Hattingen. Anlässlich des 30. Geburtstages will der Ambulante Hospizdienst Witten-Hattingen die Charta zur Betreuung Sterbender bekannter machen. Die Ziele.

Schwerstkranke und sterbende Menschen bis zuletzt mit Würde zu begleiten: Das ist Ziel des Ambulanten Hospizdienstes Witten-Hattingen e. V. schon seit seiner Gründung vor 30 Jahren. Anlässlich des runden Geburtstages in diesem Jahr rückt der Verein die Würde der Menschen in der Hospizarbeit indes verstärkt in den öffentlichen Blick. Und lädt zu einer Informationsveranstaltung über die „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland“ ein.

Allen gerechten Zugang zu würdevoller Begleitung am Lebensende ermöglichen

Einen „wichtigen und richtigen Schritt zur Verbesserung der Lebensqualität von sterbenden Menschen und zur Unterstützung ihrer Angehörigen“ hätten die Hospizbewegung und die Palliativmedizin bundesweit in den letzten drei Jahrzehnten eingeschlagen, sagt Silvia Kaniut (61), Koordinatorin der Regionalgruppe Hattingen des Ambulanten Hospizdienstes Witten-Hattingen. Ein Ergebnis davon sei die Charta als verpflichtende Handlungsempfehlung und Orientierung aller beteiligten Akteure – mit dem Ziel, allen Menschen einen gerechten Zugang zu einer würdevollen Begleitung und Versorgung am Lebensende zu ermöglichen, die ihren individuellen Bedürfnissen entspricht. Doch genau hier sehen Kaniut und ihr Kollege Andreas Fleer (42) für Hattingen noch Verbesserungspotenzial.

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Zwar seien sie froh, dass Sterben und Tod längst keine Tabuthemen mehr seien, sich auch die Begleitung der Mitarbeitenden des Ambulanten Hospizdienstes, die in den Anfängen des Vereins fast ausschließlich ältere Menschen in Seniorenwohnheimen an ihrem Lebensende betreuten, zunehmend auch auf jüngere schwerstkranke und sterbende Menschen ausgeweitet hat.

In der Versorgung Betroffener gibt es weiterhin „Lücken“

Doch in der Versorgung Betroffener gebe es weiterhin „Lücken“, erklärt Silvia Kaniut. So etwa existierten in Hattingen bedauerlicherweise bis heute keine Palliativ-Station und kein stationäres Hospiz. Und die Kurzzeitpflege in Evangelischen Krankenhaus, auf der teils auch schwerstkranke und sterbende Menschen vorübergehend unterkamen, ehe sie zurück nach Hause gingen oder in einem der Hospize in den Nachbarstädten einen Platz fanden, sei seit Ende vergangenen Jahres geschlossen.

Historie des Ambulanten Hospizdienstes in Hattingen

1992 wurde durch eine Info Veranstaltung zu ehrenamtlicher Hospizarbeit das Interesse einiger Hattinger Bürgerinnen und Bürger geweckt, hospizlich tätig zu werden. Sie schlossen sich dem bundesweiten Hospizverein OMEGA an und gründeten die Regionalgruppe Hattingen.

2002 erfolgte der Zusammenschluss mit der Hospiz-Initiative Witten e. V., der heutige Verein „Ambulanter Hospizdienst Witten-Hattingen“ entstand.

2007 wurde die erste hauptamtliche Koordinatorin der Regionalgruppe Hattingen eingestellt.

2008 war der Verein Mitbegründer des „Palliativnetzwerkes EN-Süd und Hattingen“.

2012 startete das Projekt „Hospiz macht Schule“.

2016 bezog der Ambulante Hospizdienst ein eignes Hospizbüro im Bürgerzentrum Holschentor auf der Talstraße 8 in Hattingen.

2022 feiert der Verein 30 Jahre Hospizarbeit in Hattingen mit dem Schwerpunktthema „Die Würde der Menschen in der Hospizarbeit“.

Indem die Mitglieder der Regionalgruppe Hattingen die Handlungsempfehlungen der Charta zur Betreuung Sterbender nun stärker in den öffentlichen Blick rücken, hoffen sie, Verantwortlichen und Entscheidern neue Denkanstöße zu geben: dass ein jeder Mensch ein Recht auf ein Sterben unter würdigen Bedingungen hat und darauf vertrauen können muss, in seiner letzten Lebensphase mit seinen Vorstellungen, Wünschen und Werten respektiert zu werden. Dass Versorgungsstrukturen verbessert werden, Ärzte, Pflegedienste und Co. mit- statt nebeneinander arbeiten sollen trotz personell nicht einfacher Zeiten.

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Und Silvia Kaniut hofft, dass sich vielleicht einmal Investoren finden für humane WGs für schwerstkranke und sterbende Menschen, wie es sie andernorts längst gibt.

Hospizdienst hofft auf Wellenbewegung

Unterschreiben kann die insgesamt fünf Leitsätze umfassende Charta (www.charta-zur-betreuung-sterbender.de) übrigens jede und jeder. Erste Lokalprominente hätten bereits ihre Zustimmung signalisiert. Und dann? „Wir hoffen“, so Silvia Kaniut, „auf eine Wellenbewegung.“

Die Informationsveranstaltung über die „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland“ findet am Dienstag, 16. August, 17.30 Uhr, im evangelischen Gemeindezentrum auf der Augustastraße in Hattingen statt. Interessierte sind herzlich eingeladen.