Hattingen. Von einer dramatischen Lage bei der Schwimmausbildung sprechen verschiedene Vereine. Warum in Hattingen nicht nur Corona daran Schuld ist.

Von einem „Super-GAU“ für die Schwimmausbildung in Hattingen spricht Kati Hämmerich, Leiterin der Fachschaft Schwimmen des Stadtsportverbands. Daran ist nicht nur die Corona-Pandemie Schuld. Schon 2019 hatten die Schwimmer Probleme, weil Hallenbäder über lange Zeit wegen Reparaturarbeiten nicht nutzbar waren. „Corona kam noch on top.“

Es habe in der Pandemie-Zeit keine „nennenswerte“ Schwimmausbildung gegeben. Auch die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) im Bezirk Hagen/ Ennepe-Ruhr, zu der Hattingen gehört, spricht von einem „dramatischen Rückgang der Schwimmausbildung“. Das bedeute: „Noch mehr Nichtschwimmer“, meint Carsten Fröse, Vorsitzender des DLRG-Bezirks. Er befürchtet, dass dieser Ausbildungsstau kaum aufzuholen ist.

Dramatischer Rückgang der Schwimmausbildung in Hattingen

Kati Hämmerich von der SG Welper erinnert an die besondere Situation in Hattingen: „In 2019 war von Januar bis Mai geöffnet, danach war das Bad in Holthausen geschlossen.“ Kaum wieder in 2020 wieder geöffnet, „kam vier Wochen später die Corona-Schließung.“ Auch andere Bäder blieben immer wieder geschlossen.

Landesprojekt und DLRG-Bilanz

Das vom Land geförderte Projekt „NRW kann schwimmen“ beinhaltet Kurse mit zehn Einheiten für Kinder der dritten bis sechsten Klasse. Sie laufen an drei Tagen pro Woche. Neben diesen Kursen und dem Schulsport ist das Hallenbad Holthausen derzeit für Kaderathleten der SG Ruhr über den Stützpunkt Bochum geöffnet – und für die DLRG-Katastrophenhelfer. „Das war uns wichtig. Denn sie müssen im Notfall die Menschen im Sommer ja auch aus der Ruhr holen“, sagt Kati Hämmerich von der SG Welper.

Die DLRG im Bezirk Hagen/ Ennepe-Ruhr hat im letzten Jahr nicht nur im Bereich der Schwimmanfänger weniger Prüfungen abgenommen als 2019. Auch die Zahl der Rettungsschwimmabzeichen sank deutlich von 485 (2019) auf 252 in 2020 im ganzen Bezirk.

Die Perspektive ist unabhängig von den Lockerungen der Corona-Beschränkungen nicht klar. „Erst mal muss das Freibad, da ist die Folie kaputt, repariert werden. Wenn das dann öffnet, steht im Hallenbad Holthausen unter anderem die Grundreinigung an, da muss das Bad dann geschlossen werden“, sagt Hämmerich. Wie es weitergehe, werde Mitte Juni besprochen.

Vier Vereine bieten erstmals außerhalb der Ferien „NRW kann schwimmen“-Kurse an

Derzeit bieten vier Vereine – SG Welper, Schwimmverein Hattingen, DLRG, VfL Niederwenigern – erstmals außerhalb der Ferien das vom Land geförderte Projekt „NRW kann schwimmen“ an.

Froh ist Hämmerich, dass es überhaupt wieder losgeht. So sieht das auch Jochen Lumbeck vom Schwimmverein Hattingen: „Wir schießen aus allen Rohren, die Übungsleiter sind am Anschlag.“ Er ist aber zuversichtlich, dass der Rückstand aufgeholt werden kann. „Wir gehen jetzt einen Schritt nach dem anderen, passen uns den sich verändernden Corona-Regeln an.“

Wartelisten führen viele Vereine derzeit nicht

Normalerweise führt die SG Welper, größter Schwimmkurs-Anbieter in der Stadt, 40 Kurse im Jahr durch. Eine Warteliste gibt es nicht, denn „bei 250 haben wir damit aufgehört“. Interessierte werden nun in eine Infoliste aufgenommen, über Angebote so unterrichtet.

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Der statistische Jahresbericht 2020 des DLRG-Bezirks zeigt: 171 Kinder weniger legten das Seepferdchen-Abzeichen ab. Insgesamt waren es 81 – davon nur zwei in Hattingen. Hier haben bei den DLRG-Gruppen zudem nur neun Kinder das Bronze-, sechs das Silber-, ein Kind das Goldabzeichen erworben.

Immer öfter Kinder ohne Schwimmerfahrung in Kurse

Bei der Schwimmausbildung sieht Hämmerich einen beunruhigenden Trend: „Immer häufiger kommen Kinder in Kurse, die keine Schwimmerfahrung haben.“ Wasserspritzer im Gesicht empfinden manche als Drama. „Eine Geduldsprobe für die Übungsleiter – und blockierend für den Kursus. Darum ruft sie Eltern auf, Kinder in der Badewanne an Wasser zu gewöhnen. Ihre Tipps: gegenseitiges Nassspritzen in der Badewanne, Kopf untertauchen, Blubberblasen im Wasser machen, Haarewaschen ohne Lappen vor den Augen, gegen das Wasser ausatmen.

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Und sie betont: „Es ist schön, wenn Kinder Seepferdchen haben, aber vom sicheren Schwimmen sind sie da noch entfernt.“ Bronze sollten Kinder schon ablegen.