Hattingen. Der Regionalversorger AVU hat 344 Kunden den Strom abgedreht. Die Stadtwerke Hattingen belassen es bei Kündigungen. Was jetzt noch passiert.
Die AVU haben im vergangenen Jahr 62.080 Mahnungen mit der Androhung, Strom oder in seltenen Fällen Gas abzustellen, an ihre Kunden im EN-Kreis verschickt. Bei den Stadtwerken Hattingen waren es 10.600 Mahnungen und Zahlungserinnerungen.
Explodierende Energiepreise sind seit Monaten ein Thema, viele haben ihre Abschläge für Strom und Gas erhöht, fast jeder versucht zu sparen. Dennoch war die Energiepreisinflation bislang für viele Haushalte eine abstrakte Sache. Das ändert sich gerade, denn die AVU verschickt die ersten Abrechnungen für Strom und Gas, die für den einen oder anderen Schock sorgen könnten.
Monatliche Abschläge von mehr als 600 Euro für Einfamilienhäuser
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, was auf die Bürger im Ennepe-Ruhr-Kreis zukommt, hilft der Blick nach Witten, wo die Kunden der dortigen Stadtwerke aktuell ihre Rechnungen erhalten. Nachzahlungen im vierstelligen Bereich und neue monatliche Abschläge von mehr als 600 Euro für Einfamilienhäuser sorgen für Schreckensmomente am Briefkasten.
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Nicht viel anders wird dies bei den AVU-Kunden aussehen. „Kunden mit stichtagsbezogener Abrechnung und Stichtag in 2022 haben eine Abrechnung und damit auch eine Anpassung der Abschlagszahlungen bekommen. Bei allen anderen Privatkunden macht die AVU eine rollierende Abrechnung – also im Januar und Februar wird Hattingen abgelesen und abgerechnet, dann Sprockhövel und so weiter“, teilt Pressesprecher Jörg Prostka mit.
Viele Fälle über zinslose Ratenzahlungsverträge geregelt
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Weil die Jahresrechnung stets ein Blick zurück sei, machen sich Preiserhöhungen erst bemerkbar, wenn die Abschlagszahlungen angepasst werden, gegebenenfalls sogar erst bei der Nebenkosten-Abrechnung durch den Vermieter. „Jeder Kunde, der seine Jahresrechnung bekommen hat, erhält einen Abschlagsplan als Blick nach vorne, der bereits höher ist“, bereitet Jörg Prostka die Kunden auf die Post vor.
Doch können sich die Menschen das noch leisten? Den 62.080 Mahnungen der AVU in 2022 folgten 2260 Sperrankündigungen. 344 Kunden drehte die AVU dann tatsächlich den Saft ab.
Dass die Stadtwerke Hattingen einem ihrer rund 4000 Stromkunden die Versorgung sperren, wird es nicht geben. „Wenn die Zahlungen trotz Mahnung nicht eingehen, kündigen wir den Vertrag und der Kunde fällt in die Grundversorgung der AVU zurück“, sagt Vertriebschef Steven Scheiker. Beim Gas ist das anders. „Da haben wir in einigen Fällen den Gashahn wirklich zugedreht“, so Scheiker.
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Die Zahl der Mahnungen differenzieren die Stadtwerke Hattingen für Strom, Gas und Wasser nicht gesondert. Zusammen waren es im vergangenen Jahr 10.600 Mahnungen und Zahlungserinnerungen. Echte Zählerausbauten aufgrund Zahlungsschwierigkeiten gab es indes nur sehr wenige. „In den allermeisten Fällen ist es uns gelungen, mit den Kunden eine Regelung zu finden, wie die Rückstände beglichen werden können. In der Regel waren das zinslose Ratenzahlungsverträge.“, erklärt Steven Scheiker.
Die AVU-Strompreise liegen unterhalb der Preisbremse
Und was erwartet die Kunden zukünftig? „Die Dezember-Hilfe und die Preisbremsen bei Strom und Gas als staatliche Entlastungen helfen auf jeden Fall. Wie viel das genau ausmacht, lässt sich pauschal nicht sagen“, teilt die AVU mit. Die genauen Beträge pro Kunde werden gerade ermittelt – das sei ein hoher IT-Aufwand. Alle Gaskunden erhalten automatisch die Preisbremse. Die AVU-Strompreise liegen unterhalb der Preisbremse, deswegen greift diese für AVU-Kunden nicht.
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Die Handelspreise für Gas und Strom sind zuletzt jedoch ohnehin deutlich gesunken, aber immer noch höher als vor Beginn der Krise. Die AVU kauft einen Großteil der Menge Strom und Gas im Voraus ein, teilweise mit mehreren Jahren Vorlauf. Dadurch will sie extreme Preisschwankungen ausgleichen. „Aktuell sehen wir keinen Anpassungsbedarf bei den Strom- und Gaspreisen. Aber gerade das unruhige vergangene Jahr hat gezeigt, dass das Marktgeschehen wesentlich dynamischer geworden ist“, sagt Jörg Prostka mit Blick auf die unterjährigen Erhöhungen im vergangenen Jahr. Das Gebot der Stunde laute daher weiterhin, so viel Energie wie möglich zu sparen.