Hattingen. Papst Johannes Paul II. spricht Widerstandskämpfer Nikolaus Groß aus Hattingen-Niederwenigern am 7. Oktober 2001 selig. Es fließen Tränen.
„Nikolaus Groß hat in bewundernswerter, ja heldenhafter Weise die Werte des Christentums und der Gewerkschaftsbewegung gegen den nationalsozialistischen Terror verteidigt. Er war davon überzeugt, dass Nationalsozialismus und Christentum unvereinbar sind.“ NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement sagt diese Wort kurz vor der größten Ehre für Hattingens womöglich bekanntesten Sohn: Papst Johannes Paul II. spricht Nikolaus Groß (1898-1945) aus Niederwenigern am 7. Oktober 2001 auf dem Petersplatz in Rom selig.
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Es ist ein Tag der Tränen. Alle sechs noch lebende Kinder des Wennischen Widerstandskämpfer sind dabei, an ihrer Seite eine Delegation, die so nie wieder zusammenkommt: Neben Ministerpräsident Clement (SPD) sind auch der Bundestagsabgeordnete Ralf Brauksiepe und sein Fraktionschef Friedrich Merz vor Ort. Ruhrbischof Hubert Luthe und Dechant Eberhard Stute von St. Mauritius vertreten das Ruhrbistum, Bürgermeister Dieter Liebig und Ortsvorsteher Theo Haske die Stadt. Hinzu kommen viele Hattingerinnen und Hattinger, nicht nur aus Niederwenigern, sonder etwa auch eine Gruppe mit 81 Gläubigen aus der Kirchengemeinde St. Josef in Welper.
Papst bei schwacher Stimme – doch seine Zeichen sind stark
Die Stimme des Papstes ist schwach an diesem sonnigen Sonntag um kurz nach halb elf, seine Zeichen dagegen stark: Johannes Paul II. sitzt während der katholischen Zeremonie unter einem überdimensionalen Porträt von Nikolas Groß. Er spricht Deutsch: „Unser Blick richtet sich auf den seligen Nikolaus Groß, den Journalisten und Familienvater. Mit Scharfsinn erkannte er, dass sich die nationalsozialistische Ideologie nicht mit dem christlichen Glauben verbinden lässt. Mutig griff er zur Feder, um ein Plädoyer für die Würde des Menschen abzulegen. Für seine Überzeugung musste er an den Galgen, doch dafür öffnete sich ihm der Himmel.“
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Nikolaus Groß wird am 30. September 1898 in Niederwenigern geboren. Nach der Volksschulzeit fährt er wie sein Vater unter Tage ein – und beginnt sein Engagement in der katholischen Arbeiterbewegung. Groß wird Mitglied der Zentrumspartei, schließt sich dem Antonius-Knappenverein (heute KAB) Niederwenigern an und steigt bei der Zeitung „Bergknappe“ ein.
Groß wird am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee erhängt
Er stellt sich gegen die Nazis und wird gegen Mittag des 12. August 1944 von der Gestapo in Köln verhaftet. Knapp ein halbes Jahr später wird er vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee erhängt.
Groß-Sohn Bernhard assistiert dem Papst während des Festhochamts als Diakon, auch Eberhard Stute zelebriert die Messe als Heimatpfarrer mit. Und Ruhrbischof Luthe erklärt, warum der Papst Nikolaus Groß selig spricht: „Von ihm können wir uns ermahnen und ermutigen lassen, was Glauben, Bekennen und Zeugnis heißt.“
100.000 Gläubige sind auf dem Petersplatz mit dabei. Neben Groß werden an diesem Tag noch sechs weitere Persönlichkeiten selig gesprochen, darunter auch Ordensschwester Maria Euthymia Üffing aus Münster. 50 Kardinäle und Bischöfe zelebrieren die Feierlichkeit, Hunderte katholische Würdenträger sitzen neben dem Altar.
Über das Nikolaus-Groß-Museum in Niederwenigern
Kurz nach der Seligsprechung von Nikolaus Groß drückt Bischof Hubert Luthe noch in Rom die Hoffnung aus, dass Hattingen sich zu so etwas wie einem Wallfahrtsort entwickeln wird – etwa durch den Ausbau des Nikolaus-Groß-Museums hinter dem Mauritius-Dom. 40 Ehrenamtliche des Vereins Nikolaus-Groß-Niederwenigern kümmern sich hier um das Andenken des Widerstandskämpfers.
Geöffnet ist es an jedem dritten Sonntag des Monats, jeweils in der Zeit von 10.30 bis 12.30 Uhr. Der Eintritt ist frei. Der nächste Öffnungstag ist somit am Sonntag, 16. Oktober. U.a. können Führungen mit bis zu zwölf Personen gebucht werden: 4 01 20.
Und Weihbischof Franz Grave bringt es auf den Punkt: „So erhält die Seligsprechung von Nikolaus Groß eine weltweite Dimension.“
Nach der Papst-Ansprache werden die Reliquien der neuen Seligen zum Altar gebracht. Von Nikolaus Groß sind keine dabei, denn seine hatten die Nazis auf Felder verteilen lassen. Sein katholischer Festtag, so legte der Papst dann fest, wird der 23. Januar sein, der Tag seiner Hinrichtung.
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