Hattingen. Müll von Erholungssuchenden ist sechs Igeln in Hattingen zum Verhängnis geworden. Kein EInzelfall, weiß Martin Maschka. Die Vermüllung nimmt zu.

Immer mehr WAZ-Leser melden sich und beklagen die Naturverschmutzung durch Erholungssuchende. Tourismus und Naturschutz: „Ein leidiges Thema“, stöhnt Martin Maschka, Naturschutzberater der Stadt Hattingen. Die Probleme hätten in der Corona-Zeit zugespitzt. Besonders durch Müll – der jetzt wohl auch Igeln das Leben kostete.

„Ich lebe auch vom Tourismus, aber er muss so nachhaltig wie möglich sein“, erklärt Maschka, aktiv beim runden Tisch für Naturschutz. Das Problem in der Corona-Zeit, be­sonders während des Lockdowns: „Die Menschen reisen an, können nirgendwo einen Kaffee trinken oder Kuchen essen. Sie bringen sich alles mit – und lassen den Müll liegen.“ Seien die Mülleimer voll, würden die Erholungssuchenden ihren Abfall einfach daneben stellen.

Touristen lassen ihren Müll in der Natur in Hattingen liegen

„Hinterlassenschaften der Naturliebhaber wie zerschlagene Flaschen sind Probleme, mit denen wir Anwohner völlig allein gelassen werden“, klagt Familie Brockmann aus Winz-Baak über deren Grundstück ein Stück Ruhrtalradweg führt – über das die Familie muss, um das eigene Heim zu erreichen. Konflikte hätten bereits zu Polizeieinsätzen geführt.

Leser berichten von Wanderern, die private Zäune zerstören, um sich einen Weg zu bahnen – und die aggressiv auf Ansprache reagieren. Rasende Mountainbiker schrecken in der Elfringhauser Schweiz Tiere auf und zerstören Pflanzen. Maschka hat eben erst Partyreste an der Schutzhütte im Schulenbergwald entdeckt. Die Liste der Klagen ist lang.

Verendete Igel haben Alufolien-Stücke mit Essensresten im Bauch

Landwirt Alfred Schulte-Stade hat mit solchen Vorfällen indes keine Probleme. Zwar seien schon mal Angler oder rastende Paddler am Ruhrufer, aber: „Meine Rinder sind die besten Sheriffs.“ Sie mögen Eindringlinge nicht.

Varianten für Ruhrtal-Ranger

Die EN-Kreis-Verwaltung hat vier mögliche Varianten für einen Ruhrtal-Ranger-Einsatz aufgezeigt: Im Szenario Eins sind die Ranger ganzjährig im Einsatz, wobei der Großteil der Einsatztage auf Wochentage von Montag bis Freitag entfällt. 14 Einsatztage an Wochenenden und Feiertagen erfolgen gleichmäßig in den Monaten März bis September.

Das zweite Szenario: Die Ranger sind zwischen März und August vier Tage unter der Woche und an jeweils einem Wochenende beziehungsweise Feiertag pro Monat im Einsatz. Zwischen Anfang November und Ende Februar erfolgen keine Einsätze.

Beim dritten Vorschlag liegt der Fokus auf den Frühjahrs- und Sommermonaten mit relativ hohem Anteil an Wochenendeinsätzen. Die Monate November bis Februar werden nicht besetzt.

Vierte Variante: eine hohe Präsenz an Wochenenden und Feiertagen in den Monaten April bis September, keine Einsätze unter der Woche.

Sechs tote Igel hat Martin Maschka im Hüttenpark gefunden. Weil er wissen wollte, woran die Tiere verendet sind, hat er in sie hineingeschaut: „Wir haben in den Mägen Alufolien-Stücke gefunden mit Essensresten. Der Müll liegt überall herum. Die Tiere verenden daran.“ Er versteht nicht, warum Erholungssuchende nicht ihren Müll wieder mitnehmen. „Zigarettenkippen und -schachteln im Wald, Chipstüten im Naturschutzgebiet im Felderbachtal. Das muss doch alles nicht sein“, findet er.

Wanderer tragen für Salamander gefährlichen Pilz von Gebiet zu Gebiet

Viele neue Wanderführer seien in der Corona-Zeit erschienen. „Die führen durch viele Gebiete. Die Menschen wandern von A nach B.“ Und schleppen dabei beispielsweise auch einen Pilz weiter, der Salamander tötet.

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Ob Kontrollen etwas bringen würden, bezweifelt Maschka. „Da müsste ja in kurzen Zeitabständen überall jemand schauen. So viele Leute hat auch die Stadt nicht.“ Auch die Naturschutzvereine, die DLRG und Engagierten könnten bei Aufräumaktionen nicht so viel wegschaffen, wie anfalle. Er appelliert an die Menschen, Müll nicht liegen zu lassen. Und hofft, dass sich die Corona-Lage entspannt.

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Momentan gebe es einen großen Druck auf die Natur, jeder ströme hinein. „Wenn aber wieder Veranstaltungen stattfinden, Museen, Zoos, Tierparks öffnen, dann gehen auch wieder mehr Leute dorthin.“ Und tummeln sich weniger an der Ruhr.

Schnelle Ruhrtal-Ranger-Lösung ist nicht in Sicht

Mit einer schnellen Ruhrtal-Ranger-Lösung ist indes nicht zu rechnen. Die Politik, sagt EN-Kreis-Sprecher Ingo Niemann, hat noch Beratungsbedarf.