Hattingen. Das Land will der Stadt Hattingen beim Ankauf mit Tipps und Geld helfen. Ein Thema allerdings müssen Rat und Verwaltung selbst vorantreiben.

Die Stadt Hattingen will das zehn Hektar große ehemalige Gewerbegebiet entlang der Nierenhofer Straße komplett selbst kaufen und entwickeln. Seit Wochen ringt der Verwaltungsvorstand mit der Cording Real Estate Group, der die Brache gehört, um den Kaufpreis.

Das Land NRW will den Ankauf mit Tipps und Fördermitteln unterstützen. Beim Thema Wohnen allerdings müssen Rat und Verwaltung selbst die Voraussetzungen schaffen.

Von Neuansiedlungen ist nichts zu sehen, nicht einmal zu hören

Seit Jahren versucht die Stadt, dem ehemaligen O&K-Gelände neues Leben einzuhauchen. Der Erfolg ist überschaubar. Bis auf die neue Polizeiwache mitten auf dem 100.000 Quadratmeter großen Grundstück und die Pläne der Stadt, in der alten O&K-Verwaltung und drumherum einen neuen Verwaltungs-Standort zu schaffen, ist von Neuansiedlungen nichts zu sehen, nicht einmal zu hören.

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Grund genug für die Stadtspitze, die Sache in die Hand zu nehmen, das Areal komplett zu kaufen und selbst zu entwickeln, Vermarktung inbegriffen. Das Problem ist - wie so oft - das Geld. Rund 4,5 Millionen Euro stehen als Kaufpreis im Raum. Mehrere Verhandlungsrunden mit der Eigentümerin haben daran wenig geändert. „Zudem gibt es wohl einen weiteren Kaufinteressenten“, sagt Bürgermeister Dirk Glaser.

Acht Millionen Euro Aufbereitung und Entwicklung

Was die Stadtkasse noch belasten würde: Zum Kaufpreis kämen rund acht Millionen Euro hinzu - für die Aufbereitung und Entwicklung des Geländes. „Das haben wir zusammen mit der Landesgesellschaft NRW Urban ausgerechnet, die uns in dieser Sache unterstützt“, sagt Martin Serres im Gespräch mit der WAZ.

„Wichtig ist, dass wir wissen, ob Boden und Grundwasser des ehemaligen Industriegeländes belastet sind und weitere Kosten verursachen“, so der Leiter des städtischen Fachbereichs Wirtschaftsförderung. Das müsse jetzt untersucht werden.

Die finanziellen Risiken seriös einschätzen

Auch dabei will das Land helfen, damit die Stadt „die finanziellen Risiken der Revitalisierung des Geländes seriös einschätzen kann“. So steht es in einer Verwaltungsvorlage für die Ratssitzung am 18. Februar.

Der nächste Satz wird die Politik besonders hellhörig machen: „Dabei soll auch die grundsätzliche Möglichkeit einer flächenmäßig untergeordneten Wohnnutzung betrachtet werden.“

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Die Vorgeschichte dazu: Über die Nutzungsmöglichkeiten für Investoren auf dem alten O&K-Areal hat es 2016 eine politsche Kampfabstimmung gegeben. Eine knappe Mehrheit setzte durch, dass nur Gewerbebetriebe zum Zuge kommen.

Entscheidung mit Blick auf die Gewerbesteuer

Dass das ehemalige O&K-Gelände ein reines Gewerbegebiet bleiben soll, hat der Stadtentwicklungsausschuss im November 2016 denkbar knapp entschieden. SPD, FDP und Linke waren dafür, CDU und Grüne dagegen. Und auch die Stadt hatte eine andere Zukunft im Sinn: ein Mischgebiet mit Wohnhäusern im Norden, Büronutzung und kleineren Gewerbebetrieben.

SPD, FDP und Linke setzen mit ihrer Entscheidung voll auf die Gewerbesteuer und die Tatsache, dass Hattingen kaum noch Gewerbeflächen anbieten kann.

Damit aber wird die Stadt einen Preis von 12,5 Millionen Euro, den sie schätzungsweise in das Projekt investieren muss, nicht refinanziert bekommen. Und weil sich Wohnflächen teurer verkaufen lassen als Gewerbeareale, bringt die Verwaltung das Thema Wohnnutzung jetzt noch einmal auf den Tisch.

Puffer gegen die vorhandenen Wohngebäude am Reschop

„Niemand denkt an Geschosswohnungsbau“, sagt Serres. „Aber Pflegeprojekte oder betreutes Wohnen sind an dem Standort sicher möglich, wenn die Politik das will.“

Dass eine Wohnnutzung den Gewerbe-Standort Nierenhofer Straße im Norden als Puffer gegen die vorhandenen Wohngebäude am Reschop aufwerten würde, ist bereits seinerzeit diskutiert worden. Und auch die Reha-Klinik in Holthausen hatte ja genau diese Fläche ins Spiel gebracht, als sie nach einem Alternativ-Standort suchte.

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