Hattingen. Gegen die Nicht-Aufnahme ihres Kindes an der Grundschule Bredenscheid klagt eine Hattinger Familie. Sie sagt: Es ist die nächstgelegene Schule.

An der Grundschule Bredenscheid hat Familie H. ihren sechsjährigen Sohn angemeldet. Doch ob er dort ebenso wie sein zwei Jahre älterer Bruder unterrichtet werden wird, ist wenige Wochen vor dem Start des neuen Schuljahres weiter unklar. Die Schule nämlich hatte die Aufnahme des Kindes abgelehnt, die Familie dagegen geklagt. Nun muss das Gericht entscheiden: Ist in Bredenscheid für den Sechsjährigen die "nächstgelegene Schule" oder nicht?

Laut Familie H. ist die Grundschule Bredenscheid für sie die nächstgelegene

Familie H. sagt: Ja, die Grundschule an der Habichtstraße sei für sie die nächstgelegene, laut Schulleiterin Andrea Pepping ist sie dies nicht. An ihrer Einrichtung wurden für 2020/2021 insgesamt 37 i-Dötze angemeldet. Nur gut zwei Drittel indes konnte sie aufnehmen, nachdem der Rat der Stadt Hattingen im Dezember 2019 beschlossen hatte, es dürfe am Standort im kommenden Schuljahr nur eine Eingangsklasse mit maximal 26 Schülern gebildet werden.

Schulamt sagt, Entscheidung der Schulleitung sei nicht zu beanstanden

Pepping selbst wollte sich auf WAZ-Nachfrage nicht zu dem laufenden Verfahren äußern. Nach Auskunft von Franziska Horsch, Pressesprecherin des Ennepe-Ruhr-Kreises, hat das Schulamt in Schwelm Peppings Entscheidung aber in der Folge geprüft, "sie ist nicht zu beanstanden". Die Schulleitung, so Horsch, habe infolge des Ratsentscheids und des Anmeldeüberhangs "ein Aufnahmeverfahren für diejenigen Schüler durchgeführt, für die ein Aufnahme-Anspruch als nächstgelegene Schule besteht". Dieser Begriff bezeichnet dabei laut einem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster von 2016 "die kürzeste fußläufige Entfernung des Wohnortes aller Kinder zur Schule mit Google Maps als einheitlichem Maßstab".

Laut Google Maps war Weg nach Holthausen kürzer - zunächst

Tatsächlich, so Familie H., sei laut Google Maps zum Zeitpunkt des Ablehnungsbescheides der Fußweg zur Grundschule Holthausen rund 50 Meter kürzer gewesen als der zur Grundschule Bredenscheid. Schon damals, so Vater H., habe er im Gespräch mit der Schulleitung aber darauf hingewiesen, dass der von Google Maps angegebene Weg aufgrund umgestürzter Bäume und Wildwuchs teils schon seit Jahren nicht mehr begehbar sei. Inzwischen habe Google Maps die Berechnung auch korrigiert, nun sei der Fußweg zur Grundschule Bredenscheid 200 Meter kürzer als der zur Grundschule Holthausen.

Derzeit liegt das Gerichtsverfahren beim Oberverwaltungsgericht in Münster. Der Anwalt von Familie H. hat Beschwerde gegen den vom Verwaltungsgericht Arnsberg abgelehnten Eilantrag auf die vorläufige Aufnahme des sechsjährigen Sohnes an der Grundschule Bredenscheid gestellt.

Vater H.: Unbefriedigend, dass man der Bürokratie hilflos gegenübersteht

Vater H. sagt: Die derzeitige Situation sei für seine Familie sehr belastend - nicht nur, weil eine Nicht-Aufnahme des Sohnes an der Habichtstraße sie vor logistische und Betreuungsprobleme stelle. Die Familie habe auch ihren Lebensmittelpunkt in Bredenscheid, der Sohn dort den Kindergarten besucht. Zusammen mit seiner Frau habe er inzwischen sogar das Gespräch mit Bürgermeister Dirk Glaser und Dezernent Matthias Tacke gesucht: "Ich habe das Gefühl, dass sie danach Verständnis für unsere Situation hatten." Ohne dass dies indes etwas daran ändere, dass das Verfahren seinen Gang nimmt. "Es ist", sagt Vater H., "eine ganz unbefriedigende Situation, dass man der Bürokratie hilflos gegenübersteht." Und nicht der gesunde Menschenverstand mitentscheide.

Denn sollte sein Sohn zur Grundschule Holthausen müssen, "dann stellt sich die nächste Frage: Wie kommt er dahin?" Der Schulweg von mehr als drei Kilometern sei diesem fußläufig nicht zumutbar, die Schulbus-Haltestelle ebenfalls (zu) weit entfernt. "Vielleicht", so Vater H., "stellt die Stadt meinem Sohn dann ja ein Taxi....?"

Info:

Laut Dezernent Matthias Tacke übermittelt die Stadt den Schulen im Vorfeld des Anmeldeverfahrens Listen mit Schülernamen, "die unserer Einschätzung nach im originären Einzugsgebiet der Schule wohnen". Diese Liste solle den Schulen allerdings lediglich erste Anhaltspunkte geben, sie bekämen sie "nicht im Sinne einer Anweisung für eine konkrete Aufnahme".

Die Entfernungen vom Wohnort eines Schülers zu einer Grundschule, heißt es überdies aus der Pressestelle, werde von der Stadt Hattingen selbst "nicht berechnet, da dafür keine Veranlassung besteht, weil es keine festgelegten Schulbezirke mehr gibt".