Hattingen. Dirk Glaser kämpft für eine zweite Amtszeit, Frank Mielke will das verhindern. Der Ausgang der Stichwahl in Hattingen ist völlig offen.

Das wird Dirk Glaser bekannt vorkommen: Im Rennen um das Bürgermeisteramt als Moderator gegen einen Macher anzutreten, hat der Amtsinhaber bereits hinter sich. Schon bei der Wahl 2015 wurden die Charaktere der beiden Kandidaten auf diesen Gegensatz verkürzt. Dirk Glaser, der Moderator, gegen Manfred Lehmann, den Macher. Das Ergebnis ist bekannt. Glaser wurde Bürgermeister.

Grund genug für den amtierenden Verwaltungschef, auch zur Stichwahl am Sonntag mit dieser Überzeugung anzutreten: „Ich sehe ,Moderator’ nicht als Schimpfwort. Der Bürgermeister ist Schnittstelle zwischen Politik, Verwaltung und Bürgerschaft. Er muss zuhören, moderieren, zusammenbinden und sich dabei auf sein Team im Rathaus verlassen können. Einsame Entscheidungen und Auf-den-Tisch-Hauen funktionieren nicht.“

Überzeugungen und Ansichten

Das sieht sein Herausforderer ganz anders. Frank Mielke will im Falle seiner Wahl ein „politischer Bürgermeister“ sein. Das bedeutet für ihn, die Arbeit des Stadtrats nicht einfach nur zu moderieren, sondern auch seine eigenen Überzeugungen und Ansichten aktiv zu vertreten.

Auch interessant

Sich zu seiner sozialdemokratischen Heimat zu bekennen und Themen wie Wohnen und Bildung besonders in den Blick zu nehmen, kollidiert nach Mielkes Ansicht nicht mit dem Anspruch, ein Bürgermeister für alle Hattingerinnen und Hattinger zu sein. „Der Chef der Verwaltung ist ein politischer Beamter, da braucht es klare Positionen“, erklärt der Bewerber.

Die Grünen haben keine Wahlempfehlung abgegeben

Spannend ist die Frage, welche Stellenwert die Wählerinnen und Wähler am Sonntag solchen Unterschieden in Stil und Auftritt der beiden Kandidaten beimessen. Bei den Sachfragen gibt es in vielen Bereichen Schnittmengen oder sogar Übereinstimmungen. Das Rennen um den Chefsessel im Rathaus ist jedenfalls trotz des Vorsprungs von Dirk Glaser auf Frank Mielke im ersten Wahlgang völlig offen. Nicht nur, weil die Grünen keine Wahlempfehlung abgegeben haben. Sondern auch, weil die zu befürchtende geringe Wahlbeteiligung jede einzelne Stimme wichtiger macht.

Frank Mielke stammt aus Winz-Niederwenigern. 1979 startete der Absolvent der Realschule Grünstraße als Auszubildender der Verwaltung im mittleren Beamtendienst. Über den zweiten Bildungsweg und ein duales Studium wurde er Diplom-Verwaltungswirt. Mielke stieg im Ordnungsamt zum Abteilungsleiter auf, leitete für eineinhalb Jahre die Volkszählung in Hattingen, wechselte ins Personalamt, wurde der erste Datenschutzbeauftragte der Stadt, später Büroleiter und Referent bei Bürgermeisterin Dagmar Goch, dann Fachbereichsleiter und Kämmerer.

„Alle Prozesse durchschauen“

Auch interessant

Gewinnt er die Wahl, will er zunächst die Verwaltung umbauen. „In unserer Verwaltung arbeiten um die 900 Leute in den unterschiedlichsten Bereichen. Sie ist ein riesiger Gemischtwarenladen an Bürgerdienstleistungen“, sagt Frank Mielke (57). „Ein Bürgermeister muss in der Lage sein, all diese Prozesse zu durchschauen und auf dieser Grundlage die Verwaltungsarbeit mitzugestalten.“

Dirk Glaser ist gebürtiger Bochumer und wuchs in Hattingen, Düsseldorf und Solothurn auf. Seit 1979 lebt er in Hattingen. Der Journalist hat als Redakteur und Moderator beim WDR gearbeitet und auch Dokumentarfilme gemacht. Von 2008 bis 2014 war er Geschäftsführer der Südwestfalen Agentur in Olpe.

„Drei große Herausforderungen gut bewältigt“

Nach fünf Jahren unter seiner Führung sieht der 62-Jährige die Stadt auf einem guten Weg. Sie habe in dieser Zeit drei große Herausforderungen gut bewältigt: Flüchtlingskrise, Coronavirus und Finanzmisere. Bei der Flüchtlingskrise habe man das menschliche Leid der Betroffenen in Grenzen halten und soziale Verwerfungen in der Stadtgesellschaft vermeiden können, sagt Glaser.

Mit Blick auf Corona habe die Stadt alles unternommen, damit die Menschen gesund bleiben. „Als Manager und Moderator habe ich die verlässliche Information der Bevölkerung verantwortet“, so der Bürgermeister.