Hattingen. Der Güterwagen und die Lokomotive der Zukunft stehen in Hattingen. Die Firma Reuschling erklärt, wie der Schienengüterverkehr bald aussieht.
Noch sind Lokomotiven im Schienengüterverkehr meist mit Diesel unterwegs. In Hattingen bei Reuschling aber fährt schon die „Hydro-Loc“ – betrieben mit Wasserstoffmotoren, ganz ohne Emission. Doch wie eine Lok hört sie sich immer noch an, auch wenn sie nachhaltig ist. Das Unternehmen hat viele Ideen.
In einer der Hallen an der Eickener Straße sieht es ähnlich aus wie in einer Autowerkstatt. Da stehen Lokomotiven aller Art auf Bühnen und werden rundum überholt. Denn alle acht Jahre muss so eine Lok zur Hauptuntersuchung. Als Ausbesserungswerk gründete sich das Unternehmen einst. Diese Werkstatt ist heute ein Teilbereich der Firma, das 130 Mitarbeitende beschäftigt, ausbildet und auf Forschung setzt.
Güterwagen und Lokomotive der Zukunft stehen in Hattingen bei Reuschling
Gleich in der Halle gegenüber ist innovative Technik zu bestaunen: Fachleute von nah und fern schauen sich beim Firmen-Event-Tag neugierig den Prototypen der Hydro-Loc an und erfahren, dass Reuschling mit Meta-Trac ein Lokomotiv-Baukasten-System bietet, quasi eine Lokomotive nach Maß. Auf der Grundplattform ist Platz für Bauräume für alle Antriebsarten von Diesel über Elektro bis hin zum H2-Verbrenner. „Wir wollen so Werte für die Zukunft schaffen“, sagt Udo Pinders, der mit Walter Schreiber das Unternehmen führt.
Reuschling: Historie und Leistungen
Die Westfälische Lokomotiv-Fabrik Reuschling GmbH und Co. wurde im Jahr 1914 gegründet und blickt damit auf über 100 Jahre Erfahrung in der Instandhaltung von Schienenfahrzeugen zurück.
Heute firmiert das Unternehmen als Reuschling mit neuem Logo und bietet neben der Werkstatt Komponenten, Zugsicherung, Ersatzteilvertrieb. Auch Dienstleistungen können Kunden bekommen – wie Instandhaltungsmanagement, Erstellung von Gutachten, Sachverständigenarbeit, projektbasiertes Engineering oder Zulassungsbegleitung.
Retrofit als Leistung meint die Modernisierung von Bestandsfahrzeugen. Zudem vermietet Reuschling Lokomotiven. Die fallen durch die Lackierung auf: Sie kommen als Panther, Zebra oder Tiger daher.
„Man kann dann den Dieselmotor und den Tank vom Fahrzeug runter nehmen und den Wasserstofftank mit dem Verbrenner auf das Fahrzeug bauen. So hat die Lok eine minimale Standzeit – und die Investition ist viel geringer als bei einem neuen Fahrzeug“, so Pinders.
Wasserstoffverbrenner könnte in zwei Jahren auf dem Markt sein
Bei dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt Hydro-Loc arbeitet Reuschling mit Firmen, der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes sowie mit dem aus Bochum stammenden Professor Karsten Wittek von der Hochschule Heilbronn zusammen. Er sagt: „Der Motor bleibt ein Verbrennermotor. Wir rüsten aber einen Dieselmotor um für die Wasserstoffverbrennung. Dann fährt die Lok auf einen Schlag emissionsfrei. Natürlich muss auch der Wasserstoff klimafreundlich hergestellt werden.“ Er sieht bei der Umrüstung auch Potenzial für Landmaschinen, Schiffe, Flugzeugschlepper.
+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Hattingen verpassen? Dann können Sie hier unseren Newsletter abonnieren. Jeden Abend schicken wir Ihnen die Nachrichten aus der Stadt per Mail zu. +++
Verfügbar sein soll der H2-Verbrenner in zwei Jahren. Denn jetzt beginnen 20.000 Teststunden bei Reuschling, die Zulassung muss dann veranlasst, die Markteinführung vorbereitet werden. „Das Herzstück ist der Motor“, sagt Pinders.
Alternative zum Einsatz eines Rangierbegleiters
Mit der Hochschule Aachen entwickelt Reuschling den Güterwagen 4.0. Er steht zwischen den beiden Hallen, gleich in der Nähe einer Mietlok mit lustiger Zebralackierung. Der Güterwagen der Zukunft verfügt über Sensortechnik, die die Zugvorbereitung unterstützt, bei Bremsberechnung und -probe sowie bei der Zugzusammenstellung hilft. „Bislang werden Zugpläne noch von Hand geschrieben. Der Zug wird zwei Mal abgelaufen“, so Pinders. Vieles könne automatisiert werden.
>>> Folgen Sie unserer Redaktion auf Facebook – hier finden Sie uns
Und dann wäre da noch „Samira“, eine Alternative zum Einsatz eines Rangierbegleiters. Samira macht möglich, dass beispielsweise biometrische Daten des Zugfahrers erfasst werden. Vorteil: „Er muss nicht mehr in regelmäßigen Abständen den Knopf drücken, um zu signalisieren, dass alles in Ordnung ist“, so Pinders. Lang ist die Liste dessen, was Reuschling bietet. Erwähnt sei noch dies: eine webbasierte Plattform fürs Instandhaltungsmanagement. Das macht Firmen die Fahrzeugflotten-Überwachung leichter.