Hattingen. Hattingen zeigt Gesicht: Rund 200 Menschen demonstrieren gegen ein Grüppchen querdenkender Montags-„Spaziergänger“. Die Bilanz der Polizei.
Um die 250 Demonstranten auf dem Reschop-Carré-Platz in Hattingen: Auf der einen Seite die Streiter „für Vielfalt und Demokratie“, knapp 200 sind es an diesem Abend, auf der anderen das Grüppchen der Querdenker, die seit zwei Jahren trommelnd durch Innen- und Südstadt ziehen. „Es ist störungsfrei geblieben“, so die Polizeileitstelle.
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In den Fokus geraten ist indes Bürgermeister Dirk Glaser. Im sozialen Netzwerk Facebook kursiert schnell, dass es eine Anzeige gegen ihn gegeben habe. Grund sei eine Beleidigung. Die Polizei hat inzwischen bestätigt, dass es eine entsprechende Anzeige gibt – sich aber nicht konkret zur betroffenen Person geäußert.
„Wir sind laut, wir sind schrill, weil euch keiner haben will.“ Unüberhörbar ist die rund 200 Menschen starke Gruppe „Hattingen für Vielfalt und Demokratie“ an diesem Montagabend (22.1.). In der vergangenen Woche fehlte ihnen noch ein Mikrofon, weshalb sie den Querdenker nicht viel entgegenzusetzen hatten – diesmal sind sie gut gerüstet.
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Jede Demonstration hat ihre eigene Dynamik. Die Polizei hält das etwa 60 Menschen große Grüppchen der Spaziergänger konsequent von der großen Gruppe fern. 25 Meter Abstand ist das Mindeste, das hat die Polizei so festgesetzt. „Deutlich aggressiver als beim letzten Mal geht es heute zu“, findet Marianne Nuxoll. In der Tat versuchen sich die beiden Gruppierungen teilweise mit Lautstärke zu übertrumpfen.
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Die Bürgerin ist bei der Gegendemo, „weil die ,Spaziergänger‘ mich auf die Palme bringen. Wir müssen überlegen, wie wir Demokratie gestalten“, sagt sie. Man habe das Geschwurbel der ,Spaziergänger‘ schon viel zu lange geduldet, ohne dem etwas entgegenzusetzen. „Es ist Zeit, dass die Demokraten auf die Straße gehen“, findet sie und hat sich direkt in die erste Reihe auf dem Platz gestellt.
Gegenüber stehen die Trommler und schwenken Fahnen mit Sprüchen von Weltuntergangsstimmung. Christiane Kuck ist zum ersten Mal dabei und will ebenfalls ein Zeichen setzen, dass es auch anders geht als mit dumpfen Parolen. „Wenn ich montags in die Stadtmitte zum Sport gehe, nerven mich die Trommler ständig, stehen mir im Weg und verbreiten krude Ansichten. Das will ich nicht mehr einfach ertragen. Jetzt gehe ich mit auf die Demo. Ausgesprochen gut finde ich, dass man nicht andere Gruppen diffamiert, sondern klarmacht, wofür man steht. Das hat mich animiert, mitzumachen“, sagt sie.
„Wir sind mehr“, ruft die Vielfalt-Gruppe den Trommlern entgegen
„Wir sind mehr“, ruft die Vielfalt-Gruppe den Trommlern immer wieder entgegen. Die Initiatorinnen lassen Klemmbretter kreisen, auf denen sich die Teilnehmer mit ihrer Mail-Adresse eintragen können, damit sie direkt über die nächsten Aktionen informiert werden. Diese Möglichkeit wird gerne wahrgenommen, die Blätter füllen sich. Auch Ludwig aus der Südstadt zeigt Gesicht. Er ist immer mal wieder bei der Gegendemo, „weil die Trommler mich nerven, wenn sie an meinem Haus vorbeiziehen. Sowohl die Lautstärke als auch die Inhalte kann ich nicht ertragen“, sagt er.
So geht es auch dem Ehepaar Nathaly Krock und Nils Heinen-Krock, das mit seinen Kindern Emma (10) und Finn (12) zur Demo gekommen ist. Sie waren schon mehrfach dabei, weil die Inhalte, die die „Spaziergänger“ verbreiten, für sie unerträglich sind. „Hier kann man lesen, wogegen die Trommler sind“, sagt der Hattinger und zückt sein Handy. Er hat einen Flyer abfotografiert, mit den Aussagen der Gruppe. „Die nehmen jedes Thema, um es in ihrem Sinne umzudeuten. Mal ist es Corona, das geleugnet wird, beim Ausbruch des Russland-Ukraine-Krieges warnten sie, dass jetzt alle jungen, deutschen Männer einberufen würden, dann schrien sie, dass alle bald keinen Strom mehr hätten und jetzt ist es die Zuwanderung, die uns alle angeblich in höchstem Maße bedrohen würde“, erklärt er kopfschüttelnd die Aktionen der Montags-„Spaziergänger“.
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„Diese Ansichten sind in unserer Familie immer wieder Diskussionsthema“, sagt Nathaly Krock. „Die Kinder sind groß genug, man kann solche Themen mit ihren schon gut besprechen.“ Am Ende der Demonstration dankt Mit-Organisatorin Brigitte Lümmer den vielen Teilnehmern. „Ihr wart klasse, ihr wart super. Ich bin stolz auf euch.“ Dann treten die Demonstranten ihren Heimweg an und die Trommler ihren Rundgang durch die Stadt.