Hattingen. Die Bundesregierung spart ab dem kommenden Jahr bei der Förderung von Freiwilligendiensten – das könnte auch in Hattingen Konsequenzen haben.
„In unserer täglichen Arbeit sind die Freiwilligendienstler eigentlich unersetzlich“, sagt Wolfgang Otto, Ausbildungsbetreuer am Evangelischen Krankenhaus in Hattingen. Die Pläne der Bundesregierung, die Fördermittel für Freiwilligendienste ab 2024 drastisch zu kürzen, verfolgt er mit Sorge. Davon betroffen sind das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ), der Bundesfreiwilligendienst (BFD) und das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ).
Fast 80 Millionen Euro weniger sind im kommenden Jahr für Freiwilligendienste vorgesehen – das entspricht einem Viertel aller Bundesmittel. Bis 2025 sollen die Fördergelder sogar um 35 Prozent reduziert werden. Doch was bedeutet das für die Krankenhäuser, Pflegeheime und Sozialverbände konkret?
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Bislang gibt es laut dem Bundesfamilienministerium rund 90.000 Jugendliche und junge Erwachsene in staatlich geförderten Freiwilligendiensten. Ab dem nächsten Jahr könnten es 30.000 Stellen weniger sein – das geht aus einer Prognose des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes hervor.
Krankenhäuser in Hattingen fürchten weniger Azubis, wenn BFD-Stellen wegfallen
„Wir haben noch keine Informationen, inwiefern dadurch auch bei uns Stellen gekürzt werden könnten“, sagt Wolfgang Otto. Er begleitet am Evangelischen Krankenhaus nicht nur die Auszubildenden, sondern auch die Freiwilligendienstler. Sollten Arbeitsplätze für das FSJ oder den BFD wegfallen, könnte das auch Auswirkungen auf die Zahl der Auszubildenden haben, fürchtet her. „Die Freiwilligendienste sind ein Markt, über den wir regelmäßig Leute gewinnen. Sollte der wegfallen, wäre das ein Problem.“
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Aktuell gebe es an den Augusta-Kliniken in Bochum und Hattingen besonders viele Jugendliche, die einen Bundesfreiwilligendienst leisten. Oft würden sich die Freiwilligendienstler im Anschluss für eine Ausbildung in der Pflege entscheiden, wie Otto beobachtet. „Wir haben in jedem Ausbildungsjahrgang mehrere Schüler, die wir direkt aus dem BFD übernommen haben. Manche überbrücken mit einem BFD auch die Zeit, bis sie alt genug sind um eine Ausbildung anzufangen.“
Freiwilligendienste müssen nicht zwingend in Pflegeberufen stattfinden
„Einsparungen, gerade in der Pflege, sind immer schlecht“, sagt auch Miriam Pereira. Sie leitet in Hattingen das Altenheim Haus der Diakonie. Zwar seien Freiwilligendienstler in ihrer Einrichtung nicht zwingend nötig, um die Arbeit bewältigen zu können, eine gerngesehene Unterstützung seien sie aber allemal.
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Aktuell gibt es im Haus der Diakonie niemanden, der ein FSJ absolviert. „Den Letzten hatten wir im August“, so die Einrichtungsleiterin. Neue Bewerber gäbe es aktuell keine, das Interesse sei in den letzten Monaten ohnehin weniger geworden. Ein bis zwei FSJler könnten Pereira und ihr Team pro Jahr betreuen, in der Pflege seien sie meist nicht eingesetzt. „Wenn sich Leute bei uns bewerben, dann für den sozialen Bereich, um mit den Bewohnern zu spielen oder einen Spaziergang zu machen, beispielsweise.“
Auch im Krankenhaus müsse ein Freiwilligendienst nicht zwingend in der Pflege absolviert werden, wie Wolfgang Otto betont. Oft ginge es auch um Fahrdienste oder Aufgaben in der Verwaltung. „Niemand wird gezwungen in der Pflege zu arbeiten, über Hilfe freuen wir uns in allen Bereichen.“
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