Hattingen. Es gibt drei weitere Corona-Tote in Altenheimen in Hattingen. Die Heime werfen der Politik vor, sie hätten wegen der Besuchsregeln gemahnt.

Keine Entspannung in Bezug auf Corona-Infektionen gibt es in den beiden Seniorenheimen St. Josef an der Brandtstraße und St. Mauritius in Niederwenigern. In beiden Häusern steigen die Zahlen weiter an. „In der Nacht zu Dienstag sind zwei Bewohner in St. Mauritius verstorben“, sagt Pressesprecher Hubert Röser. In der offiziellen Statistik des Kreisgesundheitsamtes vom Dienstagvormittag sind diese beiden noch nicht erfasst. Dort tauchen zwei weitere Corona-Tote auf, eine Frau davon starb im Altenheim St. Josef.

Hier gibt es aktuell 39 Bewohner und 14 Mitarbeiter, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden, in St. Mauritius sind es weiterhin 17 Bewohner, aber jetzt sechs Mitarbeiter.

Die meisten Angehörigen haben Verständnis

Das bedeute, dass zu beiden Heimen außer dem Personal niemand mehr Zutritt hat. Röser schätzt, dass dieser Zustand auch bis über Weihnachten hinaus anhält. Es sei noch nichts entschieden, aber man könne davon ausgehen. Alle Angehörigen wurden sofort informiert, die meisten hätten großes Verständnis für die Maßnahmen.

Wenn die Zahlen auf dem Niveau blieben, sei die Arbeit noch gerade zu stemmen. Röser: „Aber bei weiter steigenden Zahlen brauchen wir Hilfe.“ Getestet werden jetzt wöchentlich alle Bewohner und Mitarbeiter der Heime. Nicht mit den unsicheren Schnelltests, sondern mit den verlässlichen PCR-Tests.

Meinolf Roth, Vorstand der Theresia-Albers-Stiftung (rechts), und  Pressereferent Hubert Röser.
Meinolf Roth, Vorstand der Theresia-Albers-Stiftung (rechts), und Pressereferent Hubert Röser. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Dass die Lage jetzt so schlimm geworden ist, überrascht Hubert Röser nicht wirklich. „Bei den von der Landesregierung erlaubten Besuchszahlen in den vergangenen Monaten war klar, dass es uns früher­ oder später auch erwischt.“

Immer wieder beim Ministerium gemahnt

Die Theresia-Albers-Stiftung, zu der die beiden Heime gehören, aber auch andere Organisationen, hätten immer wieder bei der Landesregierung vorgesprochen und gesagt, wie risikoreich eine Lockerung der Besuchsmöglichkeiten sei. „Das NRW-Gesundheitsministerium erlaubt bisher, dass jeder Bewohner jeden Tag zwei Stunden vormittags und zwei Stunden nachmittags Besuch von maximal zwei Personen bekommen darf.“

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Nicht jeder Bewohner mache davon Gebrauch, viele aber schon. Das sei an fremden Menschen in den Heimen nicht gerade wenig. Immer wieder habe Meinolf Roth, Vorstand der Stiftung, in den vergangenen Monaten beim Ministerium erklärt, dass die Regelung in Bezug auf mögliche Ansteckungen viel zu großzügig sei. Aber es habe niemand darauf gehört.

„Dass wir bis jetzt keine größeren Infektionen hatten, ist reines Glück“

„Diese Besuche sind ja selbst jetzt immer noch erlaubt“, sagt Ursula Champignon, Leiterin des Emmy-Kruppke-Seniorenheims, in dem im November drei Mitarbeiterinnen an Corona erkrankten. In ihrem Haus sei alles glimpflich verlaufen. „Dass wir bis jetzt keine größeren Infektionen hatten, ist reines Glück.“

Bewohner müssen in ihren Zimmern bleiben

Über den Sommer gab es eine Corona-Schutzverordnung mit anderen Vorschriften. Die fand Hubert Röser, Pressesprecher der Theresia-Albers-Stiftung, deutlich wirkungsvoller. Sie sind aber später gelockert worden. „Damals hatten wir noch die Trennscheiben, Besucher durften eine halbe Stunde bleiben. Es gab einen sehr großen Raum, in dem ein Mitarbeiter für drei Bewohner und Besucher zuständig war.“

Immerhin hat St. Josef 108 Bewohner und 150 Schwestern und Pfleger, St. Mauritius hat 85 Bewohner und 99 Mitarbeiter. Aktuell dürfen die Bewohner auch nicht mehr in Gemeinschaftsräume. Sie müssen aus Sicherheitsgründen ausschließlich in ihren Zimmern bleiben, schildert Röser die aktuelle Lage.

Die Besucher ins Heim zu schleusen, sei mit unglaublich hohem Aufwand verbunden. Zunächst muss man sich telefonisch anmelden. Dann bekommt man einen genauen Termin. „Wir lassen die Besucher im Zehn-Minuten-Takt zu uns und führen die Kontaktlisten, wie es das Robert-Koch-Institut vorschreibt. Vor dem Einlass wird gefragt, ob die Person Symptome hat, die auf Corona hinweisen. Es wird Fieber gemessen, die Hände müssen am Eingang, vor dem Zimmer und beim Verlassen des Hauses desinfiziert werden“, schildert Ursula Champignon die Vorsichtsmaßnahmen.

„An mangelnder Hygiene liegt es jedenfalls nicht“

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Dann wird der Besuch bis zur Zimmertür begleitet und gebeten, die Maske aufzulassen. „Was dann aber auf dem Zimmer passiert, darauf haben wir keinen Einfluss mehr.“

Das genau sagt auch Hubert Röser. An mangelnder Hygiene liege es jedenfalls nicht, dass so viele in den beiden Heimen positiv getestet wurden. Alle Vorschriften würden täglich mit großem Aufwand befolgt. „Aber ob die Besucher, die bisher ins Heim kamen, die Bewohner doch in den Arm nehmen oder mit Küsschen begrüßen, können wir nicht kontrollieren. Dazu haben wir überhaupt nicht das Personal.“