Hattingen. Zum 26. Mal wurde jetzt der „Förderpreis für Junge Literatur in Hattingen“ vergeben. Diese Geschichten setzten sich bei Jury und Publikum durch:
Der Lockdown hat offensichtlich viel junge Autorinnen und Autoren zum Schreiben animiert. Zumindest gab es bei der 26. Auflage des Hattinger Förderpreises für Junge Literatur mit 213 Bewerbungen die zweitmeisten Einsendungen seit dessen Bestehen. Viel zu lesen hatte die fünfköpfige Jury so dieses Mal. Doch die Votum, wer denn den Jurypreis erhalten solle, fiel einstimmig aus: Una López-Caparrós Jungmann, eine Aachenerin mit spanischen Wurzeln.
Sprachlich und stilistisch herausragend
In jener Nacht, in der die Frau Anfang 20 ihr kurze, wortgewaltige Erzählung spielen lässt, „gab es keine Sterne und Worte auch nicht“. Zumindest ihr Großvater schwieg in jener Nacht, da er das Haus der Familie ins Dorf verschob – indem er einfach das Ortsschild versetzte. Damit Großmutter nicht mehr im Nirgendwo wohnte. Una López-Caparrós Jungmann greift in dieser nun preisgekrönten Geschichte mit dem Titel „Ohne Sterne ohne Worte“ dabei auf Autobiografisches zurück. Und verdichtet dies auf gut zwei DIN-A-4-Seiten zu „einer sprachlich und stilistisch herausragenden Erzählung“, sagt Walter Ollenik, Koordinator des Literaturpreises und Vorsitzender des Fördervereins Stadtmuseum.
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Auch Lars Friedrich vom Heimatverein Hattingen/Ruhr, eines der Jurymitglieder, sagt, der Beitrag von Una López-Caparrós Jungmann sei „sehr besonders“ gewesen, „Wie sie ihre Geschichte in aller Kürze so verdichtet hat, das war eine wirklich tolle Qualität“.
Insgesamt 173 der Texte aus Deutschland, Österreich, Belgien, den Niederlanden, Italien und der Schweiz stammten dabei aus der Feder von Frauen, nur rund ein Fünftel von Männern. Gleich drei von ihnen gehörten dann zu den acht Autorinnen und Autoren, die jetzt zur öffentlichen Lesung ins Stadtmuseum eingeladen worden waren. Und einen aus dem Männer-Trio kürten die rund 50 anwesenden Zuhörerinnen und Zuhörer sogar zum Gewinner des Publikumspreises.
Erlebnisse und Gefühle junger Menschen in Corona-Zeiten
Der 17-jährige Vincent Dekorsky aus Koblenz, ein angehender Abiturient, der Deutsch nicht als Leistungskurs gewählt hat, weil er Texte mit Analysen nicht kaputt machen möchte, thematisiert in seinem Beitrag „Aus dem Lockdown“ Erlebnisse und Gefühle junger Menschen in Corona-Zeiten. „Könnte es sein, dass ich mir im Lockdown meine Herzlichkeit abgewöhnt habe? Meine Lebenslust, meinen Antrieb, meinen Sinn?“ fragt der Ich-Erzähler da mitten in diesem Text. Um sich später mit „einem blonden Lockenkopf mit Mädchen“ auf der Straße zu treffen: „Ich schüttele mich. Menschlichkeit.“
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Es sei „spannend zu beobachten, wie junge Menschen heute die Welt sehen und auf individuelle Weise in ihren Texten verarbeiten“, so Christa Heinbruch, Jurymitglied und stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins Stadtmuseum. „Wir haben aufgrund der so präsenten Corona-Pandemie mit einer intensiven literarischen Auseinandersetzung gerechnet, dem war aber nicht so.“
Die Geschichte des Förderpreises
Der Hattinger Förderpreis für Junge Literatur wird seit 1991 vergeben. Initiiert wurde er von der Kulturinitiative Hattingen / Ruhr (KUBISCHU). Seit 2011 wird er gemeinsam von der Stadt Hattingen und dem Förderverein des Stadtmuseums ausgelobt. Er richtet sich an junge Erwachsene im Alter von 16 bis 26 Jahren.Eine fünfköpfige Jury wählt aus allen Einsendungen acht Autorinnen und Autoren für die öffentlich Lesung aus und vergibt den Jurypreis. Zusätzlich wird nach der Lesung ein Publikumspreis vergeben. Beide Preise sind mit 300 Euro dotiert.Vom ersten Hattinger Förderpreis für Junge Literatur bis zur jetzigen 26. Auflage sind mehr als 3000 Bewerbungen aus 16 Ländern eingegangen. Für viele war der Preis dabei Sprungbrett für literarische Erfolge – etwa für Nora Gomringer, Nora Bossong und Joan Weng.
Die Texte boten vielmehr eine große thematische Bandbreite: So etwa wurden Depressionen, Konflikte und Familiengeschichten aufgegriffen. „Neben Alltagsthemen hat dabei auch die Aufarbeitung der individuellen Kriegsgeschichte der eigenen Familie in vielen Texten stattgefunden“, so Lars Friedrich.
Schirmherrin war eine frühere Publikumspreis-Siegerin
Die Jury war in diesem Jahr übrigens unverändert: Neben Christa Heinbruch berieten Julia Fischer, Julian Geißler (beide Buchhändler), Ursula Ollenik und Lars Friedrich über die eingereichten Texte. Schirmherrin war Joan Weng. Sie gewann im Jahr 2010 den Publikumspreis.