Hattingen. Arztpraxen in Hattingen können der hohen Nachfrage nach Booster-Impfungen kaum Herr werden. Die Wartelisten reichen schon bis ins neue Jahr.

Alle wollen geboostert werden – und seit Donnerstag (18. November) wird das auch von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlen. Doch die Hausärzte in Hattingen klagen schon jetzt über die zu hohe Auslastung.

Wartelisten in Hattingen reichen bis ins neue Jahr

„Wir werden überrannt mit Impfnachfragen“, beschreibt Dr. Willi Martmöller die Situation. Er ist verantwortlich für einen Zusammenschluss mehrerer Praxen, die bereits im Frühjahr ein eigenes kleines Impfzentrum in Sprockhövel eingerichtet haben. Rund 500 Patienten in der Woche können hier geimpft werden, trotzdem führen die Praxen mittlerweile Wartelisten, können Termine teils erst im neuen Jahr anbieten.

Denn es sind Tausende Menschen, die – am liebsten sofort – geboostert werden wollen. „Das können wir nicht schaffen“, betont Martmöller, zumal die Praxen die stärker gefährdeten Personengruppen priorisieren müssen.

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Bürokratie und Impfstofflogistik verlangsamen das Impftempo

Ähnlich sieht es in der Praxis von Dr. Christian Rusche aus. Zwei Tage in der Woche hält das Team fürs Impfen bereit, damit schafft die Praxis rund 200 Impfungen in der Woche. Und schon jetzt ist der ganze Dezember ausgebucht. Zugleich muss aber der Praxis-Alltag neben dem Impfen aufrechterhalten werden. Grippale Infekte etwa gibt es derzeit viele, sagt Rusche, „und die müssen ja auch versorgt werden.“

In den kommenden Wochen hofft Dr. Rusche, mehr Impfkapazitäten einrichten zu können, sieht aber vor allem das Problem bürokratischer und logistischer Hürden: „Komplizierter kann man einen Impfvorgang kaum machen“, ärgert er sich. Verliefe aber die Covid-Impfung so unkompliziert wie etwa die Grippe-Impfung, sagt Rusche, wären mehr Impfungen möglich.

Zehntausende Bürgerinnen und Bürger könnten sich boostern lassen

Die hohe Nachfrage nach Impfungen betrifft nicht nur Hattingen, sondern den gesamten Zuständigkeitsbereich der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Hier beteiligen sich rund 92 Prozent der hausärztlichen Praxen an den Impfungen. „Unsere Praxen arbeiten am Anschlag und darüber hinaus“, heißt es von Dr. Volker Schrage, dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der KVWL.

Rein rechnerisch ist das nicht verwunderlich: Stand jetzt können alle Erwachsenen geboostert werden, deren Zweit-Impfung mindestens ein halbes Jahr her ist. Am 19. Mai – also vor genau einem halben Jahr – meldete die KVWL 36.259 doppelt Geimpfte allein im EN-Kreis. Sie wären ab jetzt boosterfähig und es kommen täglich neue hinzu. Nächste Woche Freitag werden es bereits 46.500 sein.

Kreis will Impfstellen in den Städten anbieten

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Dem gegenüber stehen laut KVWL bislang 13.581 Booster-Impfungen (Stand: 18. November), davon allein 3893 in der Vorwoche (KW 45). Die Zahl dürfte aber in den kommenden Wochen ebenfalls steigen, da seit Mittwoch (17. November) auch das einstige Impfzentrum in Ennepetal wieder mit vier Impfstraßen betrieben wird. 522 Impfungen wurden hier bereits am ersten Tag verabreicht, die meisten davon Booster.

Außerdem hatte der Kreis schon in der vergangenen Woche angekündigt, Impfstellen in den einzelnen Städten einrichten zu wollen. „Denkbar sind zum Beispiel Impfstellen in Rathäusern, Schulen, Gemeindehäusern, Veranstaltungszentren oder leerstehenden Ladenlokalen“, hieß es von Jana Ramme, der organisatorischen Leiterin des Pandemieteams der Kreisverwaltung. Eine entsprechende Anfrage nach Räumlichkeiten bei den Städten läuft noch. Betrieben werden könnten die Stellen von Teams, auf die der Kreis auf Kosten des Landes und in Zusammenarbeit mit der KVWL zurückgreifen kann.

Impfbus verzeichnet neuen Rekord in Hattingen

Neben dem Impfen in den Arztpraxen und der reaktivierten Impfstelle in Ennepetal fährt auch der Impfbus weiter durch den Kreis. Wann er aber wieder in Hattingen sein wird, steht bislang nicht fest.

Zuletzt stand er Mittwoch (17. November) vor dem Rathaus und verzeichnete dort mit 346 Impfungen in sechs Stunden einen neuen Rekord. Trotz aufgestockter Kapazitäten mussten hier aber auch Impfwillige auf andere Angebote oder weitere Termine vertröstet werden.

Die Dritt-Impfangebote des Ennepe-Ruhr-Kreises stehen allen offen, deren Zweitimpfung mindestens sechs Monate zurückliegt. Einzige Ausnahme: Wer Johnson und Johnson erhalten hat, erhält bereits ab einem zeitlichen Impfabstand von vier Wochen den nächsten Piks.

Hausärzte und auch die KVWL appellieren derweil an junge, gesunde Patienten: „Der Impfschutz verschwindet nicht auf Knopfdruck nach sechs Monaten. Die Praxisteams haben zunächst die Personengruppen im Fokus, die am vulnerabelsten sind und den Schutz der Auffrischungsimpfung vorrangig benötigen“, so Dr. Volker Schrage, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KVWL.