Hattingen. Drastische Auswirkungen hatte der Verdi-Warnstreik am Dienstag (21.3.) in Hattingen. Das sagt Hans-Georg Harms, früherer Verdi-EN-Geschäftsführer.
Rund 90 Hattingerinnen und Hattinger sind an diesem Dienstag (21.3.) nach Gelsenkirchen gefahren, einem der zentralen Streik-Orte in der Tarif-Auseinandersetzung im öffentlichen Dienst. Vor der dritten Verhandlungsrunde (ab 27. März) in Potsdam findet hier eine von insgesamt drei zentralen Kundgebungen der Gewerkschaft Verdi in NRW statt. Auch der Hattinger Hans-Georg Harms (74) ist dabei, früher Verdi-Geschäftsführer im EN-Kreis.
Früherer Verdi-Geschäftsführer im EN-Kreis aus Hattingen demonstriert mit
Es ist laut an diesem Morgen in Gelsenkirchen, wo gut 18.000 Demonstrierende versuchen, den Verdi-Forderungen nach 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro mehr, noch mehr Nachdruck zu verleihen. „Gut nachvollziehen“ kann Hans-Georg Harms, dass seine Gewerkschaft dies für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst fordert, nennt die wiederholten Warnstreiks, um diesen Forderungen gegenüber den kommunalen Arbeitgebern Nachdruck zu verleihen, „absolut richtig“.
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Dass die Arbeitgeber in der nächsten Verhandlungsrunde „ein besseres Angebot vorlegen“, glaubt er. Und betont: Mit Einmalzahlungen dürften sie den Beschäftigten indes nicht mehr kommen. „Die bringen gar nichts, Gehaltserhöhungen müssen in die Entgelttabelle – auch damit sie Auswirkungen auf die Rente haben.“ Und so das Arbeiten im öffentlichen Dienst attraktiver machten.
Hattinger: Es müsse mehr Gehalt geben – aber auch mehr Wertschätzung
Denn der, sagt Hans-Georg Harms, der im Vorjahr sein 60-jähriges Verdi-Jubiläum beging, habe größte Probleme, Nachwuchskräfte zu gewinnen: Techniker und Ingenieure, Erzieher, Sozialarbeiter. Aber auch Stellen für ungelernte Kräfte, so der 74-Jährige, blieben inzwischen teilweise lange unbesetzt – wie etwa in einer Nachbarstadt Hattingens, die „schon seit Wochen“ Reinigungskräfte suche. „Es muss einfach etwas passieren“, sagt der Hattinger. Es müsse mehr Gehalt geben – aber auch mehr Wertschätzung. Diese vermisse auch in Hattingen so mancher langjährig Beschäftigte.
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Einschneidende Einschränkungen bringen die Warnstreiks allerdings für die Bürgerinnen und Bürger mit sich: In Hattingen etwa wurde am Dienstag einmal mehr der Rest- und der Biomüll nicht abgeholt, diese Tonnen werden nach Aussage von Stadtsprecherin Jessica Krystek erneut auch nicht nachträglich geleert. Zudem blieben die Kita Habichtstraße und das Familienzentrum Holthausen dicht. In den städtischen Kitas An der Hunsebeck, Nordstraße, Brucknerstraße, Schreys Gasse und Tippelstraße sowie im Familienzentrum Südstadt gab es nur Notbetreuungen. Dazu fielen Busse und Bahnen der Bogestra komplett, der VER weitestgehend aus.
Hattinger sagt: In der Bevölkerung gebe es bislang viel Verständnis für die Warnstreiks
In der Bevölkerung gebe es bislang gleichwohl „viel Verständnis“ für die Warnstreiks, beobachtet Hans-Georg Harms. Bei der Kundgebung in Gelsenkirchen etwa habe er „viele Menschen gesehen, die uns Demonstrierenden vom Fenster aus zugewunken haben, und Autofahrerinnen und Autofahrer haben im Vorbeifahren freundlich gehupt.“
Was wird, wenn die dritte Verhandlungsrunde in der kommenden Woche trotz aller Warnstreiks scheitern sollte? Hans-Georg Harms glaubt: Dann drohe dem Land im öffentlichen Dienst tatsächlich ein längerer Streik. Unterdessen sagt Sandra Bruns, Sprecherin von Bogestra und VER: Bei den beiden Verkehrsunternehmen gebe es „keine Arbeitsgruppen, die sich mit einem solchen Szenario beschäftigen“.
Und die Stadt Hattingen sagt, eine Art Notfallplan für den Fall eines längerfristigen Streiks gebe es etwa für Kitas oder Müllabfuhr nicht. „Wir haben keine Zweitbesetzung für die Jobs – zumal die Streikbeteiligung in den Bereichen Kitas und manueller Bereich vergleichsweise hoch ist“, so Stadtsprecherin Susanne Wegemann.