Hattingen. Klimaneutralität rückt in weite Ferne. Eine Trendwende ist nicht zu erkennen. Beim Energiesparen sind vor allem Haushalte in Hattingen gefragt.
Hattingen wird seine Klimaziele deutlich verfehlen – wenn nicht drastisch gegengesteuert wird. „Der Trend 2012 bis 2020 ist nicht annähernd ausreichend, um das Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen“, erklärt Klimamanagerin Svenja Breddemann in ihrer Energie- und Treibhausgasbilanz.
Hattingens Ziel: Die Verwaltung will bis 2030 klimaneutral werden. Vor zwei Jahren beauftragte der Rat die Verwaltung damit. Noch vor vier Jahren war Klimaneutralität bis 2050 beschlossen worden. Ein Zwischenziel wurde damals auch festgelegt: Bis 2030 soll der Ausstoß von Treibhausgasen in Hattingen um 50 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden.
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Nach aktuellem Stand wird das nichts. Der Energieverbrauch in Verkehr, Wirtschaft und bei privaten Haushalten ist im Auswertungszeitraum zwischen 2012 und 2020 kaum gesunken. Den größten Anteil am Energieverbrauch tragen dabei in Hattingen die Haushalte mit 48 Prozent.
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Und der Gesamtverbrauch sinkt im Schneckentempo. Acht Prozent weniger Energie bei Strom und Wärme verbrauchten Haushalte 2020 im Vergleich zu 2012. Aber: „Ein Trend ist nicht absehbar durch warme Winter und nicht angepasstes Heizverhalten“, fasst Breddemann zusammen.
Zuletzt wurde sogar mehr Erdgas verbraucht als zuvor. Die Expertin erklärt das mit dem Austausch vieler alter Ölheizungen und dem Umstieg auf andere Systeme – zum Beispiel Erdgas. „Grundsätzlich ist dies positiv zu sehen, da Erdgas weniger klimawirksam ist als Heizöl. Eine endgültige Lösung stellen aber auch die erdgasbetriebenen Heizungen nicht dar“, erklärt sie. Immerhin: Der Heizölverbrauch ist seit 2012 um ein Viertel gesunken.
Engagement der Stadt und Hilfe für Firmen
Der Fokus der Stadtverwaltung auf dem Weg zur Klimaneutralität liegt vor allem auf den Bereichen Gebäude und Mobilität. Zum Beispiel soll der städtische Gebäudebestand fortlaufend saniert und ein Energiemanagement einreichtet werden. Die meisten städtische Gebäude sind nicht auf modernem Stand. Die Abarbeitung des riesigen Sanierungsstaus kostet Zeit und Geld.
Hattingen ist Teil des H2-Klimaschutznetzwerks des Regionalverbandes Ruhr. Um die im Klimaschutzgesetz verankerte Klimaneutralität im Jahre 2045 zu erreichen, sei es notwendig, dass alle Bereiche und Sektoren von fossilen Energieträgern auf erneuerbare Energien umrüsten. Dem Einsatz von grünem Wasserstoff kommt dabei vor allem in der Industrie eine Schlüsselrolle zu, heißt es in der Erklärung zum Klimaschutznetzwerk.
Die EN-Agentur berät zudem Unternehmen aktiv auf dem Weg zum Klimaschutz. Dafür wurde die Agentur Zeero gründet, die CO2-Bilanzen erstellt und hilft, diese zu verbessern.
Sie lobt, im vergangenen Winter, der noch nicht in die Bilanz eingeflossen ist, haben Verhaltensänderungen zu deutlichen Energieeinsparungen geführt. „Dieses Bewusstsein sollte genutzt werden, um diesen Trend fortzuführen.“ Denn im Verhalten der Bürger sieht Breddemann großes Potenzial. Zum Beispiel im Austausch von Haushaltsgeräten. Ein Wechsel auf neuere effizientere Geräte spare Energie – allerdings nur beim Austausch mit derselben Gerätegröße. Ein größeres, effizienteres Gerät senkt unterm Strich den Energieverbrauch im Vergleich zum Altgerät nicht.
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Auch bei der Nutzung erneuerbarer Energien in Hattingen ist ein deutlicher Anstieg in den vergangenen knapp 15 Jahren zu beobachten. Vor allem Photovoltaik-Anlagen sind beliebt. 14 Prozent des Stromverbrauchs in der Stadt werden durch Anlagen erneuerbarer Energien in Hattingen produziert.
Bei den Unternehmen sind erneuerbare Energien mit einen Anteil von 4,5 Prozent aber kaum vertreten, führt die Klimamanagerin auf. Sie setzen vor allem auf Erdgas und herkömmlichen Strom.
Die Bürger warten zudem auf die kommunale Wärmeplanung. Die wird voraussichtlich im kommenden Jahr beginnen, kündigt die Klimamanagerin an. Ein Förderantrag sei gestellt. „Wir warten aktuell auf den Zuwendungsbescheid.“ Sobald die kommunale Wärmeplanung vorliegt, kann mit der Umsetzung begonnen werden. „Dabei ist zu beachten, dass der Umsetzungsprozess sich über die kommenden Jahre bis Jahrzehnte ziehen wird“, unterstreicht Breddemann, dass kurzfristige Effekte nicht zu erwarten sind.
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Was den Ausstoß von Treibhausgasen angeht, so haben sich die Werte zwar verbessert, doch längst nicht genug. Bei Hattingens Beitrag zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels des Pariser Abkommens gibt es noch viel Luft nach oben. „Eine wirkliche Trendwende ist nicht in Sicht“, resümiert die Klimamanagerin.