Hattingen. Der Investor wirbt auf dem alten O&K-Gelände für einen Mix aus Gewerbe und Wohnen, Medizinbranche und Hotel. Was der SPD Hattingen nicht passt.

Was wird aus dem ehemaligen O&K-Gelände an der Nierenhofer Straße? Politisch sind die Fronten seit Jahren verhärtet. Daran hat auch die Tatsache nichts geändert, dass der Immobilienentwickler Immowerk die rund 100.000 Quadratmeter große Industriebrache im Sommer gekauft hat.

Die Ergebnisse eines Workshops, die dem Stadtentwicklungsausschuss jetzt vorgelegt werden, dürfte den Streit noch verschärfen. Denn der SPD passen nicht nur die Inhalte der Stadtentwicklung nicht. Sie hält auch die Vorgehensweise für bedenklich.

Politische Vorgabe steht seit November 2016

Die neue Polizeiwache ist schon da. Den ehemaligen Verwaltungsstandort von O&K will die Stadt Hattingen zu einem kommunalen Verwaltungszentrum um- und ausbauen. Was mit dem Rest der zehn Hektar großen Fläche passiert, ist seit Jahren ungewiss.

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Klar ist nur die aktuelle politische Vorgabe: Dass das Areal reines Gewerbegebiet bleiben soll, hat der Stadtentwicklungsausschuss im November 2016 denkbar knapp entschieden. SPD, FDP und Linke waren dafür, CDU und Grüne dagegen.

Die Stadt der kurzen Wege

Die neuen Eigentümer wollen weg vom reinen Gewerbegebiet. Ein „urbanes Wohnquartier“ soll her. Ideen dazu hat Immowerk in dem Workshop Ende September vorgestellt. „Gerade wegen der innerstädtischen Lage der Entwicklungsfläche sollte über einen spezifischen Nutzungsmix nachgedacht werden“, heißt es in der Zusammenfassung der städtischen Wirtschaftsförderung, die dem Fachausschuss jetzt vorgelegt wird. „Hier könnte die Idee der 15 Minuten-Stadt ‒ die Stadt der kurzen Wege ‒ Wirklichkeit werden.“

500 bis 1000 neue Arbeitsplätze

Die Stadt Hattingen betont mit Blick auf das Konzept des Investors, dass Immowerk für das Areal einen relativ hohen Kaufpreis zahlen musste und hohe Kosten für bodentechnische Untersuchungen, Erschließungen und Bauleitplanungen anfallen.

Die Vorteile benennt die Stadt so: „Es kann gewerbliche Entwicklung ermöglicht werden, die zwei bis vier Mal mehr Arbeitsplätze pro Flächeneinheit hervorbringen wird als auf einer konventionell entwickelten Gewerbefläche und zusätzlich in Teilen den Mehrwert von Wohnen sowie begleitenden anderen Nutzungsbausteinen schafft. Angestrebt werden seitens des Investors 500 bis 1000 neue Arbeitsplätze.

Konkrete Fragen seien bei dem Workshop bereits erörtert worden, erklärt die Verwaltung: „Wie kann man das Quartier attraktiv für Unternehmen gestalten? Kann das Thema Gesundheitswirtschaft in Verbindung mit Ärzten, Pflege und seniorengerechtem Wohnen der Stadt strukturelle Effekte bringen? Wie kann man der wachsenden Nachfrage nach innenstadtnahem Wohnen gerecht werden?“

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Gutachter hätten „eine Unterrepräsentanz von wissensbasiertem Gewerbe und zugleich einen Mangel an einem zeitgemäßen Angebot von Büro- und Dienstleistungsflächen in Hattingen festgestellt“, heißt es weiter. Und: „Die Stärkung des Tourismus und der Bedarf an einem Budgethotel wurden ebenfalls benannt.“

SPD kritisiert Paradigmenwechsel

Eine Spontanabfrage bei den Teilnehmern des Workshops habe folgende Zielrichtung ergeben: stärkere Gewichtung der gewerblichen Nutzungen im Süden, soziale Infrastruktur sowie Wohnen im Norden, Versorgung (Bildung, Hotel, Gastronomie, Arztpraxen) untergeordnet dezentral lokalisiert.

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Die SPD bleibt bei ihrem Ruf nach Gewerbeansiedlungen, auch wenn Fraktionschef Achim Paas „intelligente Lösungen wie zum Beispiel untergeordnetes Wohnen“ inzwischen nicht mehr ausschließen will. „Wir brauchen dringend Arbeitsplätze“, fordert Paas.

CDU berät noch in der Fraktion

Über die Inhalte hinaus sind die Sozialdemokraten verärgert über das aktuelle Verfahren zur Stadtentwicklung. „Das ist ein Paradigmenwechsel“, kritisiert Achim Paas den Verlauf des Workshops. „Stadtplanung war früher unabhängig von Investoreninteressen. Jetzt plant ein Investor uns etwas Schönes und erklärt das dann der Politik. Das ist äußerst bedenklich.“

Keine Probleme mit Form und Inhalt des Workshops hat die CDU. „Es ist doch gut und richtig, dass ein Investor der Stadt vorträgt, wie er sich die Entwicklung eines Geländes vorstellt“, sagt Partei- und Fraktionschef Gerhard Nörenberg. Über Details will er sich noch eine Meinung bilden. „Das beraten wir jetzt in der Fraktion“, so der Vorsitzende.