Hattingen. In Hattingen bringt das Filmprojekt „Frauenlebenswelten“ junge Flüchtlingsfrauen mit Gastarbeiterinnen zusammen. Corona hat es nicht gestoppt.
Zwölf Drehtage haben sie bereits hinter sich: Segen (23) aus Eritrea, Rihab (30) aus dem Irak und all’ die anderen Frauen, die unter Anleitung der Filmemacherin Tianli Xu „Frauenlebenswelten“ in Szene setzen. Bei dem medienpädagogischen Projekt sollten junge Geflüchtete und Migrantinnen hier lebende Gastarbeiterinnen der ersten Generation kennen lernen, ihre Biografien filmografisch erzählen. Und trotz Corona-Krise liegen die Arbeiten voll im Zeitplan, sagt Tianli Xu (34).
Bundeszentrale für politische Bildung fördert das Projekt mit rund 56.000 Euro
Bereits 2019 hatte die in China geborene und heute in Hattingen lebende Dokumentarfilmerin den Projekt-Teilnehmerinnen vom Internationalen Frauencafé im Holschentor das nötige Handwerkszeug in mehreren Wochenend-Workshops im Bürgerzentrum im Holschentor vermittelt, auch ein erstes Vorbereitungstreffen fand ebendort noch statt. Mit dabei war auch eine Reinigungskraft aus dem ehemaligen Jugoslawien, deren Lebensgeschichte den Anstoß gegeben habe zu den „Frauenlebenswelten“, so Tianli Xu. Kurz nach diesem Treffen aber kam der Lockdown – und die 33-Jährige musste bei der weiteren Vorbereitung für die Drehs zu dem von der Bundeszentrale für politische Bildung mit rund 56.000 Euro geförderten Projekt improvisieren.
Per Skype und über soziale Netzwerke wurden Fragen für die späteren Interviews gesammelt, Arbeitsaufträge abgesprochen. „Sehr gut“ funktioniert habe diese Art des Austausches mit den Teilnehmerinnen aus Albanien, Afghanistan, Syrien, Eritrea, dem Irak dabei, sagt Tianli Xu. „Im Umgang mit digitalen Medien haben diese Frauen alle keinerlei Probleme.“ Weshalb sie sich dazu entschied, auch die erste Begegnung der Projekt-Teilnehmerinnen mit den Protagonistinnen des Films digital stattfinden zu lassen.
Frauenrechtlerin Angélica Urrutia ist eine der Protagonistinnen
Gefilmt allerdings wurden die „Frauenlebenswelten“-Protagonistinnen - unter Beachtung der Hygiene- und Abstandsregeln - dann bei sich zu Hause oder sonst wie live in ihrem Lebensumfeld: Angélica Urrutia von der Frauengruppe Courage Hattingen etwa. Die 60-Jährige wurde groß in der chilenischen Militärdiktatur, ihr Vater, in der Gewerkschaft aktiv, musste das Land verlassen. Die Familie kam nach Deutschland, sie selbst fand in Hattingen ein neues Zuhause. In einer Filmszene, die die beiden jungen Flüchtlingsfrauen Segen und Rihab über Angélica jüngst gedreht haben, sitzt die Frauenrechtlerin am Schreibtisch in ihrer Wohnung in Welper und absolviert einen Online-Kursus zur Trauma-Begleiterin.
Eine weitere Protagonistin der „Frauenlebenswelten“ ist Sara (19), die vor drei Jahren aus Syrien geflüchtet ist, gerade ein Einser-Abitur am Gymnasium Waldstraße abgelegt hat und nun plant, Medizin zu studieren. Und auch ihre Mutter Sahab (45), von Beruf Apothekerin, und einige weitere Frauen werden in dem Film mitspielen.
Der Fokus ist stets auf das Thema Arbeits- und Berufswelt gerichtet
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Der Blickwinkel auf das Thema „Frauenlebenswelten“, erläutert Tianli Xu, habe sich im Verlauf der Vorbereitung auf die Dreharbeiten dabei erweitert – auch deshalb seien nun nicht nur Gastarbeiterinnen der ersten Stunde unter den Protagonistinnen. Bei allen gefilmten Frauen aber sei der Fokus stets auf das Thema Arbeits- und Berufswelt gerichtet, betont sie.
Bis zum 26. November übrigens muss ihr etwas 60-minütige Dokumentarfilm fertiggestellt sein, an dem Tag nämlich ist eine Vorführung in der Henrichshütte geplant. Begleitend hierzu soll es eine Ausstellung sowie eine Broschüre mit Porträts der Gefilmten geben. Skizziert werden sollen in der Ausstellung außerdem die Biografien von Segen, Rihab und all den anderen Projekteilnehmerinnen, die Hattingen das Leben von Angélica, Sara, Sahab und Co. auf besondere Weise veranschaulichen.