Hattingen. Er beschäftigt sich mit Sagen, Gartenbau – und Religion. Nun darf sich Dirk Sondermann (62) aus Hattingen in diesem Fach sogar Doktor nennen.

„Per aspera ad astra“ – durch das Raue zu den Sternen. Eine Menge Wahrheit hat dieses lateinische Sprichwort. Das weiß Dirk Sondermann seit langem. Arbeitsreich, manchmal frustrierend und vor allem mühselig ist es, sich einen Doktortitel zu erarbeiten. Aber er hat es geschafft. Jetzt hat er ihn – den Dr. vor dem Namen. Denn der Hattinger Garten- und Landschaftsgärtner hat erfolgreich an der Universität Bochum promoviert – mit 60 plus. Im Fach Religion.

„Schriften des Netzwerks zur Erforschung des Sozialen Protestantismus“, heißt sein Werk.

Wirklich verrückte und spannende Lebensgeschichte

Eine wirklich verrückte und spannende Lebensgeschichte hat der jetzt 62-Jährige. Bekannt ist er in der Stadt nicht nur durch seine Gartenbaufirma, er ist auch durch viele Bücher in Erscheinung getreten, die sich mit Sagen beschäftigen. „Religion und Sagen hängen eigentlich eng zusammen“, sagt er. Weil es schon in der Bibel viele Erzählungen und Sagen gibt, die erst viel später aufgeschrieben wurden. „Und Sagen sind so unglaublich spannend“, schwärmt Doktor Sondermann. Denn, wenn man ihnen auf den Grund geht, ist immer auch der Kern die Wahrheit.

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Wenn der Hattinger, der in einem idyllischen Fleckchen in Winz-Baak wohnt, seine Vita erzählt, staunt man, wie viele Abbiegungen und Umwege ein erfolgreiches Leben haben kann. In dem alten Bauernhaus berichtet Herr Doktor Sondermann, der völlig bodenständig und geerdet ist, von seinem Weg vom Studium bis zur Promotion. Nicht ein Hauch von Arroganz ist zu spüren, er ist einfach froh und stolz, dass er diese Leistung neben seinem Beruf geschafft hat. Und auch, weil der Universitätsabschluss schon so lange her ist.

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Er sitzt in einem Zimmer mit sehr hoher Decke, Regalen vollgepackt mit Büchern und zwei Schallplattenspielern, die den alten Schätzchen den nötigen Klang verleihen. Das passende Ambiente, um über sein aufregendes Leben zu erzählen.

Der Vater hatte eine schwarze Konfirmationsbibel, die ihn absolut faszinierte

„Die Großeltern hatten alte Bildbände. Vor allem solche, die die weite Welt offenbarten, voller Geheimnisse.“ Er lernte einiges über den adeligen Herrscher Maharadscha, der Vater hatte eine schwarze Konfirmationsbibel, die ihn absolut faszinierte. So wuchs der kleine Dirk mit Büchern, Sagen und Neugier auf die Welt auf. Und war völlig fasziniert von der einzigen Bibel, die im Haus vorhanden war. Die Entscheidung war gefallen: Er studierte Theologie nach dem Abitur.

„Im Studium an der Uni Bochum saßen die Theologie-Studenten ganz oben und guckten immer auf den botanischen Garten“, erzählt er. Da kam die Frage in ihm auf: „Was machen wir hier oben eigentlich mit so viel Theorie? Die da unten sind inmitten von Natur und immer an der frischen Luft.“

Dass er das Theologie-Studium nicht abgeschlossen hatte, wurmte ihn

Er brach sein Studium ab, absolvierte eine Lehre zum Garten- und Landschaftsgärtner, machte sich mit zwei anderen selbstständig. Dass er das Studium aber nicht abgeschlossen hatte, wurmte ihn immer wieder. Er nahm es später wieder auf, schloss es ab, um Jahrzehnte danach seinen Doktortitel in Theologie zu erwerben. Sein Thema: „Vorrang für die Arbeit. Die Sozial- und Arbeitsethik Günter Brakelmanns.“ Das war der Doktorvater seines eigenen Doktorvaters. Ein früherer Professor der Uni. Darin beschäftigt sich Sondermann mit den Inhalten von Jahrzehnten, in denen sich Brakelmann mit Sozial- und Arbeitsethik befasst hat.

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Im Zusammenhang mit seiner Doktorarbeit wurde es für den Hattinger dann noch einmal richtig hart. Denn er musste sich nach Jahrzehnten wieder mit Latein und den Altsprachen des Griechischen und Hebräischen auseinandersetzen. Denn geprüft wurde er in sechs theologischen Fächern. „Ich sag Ihnen, man bekommt bei einer Doktorarbeit keinen Altersrabatt“, betont der evangelische Theologe. Seine Arbeit fand so viel Interesse, dass ein Verlag sie direkt mit in eine passende Schriftenreihe nahm.

Jetzt kann sich der Landschaftsgärtner neben der Arbeit wieder seinen anderen Hobbys widmen: den Sagen. Auf dem Gebiet will er weiter forschen und Bücher schreiben.