Hattingen. Lieferengpässe gibt es in Hattingen bei Fiebersaft und Zäpfchen und sogar bei Insulin. Apotheken-Kunden horten. Was Betroffene tun sollten.

Die Hattinger Apotheken melden einen ungebrochenen Engpass bei vielen Medikamenten. Betroffen sind vor allem Fieber-Medikamente für Kinder, aber mittlerweile auch Antibiotika und sogar Insulin-Produkte für Diabetiker stehen inzwischen auf den Fehllisten. Die Gründe sind zum Teil haarsträubend. „Es ist jämmerlich, was hier passiert“, ärgert sich Apotheker Thomas Berkenkemper von der Hubertus-Apotheke.

Übereinstimmend berichten die Hattinger Apotheker von den Engpässen vor allem bei Fiebersäften für Kinder. Nur sehr sporadisch werden die geliefert, die Apotheken führen bereits Wartelisten. Auch Paracetamol-Zäpfchen in den geringen Dosierungen für kleine Kinder seien jetzt kaum noch zu kriegen. „Seit einem Dreivierteljahr gibt es diese Probleme“, weiß Apotheker Landolf Kothe aus der Nord-Apotheke in Winz-Baak. Wie andere Apotheker und Apothekerinnen auch, versucht er durch eine intensivere Beratung und zum Beispiel eine Anpassung der Dosierung zu helfen, wo es möglich ist.

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Doch der Mangel wird immer größer. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte listet in seiner Lieferengpass-Datenbank zuletzt 298 Medikamente auf. Und die Liste wird täglich länger. Innerhalb weniger Stunden sind vier neue Meldungen dazugekommen.

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Betroffen sind von dem Mangel inzwischen sowohl frei verkäufliche, wie auch verschreibungspflichtige Medikamente. Nasensprays und Schleimlöser zählen dazu, auch Magensäureblocker nennen die Hattinger Apotheker immer wieder und aktuell eben auch Insulinprodukte.

„Insulin ist noch nicht flächendeckend betroffen, aber ein Produkt ist gar nicht mehr zu kriegen. Patienten, die darauf eingestellt sind, müssen zum Arzt und ein neues passendes Produkt finden“, erklärt Kirsten van Well von der Pinguin-Apotheke die Folgen für Betroffene.

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Zum Teil löst eine gestiegene Nachfrage Engpässe aus. Thomas Berkenkämpfer erklärt, dass zum Beispiel auch Lieferungen von Schmerzmitteln in die Ukraine das Problem verschärfen. Zudem seien die Preise für Generika in Deutschland derart gedrückt worden, dass weltweite Hersteller lieber zuerst an Länder liefern, in denen sie mehr verdienen können, ärgert sich Berkenkemper über den Preisdruck in Deutschland.

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Die Apotheker berichten, dass den Herstellern zum Teil aber auch einfach Verpackungsmaterialien fehlen: Kartons, Deckel, Pipetten sorgen dafür, dass Medikamente nicht geliefert werden. Riyad Rifaie von der Straußen-Apotheke und andere haben deshalb Fiebersaft inzwischen selbst hergestellt. „Die Ärzte schreiben den aber eher nicht auf“, bedauert Rifaie.

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Auch Helena Bergen von der Bergischen Apotheke in Niederwenigern wirbt bei Ärzten dafür, dass diese Alternativprodukte verschreiben. „Wenn sie gute Erfahrungen mit einem Medikament haben, schreiben sie es auf“, weiß sie. Ist das durch Engpässe nicht zu haben, wie beispielsweise derzeit ein Antibiotikum, das oft bei Blasenentzündung verschrieben wird, müssen Patienten erst neue Rezepte besorgen.

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Für viele Produkte gebe es mehrere Hersteller. Wenn acht von zehn Herstellern nicht liefern können, werde das natürlich zum Problem. Besonders schwierig wird es, wenn nur eine Firma ein Produkt herstellt. „Bisher konnten wir aber noch jeden irgendwie beliefern“, sagt Helena Bergen.

Viele Hattinger Apotheker beobachten aufgrund anhaltender Lieferprobleme auch, dass Kunden anfangen, zu horten. Einig sind sich aber alle, dass sie dem, wo es ihnen möglich ist, einen Riegel vorschieben möchten – damit möglichst vielen geholfen werden kann.