Hattingen. Am Mittwoch (20.9.) ist Weltkindertag. In der Kita St. Mauritius in Hattingen zählt der Wille der Kinder täglich. Wie schwer das für Erzieher ist.

Sollen die Erzieherinnen im Bistro frühstücken oder im Gruppenraum frühstücken? Darüber können Kinder in der katholischen Kita St. Mauritius in Hattingen abstimmen. Die Großen richten sich nach dem Ergebnis. Nicht nur am Weltkindertag am 20. September. Sondern an jedem Kita-Tag. Was die Kleinen alles bestimmen dürfen – und wie es den Großen damit geht.

Gleich im Eingang der Kita St. Mauritius an der Essener Straße ist eine Demokratie-Ecke gemütlich eingerichtet. Hier steht auch die Demokratie-Säule. Wenn über ein Thema abgestimmt wird, dann erhält jedes Kind einen orangefarbenen Tischtennisball und kann ihn in eine von drei Röhren werfen. Und so signalisieren: Das finde ich gut oder schlecht oder dazu bin ich unentschlossen.

Weltkindertag: Kita-Kinder in Hattingen stimmen an der Demokratie-Säule ab

„Die Röhren können wir sogar blind stellen, damit die Kinder nicht sehen, wofür die meisten Freunde abgestimmt haben und sich frei entscheiden können“, sagt Kita-Leiterin Susanne Kriege. Die Kinder sollen spüren, wie ihre Stimme wirkt, wann sie Kompromisse machen müssen.

Diese Themen schlagen Vorschulkinder vor

Erzieherin Melanie Nolte weiß, was Jugendlichen in Niederwenigern fehlt: „Ein Jugendtreff. Zwar bieten die Kirchen Jugendlichen Gruppen, aber einen eigenen, unabhängigen Treff haben sie nicht.“

Was die Kinder in der Vorschulgruppe an Themen machen möchten, haben sie selbst gewählt. Bauernhof, Polizei, Krankenwagen, Zoo, Spielplatz, Schulbesuch, Feuerwehr, Müllabfuhr, Busfahrt, Bücherei-Besuch, Hüttenmuseum, Mineralienmuseum: Das waren Ideen von Maximilian, Ilektra, Liv, Milan, Klim, Janne – alle fünf Jahre alt. Das füllen die Mitarbeitenden mit Leben und pädagogischem Inhalt.

Anfang des Jahres hat die Kita ihr Konzept umgestellt. Demokratie und Partizipation der Kinder sollen gefördert werden. „Wir sind im Prozess“, sagt Susanne Kriege. Bewusst abzustimmen, mitzubestimmen, das will gelernt sein. Wo eine Abstimmung sinnvoll ist, auch das ist ein Lernprozess.

Susanne Kriege (links), Leiterin der Kita St. Mauritius in Hattingen, und Mitarbeiterin Anne Tristram (rechts) erklären zum Weltkindertag, wie Demokratie und Mitbestimmung im Kindergarten funktionieren.
Susanne Kriege (links), Leiterin der Kita St. Mauritius in Hattingen, und Mitarbeiterin Anne Tristram (rechts) erklären zum Weltkindertag, wie Demokratie und Mitbestimmung im Kindergarten funktionieren. © FUNKE Foto Services | Marie-Christin Jacobs

Kinder entscheiden über ihren Tagesablauf selbst

Jedenfalls entscheiden die 60 Kinder über ihren Tagesablauf weitestgehend bereits selbst. Die Gruppenräume sind Funktionsräume. Es gibt einen Kreativ-Raum, einen Konstruktions- und Experimentierraum, einen Bewegungs- und einen Rollenspiel-Raum, eine Leseecke, einen Raum für tiergestützte Pädagogik mit den beiden Kita-Hunden. Wann die Kinder zum Frühstück im Bistro gehen wollen, bleibt ihnen selbst überlassen. Wer sie wickelt, bestimmen sie selbst.

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So viel Freiheit verlangt aber auch Regeln. Für jedes Kind einer Gruppe gibt es einen Magneten. Diesen Magneten muss das Kind dann anpinnen unter dem Gartensymbol, dem Funktionsraum-Symbol, dem Bistro-Symbol. „Wir arbeiten mit Metacom-Symbolen“, sagt die Leiterin. Denn: Die Entwicklungs-Begleitenden müssen ja wissen, wo die Kinder stecken.

Kinder der Kita St. Mauritius in Hattingen bestimmen selbst, wie ihr Tag aussieht – nicht nur am Weltkindertag. Dabei hilft die Demokratiesäule.  Im Bild: (oben, v.l.) Mila, Lias, Josephine, (unten, v.l.) Jonathan, Merla, Lara und Ida.
Kinder der Kita St. Mauritius in Hattingen bestimmen selbst, wie ihr Tag aussieht – nicht nur am Weltkindertag. Dabei hilft die Demokratiesäule. Im Bild: (oben, v.l.) Mila, Lias, Josephine, (unten, v.l.) Jonathan, Merla, Lara und Ida. © FUNKE Foto Services | Marie-Christin Jacobs

So viel Freiheit verlangt genaues Beobachten

Und so viel Freiheit verlangt genaues Beobachten durch die elf Mitarbeitenden: „Natürlich fragen wir ein Kind, das noch nicht beim Frühstück war, ob es nicht mal gehen möchte.“

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Was fürs Frühstück – jeder Tag steht unter einem anderen Motto – eingekauft werden soll, auch das können Kinder mit entscheiden. Welcher Käse schmeckt? Soll es mal Streichwurst sein? Überlegen sich die Kinder ein Bastelthema, fragen die „Großen“, wie Susanne Kriege sagt, was dazu benötigt wird. Was ist da? Was müssen wir besorgen?

Mitentscheidung bei der Themenwahl

Erntedank naht. Natürlich ein Thema für die katholische Kita. Welches Thema soll aufgegriffen werden? Bauernhof, haben die Kinder entschieden – und die jeweiligen Gruppensprecher haben dazu in den Gruppen Ideen gesammelt. „Kühe melken, Brot backen, Eier sammeln“ und mehr steht nun auf der Tafel in der Demokratie-Ecke. „Wir schauen nun, wie wir das umsetzen“, berichtet Mitarbeiterin Anne Tristram.

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Kinderkonferenzen gibt es in jeder Gruppe. Freitags wird da zum Beispiel gefragt, was sich Kinder in der kommenden Woche wünschen. Was die Abfragen und Konferenzen ergeben, wird transparent an der Gruppentür ausgehängt – damit auch die Eltern im Bilde sind.