Hattingen. Ein Konzept für die Behandlung von Patienten mit Long-Covid hat das Zentrum für Altersmedizin in Hattingen jetzt. Worauf dabei der Fokus liegt.
Ältere Menschen, die nach einer Corona-Infektion an Spätfolgen, genannt Long-Covid (auch Post-Covid), leiden, brauchen eine besondere Therapie, sagt Dr. Christine Bienek, Chefärztin des Zentrums für Altersmedizin am St.-Elisabeth-Krankenhaus in Hattingen-Niederwenigern – und legt ein Konzept vor.
Das sie auch gleich umsetzen kann, denn in dieser Woche kommt der erste Patient mit Long-Covid in ihre Abteilung. „Wir haben uns darauf eingerichtet“, sagt sie. Das Konzept unterscheidet sich von dem für die Patienten, die sonst zu Frührehabilitation in die Geriatrie kommen. „Es ist anders fokussiert. Denn wir wissen, dass es bei Long-Covid oft einen großen Erschöpfungszustand gibt.“
Geriatrie in Hattingen: Neues Konzept zur Behandlung von älteren Long-Covid-Patienten
Sonst gilt: Nach einer Operation sollen Menschen schnell wieder auf die Beine kommen und nach Hause können. „Diese Long-Covid-Patienten werden mehr Zeit brauchen. Da müssen Muskeln noch behutsamer aufgebaut werden, denn sie brauchen vor allen Dingen noch Schonung.“ Luftnot, Schwindel würden oft berichtet. Darum sei eine Atemtherapie wichtig.
Scheu vor Klinikaufenthalt nimmt wieder ab
Dr. Christine Bienek, Chefärztin des Zentrums für Altersmedizin in Hattingen-Niederwenigern, stellt fest, dass anfangs in der Corona-Krise die Menschen das Krankenhaus scheuten – aus Angst vor einer Infektion.
„Nötige Operationen wurden verschoben, wir waren sehr besorgt. Inzwischen hat sich die Lage deutlich gebessert“, erklärt sie. Einerseits seien die meisten älteren Menschen inzwischen zwei Mal geimpft. Das gebe ihnen Sicherheit. Außerdem habe es nach Corona-Infektionen in der Anfangszeit inzwischen keine Infektion mehr in der Klinik gegeben, betont sie. Bei älteren Patienten mit Corona hat sie festgestellt, dass sie „meistens sehr lange positiv sind“.
„Durch die Infektion und Post-Covid sind die Patienten oft depressiv und ängstlich. Corona kann auch viele Organe angreifen, Herz, Lunge, Gehirn. Es kann zu neurologischen Ausfällen kommen“, sagt Bienek. Um Depression und Angst zu begegnen, sieht das Konzept Entspannungstherapien, autogenes Training vor – und auch psychotherapeutische Behandlungen. „Wir arbeiten mit der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in unserem Haus natürlich zusammen, auch mit den Internisten. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist wichtig.“ Auch eine Roboterkatze, die sonst bei den Patienten mit Demenz zum Einsatz kommt, könnte je nach Patient Teil des Behandlungskonzepts sein.
Musiktherapie und Gedächtnistraining gehören auch zum Konzept
Weitere Bausteine sind Musiktherapie – und das Gedächtnistraining. „Konzentrationsstörung sind nach einer Corona-Infektion sehr verbreitet. Viele Menschen waren außerdem sozial isoliert in der Corona-Zeit, da leidet das Gedächtnis auch. Darum ist diese Training ganz wichtig“, glaubt Christine Bienek.
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Sie betont einen weiteren Aspekt, der für ältere Menschen mit Long-Covid ein Problem ist. „Besonders ältere Betroffene verlieren ihren Geruchs- und Geschmackssinn. Ältere Menschen essen sowieso schon weniger, das ist immer ein großes Thema. Wir müssen sehen, dass sie genug Eiweiß bekommen, müssen sie zum Essen motivieren, ans Essen immer wieder erinnern.“
Hausärzte können Betroffene überweisen
Hausärzte können ältere Menschen, die von Long-Covid betroffen sind, in das Zentrum für Altersmedizin überweisen. Bienek ist sich sicher, dass für Patienten im Anschluss an den stationären Aufenthalt eine ambulante Weiterbehandlung sinnvoll sein wird.
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„Patienten, die kommen, brauchen übrigens nicht zu befürchten, dass sie keinen Besuch bekommen können. Wir haben in der Corona-Zeit gesehen, dass das gerade für ältere Menschen sehr, sehr wichtig ist. Wir haben ein Besucherkonzept. Wir ermöglichen Besuche. Denn ältere Menschen sind eine vulnerable Gruppe, die Kontakte brauchen.“