Willkommenskultur. Jeder ist herzlich willkommen, gleich welcher Religion, Hautfarbe oder sozialen Stellung.“
Leute finden sich an den Tischen zusammen
Hier steuert eine kleine Gruppe befreundeter Seniorinnen auf einen freien Tisch zu, woanders fragt eine Mutter mit halb erwachsener Tochter; sie würde sich gerne zu einer Gruppe dazu setzen. An einem Tisch sitzt ein Herr allein, woanders eine Dame. Nach und nach kommen immer mehr Menschen, dann gibt es keine Platzwahl mehr. Das ist genau das, was die Gäste schätzen. Zu ihnen gehört auch Manfred Glinka. „Ich bin schon von Anfang an dabei und finde diese Idee sehr gut. Man sitzt nebeneinander, holt dem Gegenüber vielleicht einen Kaffee, ist behilflich und kommt miteinander ins Gespräch“, sind seine Erfahrungen.
Glinka lebt allein, und seit er arbeitslos ist, fehlt es ihm im Alltag auch an Kontakten. „Ich habe selbst in einem sozialen Beruf gearbeitet und weiß wie das ist, wenn am Wochenende niemand da ist, mit dem man sprechen kann.“ Jetzt ist er selbst betroffen und dankbar für Angebot des gemeinsamen Mittagessens. „Das Essen selbst ist gar nicht so wichtig. Mir geht es mehr um den Austausch mit anderen“, erläutert er.
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Kleine Sache könne er auch selbst kochen, aber für einen allein lohne sich das nicht. „Da ist es schnell und praktisch, wenn ich mal eine Konservendose öffne“, erklärt Glinka. Hatte sich Irene Selent zunächst allein an einen Tisch gesetzt, kam sie rasch auf Manfred Glinka zu, setzte sich mit an dessen Tisch und im Nu waren die beiden miteinander ins Gespräch vertieft, schwatzten und lachten: „Wir kennen uns noch von früher, haben uns dann aber aus den Augen verloren“, sagt Irene. Obwohl sie beide in Hattingen lebten, habe man sich nie getroffen.
Ziel ist mehr Geselligkeit
Auch Irene Selent kommt in erster Linie für die Geselligkeit zur Mahl-Zeit, aber auch sie schätzt es, etwas Gutes zu essen. Sie könne selbst aufgrund einer Sehbehinderung keine aufwändigen Mahlzeiten mehr zubereiten, erzählt sie und erinnert sich: „Früher habe ich für sechs oder acht Leute gekocht. Das habe ich mit links gemacht. Heute geht das nicht mehr. Für sie ist es schon schwierig zu erkennen, ob das Lämpchen am Herd aus ist. Das kontrolliert sie immer genau, denn sie hat Angst, dass mal eine Flamme anbleiben und sich etwas entzünden könnte.
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Für Manfred Glinka ist klar: „In den Sommerferien komme ich auch zum gemeinsamen Grillen“, freut sich der 63-Jährige auf die Sommerversion vom gemeinsamen Essen. Gerne würde er auch wieder arbeiten, erzählt er. Er habe Krankenfahrten gemacht und im Rettungsdienst gearbeitet. Seine Sorge aber ist, dass er aufgrund seines Alters keinen Job mehr bekommt. Während der Sommerferien pausiert die Mahl-Zeit am Sonntag. Stattdessen wir dann jeden Donnerstag ab 18 Uhr im Pfarrgarten gegrillt.