Ennepe-Ruhr/ Hattingen. Neue Polizisten gleichen kaum die Abgänge aus. Auch in Hattingen und Sprockhövel hat das Folgen für Einsätze und die Polizeiarbeit insgesamt.

Die Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis kämpft weiter mit Personalsorgen. Obwohl sie zuletzt 18 neue Polizeibeamte begrüßen konnte, sind Bereiche chronisch unterbesetzt, mahnt Tanja Wallenfels, Vorsitzende der Polizeigewerkschaft im EN-Kreis.

„Der Verkehrsdienst müsste doppelt so stark besetzt sein“, nennt die Gewerkschafterin ein Beispiel. Nicht nur allgemeine Fahrzeugkontrollen, sondern auch Kontrollen von Lastwagen seien dadurch derzeit nicht ausreichend möglich.

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Auch die Kriminalpolizei werde neu strukturiert, um fehlende Stellen besser ausgleichen zu können. Eine Arbeitsgruppe befasse sich mit der Personalverteilung. Doch insgesamt fehlen Polizisten.

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Von Sabine Weidemann und Theo Körner

Priorität hat in der Verteilung der Wachdienst mit der Notrufnummer 110. „Es ist uns wichtig, dass die Reaktionsfähigkeit der Polizeiwachen erhalten bleibt, so dass die Polizei den Einsatzort schnellstmöglich erreichen kann. Dabei gibt es natürlich eine Abstufung in der Dringlichkeit der Einsatzanlässe“, erklärt Polizeisprecherin Sonja Wever. So sei ein Einsatz wegen der Gefahr für Leib und Leben natürlich wichtiger als eine Verkehrsbehinderungen oder Ruhestörung.

Betreuung nicht mehr möglich

Doch auch im Einsatz bleibt längst nicht so viel Zeit, wie sich Polizeibeamte wünschen würden. „Man hetzt von Einsatz zu Einsatz. Betreuung und Präventivgespräche sind nicht mehr möglich“, resümiert Wallenfels. Auch kämen immer neue Aufgaben hinzu, die Arbeitskraft binden.

Die Polizei und Corona

Erkrankungen und Ausfälle führten zuletzt bei Verkehrsgesellschaften dazu, dass Angebote eingeschränkt werden müssen. Bei der Polizei steht vor allem der Wachdienst im Fokus: „Gerade im Wachdienst der Polizeiwachen versuchen wir Personalausfälle durch die Verlagerung von Personal aus anderen Bereichen oder durch Überstunden auszugleichen“, erklärt Sprecherin Sonja Wever.

Die Folgen einer Quarantäne können in anderen Bereichen zum Teil durch Homeoffice begrenzt werden. Das Arbeiten von zu Hause soll auch das Ansteckungsrisiko begrenzen. „Zumindest bis zum heutigen Tag konnten wir durch vorausschauendes Handeln und sicherlich auch das Quäntchen Glück eine Notlage verhindern“, so die Polizistin.

Im Ernstfall würde zunächst an Präventionsveranstaltungen – zum Beispiel in Schulen oder Senioreneinrichtungen – gespart, darüber hinaus würden Überstunden angeordnet.

Sonja Wever erklärt, wie man mehr Möglichkeiten schaffen will: „Wir reduzieren das Personal im Innendienst auf die unabweisbar notwendige Anzahl und versuchen nicht zwingend notwendige Polizisten und Polizistinnen durch den Einsatz von Regierungsbeschäftigten zu ersetzen.“ Die entlasten Polizeivollzugsbeamte von Verwaltungsaufgaben oder unterstützen sie bei Ermittlungen.

Derzeit arbeiten mehr als 400 Menschen für die Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis. Etwa 85 Prozent davon sind Polizeibeamte – darunter aber auch Teilzeitkräfte, Dauererkrankte oder für Elternzeit freigestellte Kollegen.

Neuzugänge und Abgänge

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Die Vielzahl bevorstehender Pensionierungen war in der Vergangenheit immer wieder ein Thema, das auch Polizeichef Frank Kujau mit Sorge betrachtete. Aktuell standen den 18 Neuankömmlingen im Polizeidienst sieben Pensionierungen, sechs Versetzungen und eine längerfristige Zuordnung zu einer anderen Polizeibehörde sowie dauerhafte Abwesenheit aus anderen Gründen gegenüber. Der geringfügige Zugewinn reiche jedoch bei weitem nicht, betont Tanja Wallenfels. Zwar sei es schwierig zu beziffern, wie viel Personal fehlt. Sie versucht es dennoch und kommt auf mehr als 20 Polizisten.

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Im Durchschnitt sind die Polizeivollzugsbeamten im Ennepe-Ruhr-Kreis etwa 40 Jahre alt. Zwischen 2023 und 2026 werden voraussichtlich weniger als 40 Polizeibeamte pensioniert. Ob diese Zahl nicht nur ausgeglichen wird, sondern die Polizei ein echtes „Mehr“ an Personal bekommt, bleibt abzuwarten.

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Dafür spielen verschiedene Faktoren eine Rolle – unter anderem auch die Zahl der Straftaten. Weniger Straftaten bedeutet weniger Polizei, hatte Frank Kujau bereits bei seinem Einstand 2020 erklärt. „Zumindest die Zahl der Regierungsbeschäftigten, die Polizeivollzugsbeamte von Verwaltungsaufgaben entlasten oder sie bei Ermittlungen unterstützen sollen, konnte bereits jetzt deutlich gesteigert werden“, erklärt Polizeisprecherin Sonja Wever.

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