Hattingen. Noch vor vier Wochen hieß es von Gasversorgern für Hattingen, es gebe keine Lieferengpässe. Auf was sich die Unternehmen jetzt vorbereiten.

Erst vor vier Wochen erklärten Stadtwerke und AVU Netz als heimische Gasversorger, dass keine Lieferengpässe bestehen. Jetzt haben in beiden Unternehmen Planungen begonnen, um für den Ernstfall gewappnet zu sein.

Versorger haben sich mit Großkunden in Verbindung gesetzt

Stadtwerke-Vertriebschef Steven Scheiker bestätigt, dass sich ein Krisenstab gebildet habe. Von der AVU Netz heißt es, dass sich der Betrieb auf einen möglichen Engpass vorbereite. Sollte es dazu kommen, haben Privathaushalte, Krankenhäuser oder auch Pflegeheime Vorrang, erläutert Prokurist Markus Kosch. Ebenso gehören nach dem Notfallplan des Bundes Feuerwehr und Polizeistationen dazu. Der besteht aus drei Stufen, die erste hatte in der vergangenen Woche Wirtschaftsminister Habeck mit der Frühwarnstufe ausgerufen.

Anders sieht es bei Industrie- und Gewerbekunden aus. Falls Gaslieferungen eingeschränkt werden müssen, würde es sie zuerst treffen. Die AVU steht mit ihren 122 Großkunden im Kreisgebiet in Kontakt, um sie über die Vorgehensweise zu informieren. Die Hattinger Stadtwerke haben sich eigenen Angaben zufolge ebenfalls für ihr Netz mit den entsprechenden Unternehmen und Einrichtungen ins Benehmen gesetzt.

Kliniken sollen im Fall der Fälle auch weiterhin Gas bekommen

Großkunde bedeutet aber nicht automatisch, dass der Gashahn abgedreht wird. Denn darunter fallen auch so genannte geschützte Bereiche, zu denen beispielsweise Kliniken oder medizinische Einrichtungen zählen. Das trifft bei der AVU auf 26 der 122 Großkunden zu.

Stadtwerke für Gasnetz zuständig

Die AVU Netz mit Sitz in Gevelsberg ist für Hattingen ein so genannter vorgelagerter Versorger. Für das Gasnetz im Stadtgebiet selbst sind die Stadtwerke zuständig.

Die Zahl der Kundenhaushalte beziffern die Stadtwerke auf rund 12.000.

Für weitere, hoffentlich nicht notwendige Schritte stehe die AVU in enger Verbindung mit den Verbänden der Energiewirtschaft sowie der Bundesnetzagentur, teilt das Unternehmen mit. Darüber hinaus würden auch die Bürgermeister im EN-Kreis auf dem Laufenden gehalten. Geschäftsführer Ralf Holtmann betont allerdings, dass es sich um eine „vorsorgliche Maßnahme“ handele. „Es besteht aktuell kein Gasmangel. Die Versorgung mit Gas ist bis auf Weiteres gesichert.“

Kunden auf höhere Gastarife eingestimmt

Lars Tellmann, Geschäftsführer der Stadtwerke Hattingen, rechnet mit einer Preisrunde im kommenden Jahr.
Lars Tellmann, Geschäftsführer der Stadtwerke Hattingen, rechnet mit einer Preisrunde im kommenden Jahr. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Alle Gaskunden müssen sich indes auf höhere Preise einstellen. Erst kürzlich hatte Stadtwerke-Chef Lars Tellmann die Verbraucherinnen und Verbraucher darauf eingestimmt. Wenn auch nicht mehr in diesem Jahr, so stehe 2023 voraussichtlich eine neue Preisrunde bevor. Denn für das nächste Jahr haben die Stadtwerke noch nicht alle Gasmengen kaufen können. Zuletzt haben die Stadtwerke die Tarife zum 1. Februar für Bestandskunden in der Grundversorgung um 20 Prozent erhöht. Sonderverträge waren bereits zum 1. Januar nach oben angepasst worden. Verlässliche Prozentzahlen, wie hoch eine Steigerung demnächst ausfallen könne, lassen sich aber laut Unternehmen momentan nicht beziffern. Das liegt schlichtweg an der aktuellen Entwicklung.

Schon vor dem Ukraine-Krieg hatten die Preise auf dem Gasmarkt zum Höhenflug angesetzt. Inzwischen heißt es, dass die Preise regelrecht explodiert seien. Ein Ende der Fahnenstange sei noch nicht abzusehen. Der maßgebliche Faktor ist nach wie vor, ob Deutschland weiterhin Gas aus Russland bezieht. Die Liefermengen machen rund 55 Prozent des Verbrauchs in der Bundesrepublik aus.