Hattingen. Außenstellen der Hattinger Tafel schließen wegen ausbleibender Warenlieferungen. Was Betroffene sagen – was am Standort Winz-Baak geplant ist.

Sie haben die Schließung der Tafel-Außenstelle in Winz-Baak kommen sehen, Gabi Harzer (57) und Marlis Freisewinkel (75), die zu den dortigen Tafel-Mitarbeiterinnen gehören. Und auch sie schmerzt dieser Dienstag, an dem insgesamt 18 Bedürftige noch einmal gekommen sind, um sich eine Tüte mit Lebensmitteln mitzunehmen, sehr. Wie es danach weitergeht? „Man muss jetzt noch mehr haushalten mit seinem wenigen Geld“, sagt Michael, ein Tafel-Kunde.

Der Warenfluss ist derzeit sehr schlecht

Der 73-Jährige, der monatlich mit 449 Euro Grundsicherung auskommen muss, besucht seit gut drei Jahren einmal wöchentlich die Tafel im katholischen Gemeindezentrum Heilig Geist an der Denkmalstraße. Auch an diesem Dienstag (23.8.) ist Michael noch einmal an der Tafel-Außenstelle in Winz-Baak erschienen, die jetzt ja eigentlich schon geschlossen sein sollte. Denn der Warenfluss sei derzeit sehr schlecht, so Tafel-Geschäftsführer Jürgen Sotzek, man könne die Außenstellen-Ausgaben dienstags in Winz-Baak, mittwochs im Paul-Gerhardt-Haus in Welper und freitags im Jugendzentrum Haßlinghausen aktuell nicht bedienen.

Lebensmittel liegen auf dem Boden vor der Tafel-Außenstelle im katholischen Gemeindezentrum Heilig Geist an der Denkmalstraße in Hattingen. Ein Bedürftiger hat diese von der Tafel erhalten.
Lebensmittel liegen auf dem Boden vor der Tafel-Außenstelle im katholischen Gemeindezentrum Heilig Geist an der Denkmalstraße in Hattingen. Ein Bedürftiger hat diese von der Tafel erhalten. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Einige letzte Lebensmittel können Gabi Harzer, Marlis Freisewinkel und Co. an diesem Morgen an der Denkmalstraße aber doch noch verteilen, wenn auch deutlich weniger als früher. Ein Paket Wurst, zwei Brötchen, drei Zwiebeln, zwei Joghurt, zwei Brühwürfel, eine Tütentomatensuppe, ein Liter Milch, Bratkartoffeln in der Tüte, zwei Packungen Nudeln und ein Haarwasser hat Michael erhalten – das ist zumindest eine kleine Hilfe.

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Lebensmittelausgabe: Ort und Zeiten

Die Lebensmittelausgabe der Hattinger Tafel an der Hauptstelle an der Nordstraße 16 bleibt bestehen. Dort gibt es montags, mittwochs und freitags jeweils von 11.30 bis 12.30 Uhr Tüten für Bedürftige – gegen einen kleinen Obolus.

Doch auch dort wird inzwischen rationiert. „Wir schauen aber, dass jeder, der kommt, wenigstens ein Mal pro Woche versorgt werden kann“, betont Geschäftsführer Jürgen Sotzek.

Tafel-Kunde Dariusz dagegen hat weniger Glück. Als der frühere Bauunternehmer, den nach mehr als zwei Jahrzehnten die Insolvenz ereilt hat, an der Ausgabestelle erscheint, sind alle Lebensmittel längst ausgegeben. Doch Marlis Freisewinkel hat gerade etwas aus der Caritas-Kleiderkammer, ebenfalls am Ort, verkaufen können. Die zehn Euro gibt sie an Dariusz weiter. „Bei der Tafel arbeiten Menschen mit Herz“, zeigt sich der 54-Jährige gerührt. Wofür dieses Geld verwendet wird? Das solle seine Partnerin entscheiden, die habe den besten Überblick, was fehle.

Es fehlt an viel zu vielem

Doch als er weitererzählt, wird klar: Es fehlt an viel zu vielem – „wir haben kein Brot mehr zu Hause, zu trinken nur noch Leitungswasser“, erzählt er unter Tränen. Und dass der Strom zu Hause abgestellt sei. „Aber ich gebe nicht auf, ich bin ein Kämpfer!“ Kurz darauf schenkt Michael ihm seine Tafel-Lebensmittel, „dem geht’s ja noch dreckiger als mir“ – und rät Dariusz, sich Hilfe zu holen.

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„Unsere Ausgabestelle“, sagt Gabi Harzer, „diente nicht nur zum Verteilen von Lebensmitteln, sie war auch ein Treffpunkt für Menschen, die einsam sind.“ Auch deswegen sei deren Schließung für die Betroffenen „schlimm“. Als die Lieferungen Woche für Woche kleiner wurden, hätten sie versucht, mit selbst gekauften Artikeln die Rationen aufzufüllen, sagt die 57-Jährige, „aber auf Dauer wäre das nicht finanzierbar gewesen.“

Tafel-Außenstelle in Winz-Baak soll schon bald wieder zeitweilig öffnen

Doch es gebe Pläne, verraten Gabi Harzer und Marlis Freisewinkel, die Tafel-Ausgabestelle an der Denkmalstraße, die in der Regel rund zwei Dutzend Bedürftige besuchten, schon bald wieder zeitweilig zu öffnen. Am jeweils letzten Dienstag eines Monats ab dem 27. September solle die Ausgabe von jeweils 11.30 bis 12.30 Uhr fortgesetzt werden – finanziert mit Hilfe von Kollekte-Geldern der Gemeinde, Einnahmen aus der Caritas-Kleiderkammer – und, so hoffen sie, Spenden. „Wenn jeder von uns beim Einkaufen ein Paket Nudeln, Reis oder Sonstiges mehr einkauft, um es anschließend der Tafel zu spenden, wäre es für den Einzelnen eine Kleinigkeit, aber für die vielen armen Menschen eine sehr große Hilfe, die sofort greift“, so Gabi Harzer.