Hattingen. Aktuell sinken die Flüchtlingszahlen in Hattingen. Die Verwaltung plant dennoch einen großen Wohnstandort in Holthausen. Die Kritik ist massiv.
Aktuell geht die Zahl der in Hattingen lebenden Flüchtlinge zurück. Waren es im Januar 2023 noch 898 Menschen, so sind es jetzt noch 704. Die Stadt geht dennoch davon aus, dass mittelfristig mindestens 450 zusätzliche Plätze zur Verfügung gestellt werden müssen.
150 werden in zwei Wohncontainern geschaffen, die im Oktober an der Werksstraße aufgestellt werden. 300 Plätze sollen in drei bis fünf Jahren als feste Unterkunft auf dem Acker gegenüber dem Schulzentrum in Holthausen gebaut werden. Das wird inzwischen scharf kritisiert. Zentraler Vorwurf: Die Stadt gehe das Problem nur baulich an, ohne sich um die sozialen Aspekte zu kümmern.
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„Die zentrale Unterbringung von Geflüchteten schafft keine Lösung, sondern bringt weitere Probleme mit sich“, hat sich Gerhard Nörenberg bereits im Mai zu Wort gemeldet. „Ein Schlüssel zum Erfolg liegt aus unserer Sicht in der gesellschaftlichen, sprachlichen und sozialen Integration“, sagt der CDU-Partei- und Fraktionschef.
Standards zu einer sozialverträglichen Unterbringung angemahnt
Ähnlich sieht das auch die SPD. „Wie kommt die Stadt Hattingen auf die Zahl von 300 am Standort Lindstockstraße benötigten Plätzen“, will die Fraktionsvorsitzende Melanie Witte-Lonsing wissen. Und fragt weiter: „An welchen Richtlinien oder Maßstäben hat man sich bei dieser Festlegung orientiert? Welche Alternativen gibt es zu dem Konzept, lediglich eine zentrale Einrichtung im ganzen Stadtgebiet zu schaffen? Wurden Überlegungen zu mehreren dezentralen, kleineren Einrichtungen angestellt?“
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Detailliert hat sich auch der Integrationsrat der Stadt Hattingen mit den Plänen beschäftigt – und die Verwaltungsvorlage einstimmig abgelehnt. „Hat die Stadt im Vorfeld einen Kriterienkatalog zu einer menschenwürdigen Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft zugrunde gelegt“, will das Gremium wissen. Und: „Wurden Standards zu einer sozialverträglichen Unterbringung festgelegt?“
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Mit der Schaffung von zwei kleineren Standorten würden sich mögliche Konfliktpotenziale mit dem Wohnumfeld in und außerhalb der Unterkünfte reduzieren und die Versorgung mit Schul- und Kindergartenplätzen sozialverträglicher regeln lassen, meint der Integrationsrat. Und erinnert an die Unterstützung der HWG, als der verstärkte Zuzug sogenannter Russlanddeutscher in den 1980er-Jahren für Probleme sorgte. „Gab es in diesem Zusammenhang aktuell Gespräche mit Wohnungsbaugesellschaften“, fragt der Integrationsrat.
Im Fachausschuss für Soziales, Integration und Migration wurde das Thema nach Diskussion zurückgestellt, für Hauptausschuss und Rat gleich ganz von der Tagesordnung genommen. Jetzt liegt der Ball bei der Verwaltung.
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„Das Sozialdezernat wird die Fragen der Politik beantworten und dabei auch alternative Vorschläge für die Unterbringung von Geflüchteten machen machen“, sagt Bürgermeister Dirk Glaser auf Anfrage der WAZ.
Krankenhaus hat den Vertrag nicht verlängert
Mit dem St.-Elisabeth-Krankenhaus in Niederwenigern ist im März ein Standort zur Unterbringung von Geflüchteten weggefallen. Die Klinik hat den Vertrag nicht verlängert. Zuletzt wohnten dort 62 Menschen.
Mit 279 Personen sind nach wie vor die meisten Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht. 117 Schutzsuchende aus der Ukraine leben in privaten Räumen.
Die übrigen Belegungszahlen: Werksstraße: 156; Nierenhofer Straße: 86; Haus Bredenscheid: 39; Bochumer Straße: 14; Im Welperfeld: 14.
Insgesamt leben aktuell 704 Geflüchtete in Hattingen.
Wie viel Zündstoff in der aktuellen Diskussion liegt, macht Melanie Witte-Lonsing deutlich. „Der Fachbereich Stadtplanung und Stadtentwicklung als Ersteller der Vorlage ist nicht der zuständige Fachbereich für komplexe sozialpolitische Fragen, deren Tragweite weit über die Stadtentwicklung hinaus gehen“, kritisiert die SPD-Fraktionschefin. Erst nach Beteiligung aller mit diesen Themen befassten Ausschüsse, insbesondere aber des Ausschusses für Soziales, Integration und Migration, sei eine weitere Beratung möglich.
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Und weiter: „Die Versäumnisse in der Information und die falsche Herangehensweise zur politischen Willensbildung führen in unserer Stadt zu Verunsicherung und Bedenken. Das ist nicht hinnehmbar!“